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Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben

Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben

Titel: Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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sie mit der Öffnung nach unten. Wieder das helle Klirren, dann fällt ein Gegenstand auf den Boden.
    Sir Henry bückt sich und hebt ihn auf. Vier Augenpaare betrachten einen Schlüssel, der wesentlich größer ist, als es sonst gewöhnlich Schlüssel sind.
    „Ein Schlüssel!“ stellt Perry Clifton überflüssigerweise fest, nachdem er die Vase wieder an ihren Platz gestellt hat. „Das ist ein Gewölbeschlüssel, Mister Clifton!“ belehrt ihn Sir Henry, und Douglas nickt dazu.
    Perry schluckt. Ein furchtbarer Gedanke ist in ihm aufgeblitzt, ein Gedanke, der in ihm Hitzewellen aufwallen läßt. Mit leiser Stimme erkundigt er sich: „Wo sind die Räume, zu denen dieser Schlüssel passen könnte?“
    „Unten in den Gewölbegängen“, erwidert Sir Douglas, und als habe er Perrys Gedanken erraten, setzt er hinzu: „Sie meinen doch nicht… daß… nein…“
    „Gehen Sie voraus, Sir.“
    Douglas Everbridge dreht sich auf dem Absatz herum und eilt auf eine dicke Bohlentür zu, die von einem Mauervorsprung verdeckt wird. Hinter ihm folgt Perry Clifton, der sich während des Gehens die Krawatte lockert. Auch Sir Henry und Jamesberry schließen sich an.

    Dicki Miller hat sich so gut es geht mit seinem Zustand abgefunden. Im stillen ist er dem Fremden dankbar, daß er wenigstens das Licht nicht gelöscht hat. Wenn er allerdings an Perry Clifton denkt, wird ihm heiß und kalt. Hatte er sich nicht wie ein Erstkläßler übertölpeln lassen? Er,
    Dicki Miller, der gleich seinem Freund Perry Clifton mal ein guter Detektiv werden wollte?! Damit würde es ja nun vorbei sein. Perry würde ihn nach London zurückschicken — und er? Er kann es ihm nicht einmal verübeln. Schließlich war Perry hier, um einen Fall zu klären und nicht, um auf ihn aufzupassen. — Aber vielleicht könnte er seinen Fehler wiedergutmachen. Hm, ob Mister Clifton mit sich reden ließe? Wenn er wenigstens nicht in dieser lächerlichen Rüstung stecken würde, die nicht einmal eine richtige ist. Wütend versucht Dicki seinem Gefängnis von innen einen Tritt zu versetzen. Ein helles, blechernes Geräusch ertönt, und mit einem schabenden Kratzton klappt das Visier herunter.
    „Das habe ich nun davon!“ schimpft Dicki und knallt seinen Schuh so gut es geht noch einmal an den Blechbauch. Jetzt kann er seine Außenwelt nur noch gestreift sehen. Wenn man sich wenigstens setzen könnte!
    Und dann stutzt Dicki, er hält die Luft an, um besser hören zu können. Kein Zweifel, da kam jemand. Und jetzt hört er auch Stimmen, mehrere… Dicki schluckt. Dabei fällt ihm plötzlich etwas ein, was mit seiner Situation überhaupt nichts zu tun hat: Er, Dicki, hat ja noch nicht einmal zu Mittag gegessen. Und bei diesem Gedankengang angekommen, hört er, wie ein Schlüssel ins Schloß geschoben wird. Die Tür öffnet sich. Dicki hält sich mucksmäuschenstill. „Nichts“, hört er Perry Clifton mit enttäuschter Stimme rufen.
    „Aber wozu dann der Schlüssel?“ Diese Stimme kennt er nicht. Die gehörte weder zu Sir Douglas noch zu Jamesberry noch zu Lenderson. Vielleicht war… war… Dicki kann es nicht verhindern. Mit einem gewaltigen „Hatschiii“ niest er so, daß sein Kopf nach vorn fliegt und mit einem lauten „Plopp“ an das heruntergefallene Visier knallt. Bevor er sich von seinem Schrecken erholt hat, wird der halbe Ritter zurückgeklappt, und Dicki sieht in vier Augenpaare, wobei jedes für sich eine andere Empfindung widerspiegelt.
    Da ist der Mann, den Dicki nicht kennt. Der guckt ausgesprochen amüsiert. Kein Wunder, der hat ja auch nicht in der Rüstung gesteckt. Jamesberry dagegen sieht ihn an, als empfände er weiter nichts als Mitleid. In den Augen Sir Douglas’ ist nur Überraschung. Maßlose Überraschung. Noch wagt Dicki nicht, zu Perry Clifton hinzuschauen. Als er es endlich tut, begegnen ihm zwei Augen, in denen sich eine unbeschreibliche Erleichterung spiegelt.
    Sollte ihm Perry nicht böse sein? Dicki erscheint diese Möglichkeit doch zu unwahrscheinlich, und so ruft er ihm ein ziemlich geknicktes „Hallo“ zu.
    „Hallo, Dicki“, erwidert Perry Clifton, und seine Stimme straft seine Augen keine Lügen. Auch in ihr schwingt nur befreite Erleichterung mit. „Ist alles okay?“
    „Eigentlich habe ich nur Hunger.” Dicki erinnert sich der erstaunlichen Feststellung von vorhin. Vielleicht hofft er dabei unbewußt, daß es am besten ist, einfach von etwas anderem zu sprechen. Doch Sir Douglas scheint dieses Spielchen nicht

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