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Perry Rhodan - 2529 - Der Weg des Vatrox

Titel: Perry Rhodan - 2529 - Der Weg des Vatrox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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Sumpf, unzählige Wasserflächen, die das Licht der Sterne spiegelten. Im Lauf der Nacht, als die Temperaturen sanken, froren sie zu und leuchteten noch heller, als wären sie große weiße Augen.
    Der Frequenzfolger lauschte den Liedern seines Armreifs und der Stille in seinen Gedanken. Die Induktivzelle schwieg, sie war mit seinem Handeln zufrieden.
    Am nächsten Tag fand die Durststrecke der Pilger ihr Ende. Wasserfälle ergossen sich am Südhang des Gebirgskamms, speisten die Sümpfe, die in ihrer Endlosigkeit mit der Wüste wetteiferten. Das Gebirge diente als Wetterscheide. Im Norden herrschten klarer Himmel und Trockenheit, im Süden dichte Wolken und drückende Schwüle.
    Morgens, bevor das Eis der Nacht schmolz, hing dichter Nebel über den Pilgern. Es war die Zeit, in der die Sumpfungeheuer auf Jagd gingen. Es mussten Verwandte der Pilan sein, der Tentakelwesen, denen Sinnafoch beinahe zum Opfer gefallen war. Hin und wieder hörte der Frequenzfolger ein Glucksen oder nahm aus dem Augenwinkel das Schlagen eines Tentakels wahr.
    Die Pilger blieben eng beisammen, um die Räuber von einem Angriff abzuhalten. Die Pilan machten ihnen offensichtlich Angst. Hartoks Behauptungen trafen also zu. Die Räuber hatten sich den Oxtornern evolutionär angepasst.
    Sinnafoch, der lieber für sich war, schloss sich ihnen an. Die Pilan flößten ihm keine außergewöhnliche Angst ein, und eigentlich hatte er nichts zu befürchten. Philip wich nicht von seiner Seite, und der Frequenzfolger hatte keinen Zweifel daran, dass der Okrill jeder Kreatur gewachsen sein würde, die in den Sümpfen hauste. Doch Wissen und Fühlen waren zwei verschiedene Dinge. Sinnafoch fühlte sich sicherer in der Gemeinschaft, also suchte er sie.
    Auf den Sumpf folgten Glaswälder.
    Es war eine wundersame und kalte Landschaft. Die »Bäume« wirkten wie von unbekümmerten Kinderhänden geschaffene Skulpturen aus Glas. Überall glänzte und glitzerte es. Die Pflanzen warfen das Licht Illemas zurück, sodass am Boden Dauerfrost herrschte. Es war glatt in den Glaswäldern. Und gefährlich: Die »Blätter« der Bäume waren schärfer als Messerklingen, und ein bloßer Sturz konnte das Ende bedeuten.
    Die alte Oxtornerin starb, keine fünf Schritte von Sinnafoch entfernt. Ihr Stock, auf den sie sich seit Wochen stützte, brach. Der Frequenzfolger versuchte, sie rechtzeitig aufzufangen, aber er hatte den ersten Schritt nicht einmal zu Ende gebracht, als sich bereits eine Glasnadel in das Herz der alten Frau gebohrt hatte. Selbst Philip, der ungleich schnellere Reflexe besaß, erreichte sie nicht rechtzeitig. Sinnafoch verfolgte, wie ihr Blick brach.
    Die Pilger begruben die Frau in einer Zeremonie, die den Rest des Nachmittags in Anspruch nahm.
    Sie war widersinnig. Es war kalt in den Glaswäldern, und zu lange an einem Ort zu verweilen mochte die Pilan oder andere Räuber zu einem Angriff ermutigen.
    Dennoch protestierte Sinnafoch nicht. Schweigend wohnte er der Zeremonie bei, lauschte den Wünschen an Gottheiten, die nur in der Einbildung der Menschen existierten.
    Verwundert stellte er fest, dass er einen Anflug von Trauer empfand. Der Tod der alten Frau rührte ihn an.
    Wieso? Das Vamu von Nicht-Vatrox war nur eine flüchtige Erscheinung. Die alte Oxtornerin – er hatte sich zu ihren Lebzeiten nicht einmal die Mühe gemacht, sich ihren Namen zu merken – war kein echtes Leben gewesen. Ihr Ende hatte vom Augenblick ihrer Geburt an festgestanden, nicht anders als das einer Kerze, die herunterbrannte und schließlich erlosch.
    Es gab keinen Grund zu trauern.
    Dennoch trauerte Sinnafoch.
    Es war die Tragik, erkannte er, als die Pilger weitermarschierten. Die Leiche blieb im Sumpf zurück, dem Beispiel Deshwan Jankoffs folgend dem Planeten Oxtorne überlassen. Im vorbestimmten Ende des unechten Lebens lag eine Tragik, die dem Frequenzfolger bislang verborgen geblieben war. Der Pilgerzug hatte sie ihm aufgezeigt. Auch wenn er nichts auf die alte Oxtornerin gegeben hatte, war sie eine Gefährtin gewesen, hatte sie dieselben Entbehrungen auf sich genommen wie er.
    Er würde die Oxtornerin nicht vergessen, nahm sich Sinnafoch vor.
    Weder in seinem nächsten Leben noch in jenen, die ihm folgen würden.
    Wie war noch ihr Name gewesen?
    *
    Schließlich dünnten die Glaswälder aus, gingen in eine hügelige Steppe über.
    Der Weg Deshwan Jankoffs und seiner Pilger führte – wie konnte es anders sein – nicht um die Hügel herum, sondern über ihre

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