Perry Rhodan- 2556 - Im Innern des Wunders
ich dich seit Wochen beobachte, um herauszufinden,
ob du als Pilot in Frage kommst.«
Nackt näherte sich Rhodan dem Tank. Eine Zugangstreppe führte ihn zu einer
Öffnung an der Oberseite. Er stieg nach oben und hörte leises Plätschern, hervorgerufen durch die
Vibrationen der Stufen, die gegen die scheinbar gläserne Hülle stießen. In Wirklichkeit war das
Material zweifellos um ein Vielfaches widerstandsfähiger als Glas.
Es roch feucht und leicht salzig, vermischt mit herbem Duft, wie ihn bittere
Kräuter verströmten. Der Geruch weckte weitere Erinnerungen, obwohl er in Details anders war als
während seines medizinischen Aufenthalts im Tank.
»Was muss ich tun?«
»Steig nur hinein. Du bist der Pilot - du wirst es fühlen.«
Rhodan setzte sich auf die Kante, streckte die Füße zuerst in die klare
Flüssigkeit. Sie war annähernd hautwarm und umschmeichelte seine Haut, zähflüssig wie klarer
Honig. Er ließ sich in den Tank hinab. Die Haut kribbelte am gesamten Körper, als wären sämtliche
Nerven überreizt. Das Gefühl schwand sofort wieder, ehe es unangenehm werden konnte.
Sein Kopf tauchte unter. Einen Augenblick lang glaubte er zu ersticken, aber
wie nicht anders erwartet, konnte er atmen, obwohl ihn die Flüssigkeit nun völlig umschloss.
Während der Zeit seiner Regeneration im Medotank war es nicht anders gewesen.
Er legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie sich die
Einstiegsöffnung über ihm langsam schloss. Es zischte leise, als sie sich verriegelte.
Völlige Stille umgab Rhodan, genau die umgekehrte Empfindung wie bei seinem
letzten Aufenthalt in diesem Tank.
Er konnte seinen Körper überdeutlich spüren, doch jede Empfindung wich
langsam daraus. Sein Herzschlag, das einzige Geräusch, verlangsamte sich und verschwand wie
hinter einem Nebelband. Bald nahm er ihn nicht mehr wahr, fühlte sich, als sei er reines
Bewusstsein. Jedes Gefühl in seinem Leib, jeder Reiz seiner Nerven verlor sich. Seine eigenen
Emotionen und Wahrnehmungen schwanden, an keiner Stelle spürte er noch Druck auf der Haut.
Sensorische Deprivation, dachte er.
Ein ähnliches Verfahren wurde seit Langem auf Terra in der Therapie
angewandt. Nur noch seine Gedanken arbeiteten auf Hochtouren. Wahrscheinlich war das Wasser auf
knapp 36 Grad Celsius temperiert.
Bei der echten, therapeutisch angewandten
sensorischen Deprivation herrschte im Unterschied zu seinem eigenen Erleben völlige Dunkelheit.
Auf diese Weise wurden sämtliche Sinnesorgane nur minimal stimuliert, bis der Patient letztlich
jegliches Gefühl für Raum und Zeit verlor und so in eine extrem tiefe Entspannungsphase gelangte.
Der Verstand funktionierte in diesem Zustand mit ungewohnter Schärfe; Menschen waren dazu fähig,
komplizierte mathematische Gleichungen zu lösen oder hyperphysikalische Problemstellungen zu
verstehen, die sie normalerweise überfordert hätten.
Rhodan erging es ähnlich. Jede Bedrückung schwand, durch die gläserne Weite
rundum löste sich schon nach Sekunden auch das Gefühl auf, eingesperrt zu sein.
Er schwebte im Nichts, losgelöst von allem.
Friede umfing ihn, und große Müdigkeit ergriff von ihm Besitz. Er fühlte, wie
alle Anspannung von ihm abfallen wollte. Die Probleme, die ihn rund um die Uhr beschäftigten,
traten zurück; er dachte weder an die Frequenz-Monarchie noch an das Polyport-Netz; fragte sich
nicht, was ES mit all dem zu tun hatte und in welchen Schwierigkeiten die Superintelligenz
steckte; rätselte nicht über die Geheimnisse der Dyson-Sphäre und des Handelssterns in ihrem
Zentrum.
Eine Weile schwebte er zwischen Schlaf und Wachsein, ohne seinen Zustand
richtig beurteilen zu können. Wie lange diese Phase andauerte, vermochte er nicht zu sagen. Die
Kontrolle über seine Wahrnehmung entglitt ihm langsam, beinahe unmerklich.
Irgendwann spürte er, wie etwas nach ihm griff. Es war kein körperlicher
Reiz, sondern ein dunkles, waberndes Fasern am Rand seines Bewusstseins, das er nicht sehen
konnte, aber deutlich empfand.
Bildete er es sich nur ein? Wenn das Gehirn eines Terraners wie in diesen
Augenblicken von äußeren Stimuli weitgehend befreit war, entdeckte es unwillkürlich eine ganze
Welt innerer Reize, die zuvor verborgen waren. Ein neues, inneres Universum tat sich auf. In der
Kosmopsychologie sprach man völkerübergreifend von der heilenden und reinigenden Wirkung solcher
Selbstentdeckungen; andere nannten es
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