Pern 11 - Die Weyr von Pern
aufgetragen?« F'lars Augen funkelten so wütend, daß sogar Lessa zurückzuckte.
Jaxom musterte den Weyrführer von Benden mit unergründ-lichem Blick. »Verdammt, er ist einfach losgeflogen! Ruth hat seinen eigenen Kopf!«
Jancis sprang auf und deutete aufgeregt auf den Bildschirm.
»Da! Da! Da ist er! Schlag zehn ist er eingetroffen.«
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Tatsächlich, da auf der Brücke, die Flügel fest angelegt, so klein zusammengekauert wie nur möglich, war Ruth. Nun schwebte er vor aller Augen, erstaunt um sich blickend, in die Höhe, bis er mit dem Kopf die Decke berührte.
»Ah! Gut gemacht, Ruth! Jaxom!« Akkis Triumphschrei übertönte die staunenden Ausrufe von allen Seiten. »Jaxom, sagen Sie Ruth, er braucht sich nicht zu wundern, wenn er schwebt. Er befindet sich im freien Fall, wo es keine Schwerkraft und kein Oben und Unten gibt. Warnen Sie ihn vor heftigen Bewegungen. Kann er Sie verstehen, Jaxom?«
»Ja, ja. Er versteht mich.« Jaxom starrte wie gebannt auf den Schirm.
»Siehst du, Farli!« Piemur streckte eifrig die Hand aus. »Ruth hat dir den Weg gezeigt.« Aber die kleine Königin war von dem unerwarteten Jubel so verwirrt, daß Piemur mit zwei Fingern ihr Köpfchen fassen und es zum Bildschirm drehen mußte - zu Ruth! »Flieg zu Ruth!« Farli kreischte kurz auf, stieß sich von Piemurs Arm ab und war verschwunden.
»Jaxom, du sagst Ruth, er soll auf der Stelle zurückkommen!« Lessa hatte den Schock überwunden. »Von wegen eigener Kopf! Ich werde ihn schon lehren, daß er zu gehorchen hat.«
»Bitte beruhigen Sie sich wieder, und schauen Sie genau hin!« Erneut übertönte Akkis Stimme das Tohuwabohu. »Ruth ist nichts geschehen. Und ... Farli hat den Weg gefunden.«
Piemur entfuhr ein überraschter Aufschrei, den in der plötzlichen Stille alle deutlich hören konnten. Denn Farli hatte tatsächlich den Weg auf die Brücke der Yokohama gefunden, sie hatte sich mit einer Kralle am Rand der Computerkonsole festgehakt, legte eifrig Schalter um und drückte auf Knöpfe.
Auf dem Schaltpult blinkten Lichter auf.
»Mission beendet«, sagte Akki. »Nun können sie zurückkommen.«
Farli ist hier und hat ihre Arbeit getan , sagte Ruth, ohne zu 214
bedenken, daß Jaxom ja alles sehen konnte.
Ich schwebe. Du kannst jetzt loslassen, Farli. Es ist ganz anders als im Dazwischen. Ein unbeschreibliches Gefühl. Auch mit Schwimmen nicht zu vergleichen.
Auch für die Zuschauer war es ein unbeschreibliches Erlebnis, Ruth sanft durch den Brückenraum schweben zu sehen, eine Handbreit über den im Bogen angeordneten Konsolen und mit eingezogenem Kopf, um nicht an der Decke anzustreifen.
Sobald Farli das Schaltpult losließ, schwebte auch sie durch den Raum. Erschrocken spreizte sie die Flügel und versetzte sich dadurch in eine langsame Drehung um sich selbst, bis sie gegen Ruth stieß. Der Drache streckte eine Schwinge aus, um sie wieder ins Gleichgewicht zu bringen, die beiden wurden weiter abgetrieben und näherten sich schließlich dem großen Plasglas-Fenster im Bug des Brückenkomplexes. Plötzlich kicherte Jancis, und das löste die Spannung.
Ich finde, ihr habt jetzt lange genug herumgealbert, Ruth.
Jaxom bemühte sich um einen strengen Tonfall, obwohl er, genau wie alle anderen, unwillkürlich über die Kapriolen der beiden Geschöpfe lächeln mußte.
Du hast mich zu Tode erschreckt! Komm jetzt wieder herunter.
Ich wußte doch genau, wo ich hinmußte. Ich habe Farli den Weg gezeigt. Ich hatte keinerlei Probleme, und das hier macht mir richtig Spaß.
Ruth stieß sich lässig mit einer Schwinge ab, vollführte in der Luft eine gekonnte Wendung und schwebte dann zum Lift zurück.
Wir kommen doch noch öfter hierher?
Nur, wenn du mit Farli auf der Stelle wieder hier unten antanzst!
Na schön. Wenn du meinst.
In Jaxom brodelte eine Mis chung aus Erheiterung, tiefer Erleichterung und Wut, als er lachend den Gang entlang und 215
nach draußen stürmte. Die anderen folgten ihm dicht auf den Fersen, jubelnd über den Erfolg und ebenfalls wie erlöst. In Lessa tobte dagegen noch immer der Zorn, weil Ruth ein solches Risiko eingegangen war, und sie sah an F'lars starrer Miene, daß er genauso empfand.
Mitten im Gang ergriff er ihren Arm. »So empört du auch sein magst, Lessa, wir dürfen uns da nicht einmischen. Außerdem hat Ruths Sprung vermutlich nicht nur dich, sondern auch mich etliche Sekunden meines Lebens gekostet.«
»Man darf ihm diesen Leichtsinn nicht durchgehen lassen«, fauchte sie.
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