Perry Rhodan - Jupiter
wünschte, wir hätten eine ähnliche Möglichkeit, an den Transmitter heranzukommen.«
»Gibt es eine Nachricht von der TSUNAMI-X?«, fragte Bull. »Ich hoffe darauf, dass sie einen der überschweren Antimaterietorpedos mitführt. Damit dürfte das Problem erledigt sein.«
»Bislang keine neue Information«, antwortete die Kommandantin.
Reginald Bull wandte sich wieder an den Hyperphysiker: »Lässt sich eine halbwegs verlässliche Aussage treffen, wie schnell sich der Mond innerhalb des Schlauches weiterbewegen wird?«
»Die Ortungsergebnisse sind und bleiben völlig irrelevant.«
Bull nickte zögernd.
»Wahrscheinlich wird sich die Absturzgeschwindigkeit des Mondes nicht verändern«, fuhr der Hyperphysiker fort. »Der Schlauch soll die Berührung Ganymeds mit den dichteren Atmosphäreschichten verhindern, das dürfte seine ganze Bewandtnis sein.«
»Dann fällt das Warten ein wenig leichter.« Nachdenklich kratzte Bull sich am Kinn. »Vor Ganymed liegen bis zum Einschlag auf jeden Fall rund sechzigtausend Kilometer Sturz durch die Jupiteratmosphäre. Das sind annähernd achtzig Minuten Galgenfrist. Zumindest bis zu einer gewissen Distanz könnte ein schneller Torpedo den Mond einholen.«
»So viel Zeit bleibt uns nicht. Eine Antimaterie-Materie-Reaktion in den tiefen Schichten würde ähnliche Folgen haben wie ein unmittelbarer Einschlag des Mondes.«
Reginald Bull bedachte den Hyperphysiker mit einem grimmigen Blick, schwieg aber.
Das Eintreffen der TSUNAMI-X war vor zwei Tagen mit 23 Uhr terminiert worden. Das Experimentalschiff kam zweiunddreißig Minuten eher. Ohne eine vorangegangene Funknachricht erschien es in unmittelbarer Jupiternähe.
Für einen kurzen Moment reagierte Bull geradezu euphorisch. Mit beiden Händen wühlte er durch sein Stoppelhaar, verschränkte die Hände im Nacken und seufzte tief.
Endlich gab es Funkkontakt.
Der Residenz-Minister erlaubte sich ein zweites erleichtertes Aufatmen, als er hörte, dass die TSUNAMI-X tatsächlich einen der überschweren SHIVA-Antimaterietorpedos mitführte. Er ordnete den umgehenden Einsatz gegen Ganymed an.
Wenige Minuten später wurde der Torpedo abgefeuert.
8. Gravo-Fraß
von Christian Montillon
T minus 22 h 41 min: Der Countdown beginnt
Alontha Zachariah entdeckt das Phänomen zuerst. Er nimmt niemals Tau-acht zu sich und ist deshalb einer der wenigen in der Faktorei MERLIN, die einen Teil ihres Lebens damit verbringen, zu schlafen. Er fühlt sich gut dabei. Alle anderen – seine Kollegen, seine Freunde und auch die, denen er nur zufällig begegnet – scheinen sich immer weiter zu verändern. Das befremdet ihn. Er will nicht werden wie sie.
Vielleicht, denkt Alontha, liegt es daran, dass sie nicht träumen. Ihnen fehlt etwas. Zu viel sammelt sich in ihnen an, in ihrem Unterbewusstsein. Nicht umsonst bezeichnet man Träume als die Mülleimer der Seele. Das glaubt Alontha zumindest; ganz sicher ist er sich nicht. Für derlei psychologische Feinheiten hat er keinen Sinn; Schlafen und Träumen ist in seinen Augen etwas Normales, und damit hat es sich.
Was er sich allerdings sehr wohl fragt, ist, ob er in diesem Moment auch träumt, ohne es zu wissen. Das könnte sein. Schließlich weiß man im Traum nicht, dass man träumt. Dort können seltsame Dinge passieren, ohne dass man sie hinterfragt.
Wäre es deshalb nicht besser, endlich aufzuwachen, als dieses Phänomen genauer zu untersuchen? Wahrscheinlich schon, aber Alontha ist neugierig. Das liegt in der Familie. Die Zachariahs sind so, und unter seinen Vorfahren gibt es deshalb einige Erfinder. Sein Großvater hat seinen Wissensdurst sogar in Worte verpackt und einen Roman geschrieben. Alontha besitzt davon Ausgaben in achtundzwanzig Sprachen und einigen planetaren Dialekten. Die meisten versteht er nicht, aber das ist ja auch nicht nötig. Für ihn ist der Roman seines Großvaters die beste Auseinandersetzung mit der Larenkrise vor anderthalbtausend Jahren, die er sich vorstellen kann. Die großen Historiker und Geschichtsschreiber täten gut daran, ihn ebenfalls zu lesen.
Ein Lichtfunke stiebt aus der seltsamen Verwerfung im Boden. Das Licht strahlt wunderschön. Tausend Farben liegen in ihm verborgen, die Alontha nie zuvor gesehen hat. Er fühlt, dass die Bestimmung seines Lebens, die Vollendung, vor ihm liegt. Er wagt kaum noch zu atmen. Der Funke explodiert zu einem Regenbogen von vollendeter Perfektion.
Die Holzpanele vor seinem Bett wölben sich in die Höhe.
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