Perry Rhodan Neo 016 - Finale für Ferrol
als auch den Menschen klarmachen würde, dass es so nicht mehr weitergehen konnte.
»Zweifelst du?«, fragte sie. Ihre Stimme war sanft.
Er zögerte, nickte dann. »Ich dachte, ich hätte mich schon entschieden. Ich dachte, ich wüsste, was es bedeutet, aber nun bin ich hier, und ...«
»Ich weiß.« Sie küsste ihn. »Ich verstehe dich. Ich bin anders, genau wie du.«
»Nicht wie ich. Deine Gabe tötet nicht.«
Sie presste ihre Lippen aufeinander, dass sie einen schmalen Strich bildeten, blutleer und farblos. »Täusch dich nicht«, sagte sie schließlich. Eine Träne glitzerte in ihrem Augenwinkel. »Alles ist bereit, Iwan. Überall auf der Welt warten Menschen auf ein Zeichen zum Losschlagen. Es kocht, Iwan – überall. Du kannst ihnen beweisen, dass wir nicht wehrlos sind.«
Iwan zögerte. Er konnte dieses Gefühl eines Déjà-vu-Erlebnisses nicht abschütteln. War er nicht schon einmal benutzt worden? Nein. Diesmal war es anders. Ishy war nicht wie Clifford Monterny. Ganz und gar nicht.
»Du machst dir Sorgen wegen Stepan und Artjom, richtig? Sie sind nicht die reinsten Wesen, die je über die Erde gewandelt sind. Ich weiß das. Aber wir alle sind nur Menschen. Wir alle sind fehlbar. Wir alle wollen nur das Beste. Stepan und Artjom sind nicht wichtig. Du bist es, Iwan. Du wirst das Zeichen setzen, das den Sturm auslöst! Die Bewohner dieser Welt werden in dir den Anführer erkennen, der uns in die Freiheit führt!«
Iwan horchte in sich hinein. Es fühlte sich nicht richtig an. Er wollte kein Anführer sein, nicht im Mittelpunkt stehen. Er musste sich selbst erst finden, mit – ja, mit Ishys Hilfe? An ihrer Seite?
Wenn doch nur sein Bruder an seiner Seite wäre, um ihm zu helfen. Aber Iwanowitsch war tot.
Tot ...
Er spürte Ishys kühle, tastende Finger auf seiner Wange. Er drehte den Kopf, schaute sie an.
»Iwan, ich spüre deine Zweifel. Sieh her.«
»Nein, Ishy, ich ...«
Sie schüttelte stumm den Kopf und wandte ihre Gabe an, die nicht weniger unheimlich anmutete als das, was Iwan vermochte. Nur dass es harmlos war. Dass sie nicht das Verderben entfachte.
Ein Bild tauchte vor den beiden Menschen auf dem verlassenen Hügel auf, gespiegelt aus Ishys Geist. Es zeigte eine Szene, die sich in diesen Sekunden exakt genauso abspielte, irgendwo auf der Welt.
Ein alter Mann stand vor einer windschiefen Hütte. Er trug schäbige Kleidung und langes, verfilztes Haar. In der Hand hielt er eine fast antik wirkende Schusswaffe, ein Gewehr, das wohl schon von seinem Vater oder Großvater stammte. Sein heruntergekommenes Haus wackelte, erbebte in seinen Grundfesten und löste sich krachend aus dem Boden. Der Mann hob sein Gewehr und feuerte in sinnloser Geste auf die Fantan-Flunder, die über der gespenstischen Szenerie schwebte. Als die Hütte in einem Antigravstrahl in die Höhe zu schweben begann, klammerte er sich an die Tür und verlor erst in etlichen Metern Höhe den Halt. Mit wirbelnden Gliedmaßen stürzte er in die Tiefe, schlug auf und blieb in verrenkter Haltung liegen.
Macht, begriff Iwan deutlicher als je zuvor, bedeutete Verantwortung. Und er verfügte über die Macht, diese Gräuel zu stoppen. Mehr noch, es war seine Pflicht.
Als das Bild aus Ishys Geist verblasste, handelte er. Der bedauernswerte tote alte Mann schien in einem Wirbel aus Feuer und Licht hinweggefegt zu werden, der hinter ihm aufwallte, und doch hatte es mit ihm nichts zu tun.
Iwan Goratschin zündete.
Seitdem brannte die Gobi. Seitdem zerrissen Explosionen die weite, erhabene Stille. Seitdem loderten Feuerzungen immer höher.
Ob in dem Ameisenhügel Terrania die Menschen auch schrien und rannten und brannten, genau wie die Fantan? Die Stadt der Zukunft lag einfach zu nah, ein entsetzliches, bizarres, höhnisches Schicksal hatte sie dazu auserkoren, womöglich mit dem Fantan-Schiff unterzugehen. Was, wenn dessen innere Technologie explodierte, wenn sich die Flammen voranfraßen? Oder wenn der Koloss Fahrt aufnahm, um dem Verderben zu entkommen, und lodernd auf Terranias äußere Gebäude stürzte?
Iwan schloss die Augen.
Aber die Bilder des Feuers verschwanden nicht.
Vielleicht würden sie nie mehr verschwinden.
5.
Aus den Fluten, in die Flammen
6. August 2036
Erde, an Bord der TOSOMA
»Kommandant?«
Crest hielt Lesly K. Pounder das Pad mit den brisanten Informationen entgegen.
Der nahm es in die Hand und warf einen Blick darauf. Ihm musste augenblicklich klar sein, dass es galt, eine grundsätzliche
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