Perry Rhodan - Jupiter
schob. Er schaute in die Folie. Vor ihnen: nichts. Eine amorphe Welt. Unmittelbar unter ihren Füßen: die wahre Oberfläche des Jupiter. Von den Jahrmilliarden gleichmäßigen Abschliffs polierter Fels, poliertes Eisen. Für einen Moment hatte er das untrügliche Gefühl, die Oberfläche des Kerns spiegele die Schwärze des Gasmeeres. Ihm war, als vervielfache, vertausendfache sich dadurch die Finsternis.
Er unterdrückte einen Aufschrei.
»Alles okay bei euch?«, fragte Pao.
Wie sensibel sie war, das genau jetzt zu fragen, und es nicht nur ihn, Rhodan, zu fragen, sondern Guidry mit einzubeziehen.
Sie ging Schritt um Schritt um Schritt, und sie ging schnell.
Obwohl es so rasch ging, wirkte der Rhythmus bald einschläfernd auf Rhodan. Er spürte, wie seine Stirn die Folie berührte, und schreckte zurück. Nicht wegnicken, mahnte er sich.
Es half nichts.
Schon waren die Augen ihm erneut zugefallen. Er versank in Schlaf, und gleich darauf bedrückte ihn ein wirrer Traum, als hätte er in den Kammern des Schlafs bereits auf der Lauer gelegen. Auch in diesem Traum marschierte er über Jupiter, aber nun war er allein.
Das ist falsch, dachte er. Wo sind die anderen?
Er sah sich um. Er hatte nie ein leereres Land gesehen. Der Horizont lag in einer unfasslichen Ferne und war fast frei von jeder Krümmung, nichts als ein schmerzhaft gerader Strich, der Himmel und Erde teilte.
Wie der Strich unter einer alten Kaufmannsrechnung. Als hätte man alle Leeren des Himmels zu summieren und als Gewinn für die Erde einzustreichen.
Aber die Summe konnte nichts anderes sein als null. Das ist doch Mist, Homer, entfuhr es ihm. Hier ist nichts und niemand. Hier machen wir kein Geschäft.
Homer G. Adams nickte bekümmert. Er saß da an einem lächerlich kleinen Tisch mit einer alten, eisernen Registrierkasse. Rhodan konnte den Markennamen lesen, die geschwungenen, silbernen Lettern: Valentiny. Der Geldschub war geschlossen; das Zählwerk zeigte nichts an. Homer trommelte mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand nervös auf dem Auslöschknopf.
»Nichts und niemand«, bestätigte Homer.
»Lass uns nach Hause gehen«, sagte Rhodan.
Homer sah ihn verwundert an. »Sind wir denn hier nicht zu Hause?«
Rhodan lächelte freundlich. Was war mit Adams los? Wurde er senil? Rhodan wies mit ausgestreckter Hand in die ausnahmslose Finsternis und sagte: »Aber nein. Das ist nicht unser Zuhause. Wir sind auf dem Jupiter.«
Zugleich fragte er sich, seit wann die Finsternis so durchsichtig geworden war. Gläsern und rein wie eine Seele.
Nun ja. Seine Augen würden sich einfach an die Dunkelheit gewöhnt haben.
Adams war fort. Er hatte wohl zu heftig mit der Auslöschtaste gespielt. Rhodan grinste schief. Die treulose Tomate, dieses rotten thing hatte ihn allein auf dem Jupiter zurückgelassen. Oder, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Er hatte sich in eine Tomate verwandelt. Sie lag rot und etwas matschig auf dem kleinen Tisch, neben der Registrierkasse.
Rhodan setzte sich. Er wog die Tomate in der Hand. Oh, er hätte schon Lust gehabt, sie zu essen. Nannte man irgendwo Tomaten nicht auch Paradiesäpfel? Hatte nicht seine Großmutter sie manchmal so genannt, in ihrer transatlantischen, ja geradezu jenseitigjupiteranischen Sprache?
Paradiesäpfel. Wenn es denn Paradiesäpfel waren, musste dann nicht hier das Paradies sein? Die Logik erschien ihm zwingend. Er war also im Paradies. Kein Zweifel. Aber wo waren dann die Engel? Denn Engel, auch das ein zutiefst logischer Schluss, bildeten die natürliche Population des Paradieses.
Tatsächlich erschienen ihm nun einige Engel. Allerdings wirkten sie – das musste er leider sagen – etwas derangiert, um nicht zu sagen heruntergekommen. Klapperdürr, man konnte jeden Knochen sehen. Schlecht verkleidete Skelette. Wie verloren flatterten sie durch den himmlischen Leerraum.
Rhodan versuchte, sie mit einer Hand zu verscheuchen, aber sie taten, als sähen sie ihn nicht.
Was für ein wirrer Traum, sagte er sich. Er wusste ja, dass er träumte, dass er in Wirklichkeit in einem Skaphander über den innersten Kern des Jupiter wandelte.
Freilich bedeutete das: Sie wanderten über den Grund eines elektrischen Meeres, und da auch das Gehirn bioelektrische Felder produzierte, stellte sich die Frage: Warum sollte sein Hirn, das sich aus irgendwelchen Gründen im Schlaf aktiviert hatte, für die elektrischen Ströme hier nicht ansprechbar sein? Unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder neigten
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