Perry Rhodan Neo 026 – Planet der Echsen
sich die neu Eingetroffene ihren Weg zu seinem Tisch. Ungefragt setzte sie sich zu ihm.
»Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, verehrter General.« Ihre Stimme war samten und passte zu den zarten, dunklen Gesichtszügen der attraktiven Frau.
Bai Jun verengte leicht die Augen. »Sie irren sich. Ich bin mittlerweile Bürgermeister.«
Ein Lächeln umspielte die Mundwinkel der Frau. »Richtig. Wie sich die Dinge doch ändern. Vor wenigen Monaten noch waren Sie einer der bedeutendsten Offiziere Chinas, jetzt sind Sie ein zahnloser Tiger an der Leine alter Männer aus dem Westen.«
Bai Juns Miene verdüsterte sich. »Ich hoffe, Sie haben mich nicht nur deshalb herbestellt, um mich zu beleidigen. Abgesehen davon ist die Implikation Ihrer Worte absurd. Jeder im Rat wurde ordentlich gewählt, genau wie man mich zum Bürgermeister von Terrania gewählt hat.«
»Jeder im Rat ...« Die Frau ließ die Worte einen Moment vielsagend in der Luft hängen. »Und dennoch finden sich drei Amerikaner darin, ganz zu schweigen vom Administrator selbst – alles Weggefährten von Perry Rhodan, auch ein Amerikaner. Der gerade mit seinem zweiten Mann, Reginald Bull – Amerikaner –, eine Expedition nach Arkon anführt. Und was ist mit John Marshall, der das Lakeside-Institut leitet, in dem sich Rhodans Mutanten versammelt haben? Wo kommt der noch her? Richtig: Amerika.«
Die Bedienung kam, und die Frau bestellte ein Mineralwasser.
»Verfolgen Sie mit dieser Aufzählung irgendeinen Zweck?«, fragte Bai Jun, nachdem die Nordeuropäerin wieder verschwunden war.
Sie beugte sich vor, und ihre leise Stimme gewann an Schärfe. »In der Tat. Sehen Sie es ein, Bürgermeister . Die schöne, neue Welt, dieses Terra, das uns Perry Rhodan beschert hat, ist nichts weiter als ein Rückfall ins 20. Jahrhundert, als Amerika auch glaubte, allen anderen Staaten seine politische Vorherrschaft aufzwingen zu können. Diese sogenannte Terranische Union ist reine Augenwischerei, ein Schattentheater in einem Zelt vor den Mauern von Terrania. All die Reichen der Erde, die eben noch groß und mächtig waren – China, Indien, Russland –, sehen sich auf einmal zu Lakaien und Stichwortgebern westlicher Herren reduziert. Genau das und nichts anderes hatten Männer wie Rhodan, Adams, Mercant und Pounder im Sinn, als sie dieses bizarre Konstrukt von einer Stadt mitten in der Wüste errichtet haben, diese Fata Morgana echter weltweiter Gemeinschaft.«
Unwillkürlich ballten sich ihre Hände auf dem Tisch. Die Gefühle gingen eindeutig mit ihr durch, ließen sie ihre professionelle Distanz verlieren. Bai Jun fragte sich, welche persönliche Tragödie dahintersteckte.
Die Bedienung kam und brachte das Wasser.
»Vielen Dank«, sagte Bai Juns Gegenüber mit einer Maske aus Liebenswürdigkeit auf dem Gesicht. Kaum, dass sie beide wieder allein waren, fuhr sie zischend und deutlich grimmiger fort: »Aber wie sieht es bei uns zu Hause nun aus? Was für ein strahlendes Reich war China! Dank Perry Rhodan sind Millionen Menschen bei Unruhen gestorben. Außerirdische Technologie zerstört unsere Wirtschaft. Besucher von den Sternen wie diese Fantan im letzten Sommer fühlen sich eingeladen, uns zu bestehlen und unsere Kulturgüter zu schänden. Man hat uns – Sie, Bai Jun – zum Hausmeister degradiert, während die echten Entscheidungen im All und an der Spitze dieses Stardust Towers von Amerikanern getroffen werden. Das ist unerträglich!«
»Sind Sie langsam fertig?«, fragte Bai Jun ungehalten. Er war wütend. Einerseits, weil er sich dieses Gejammer von Leuten, die nur auf das eigene Wohl bedacht waren und »den guten alten Zeiten« nachtrauerten, nicht mehr anhören konnte. Andererseits, weil die Frau etwas in ihm weckte, was er überwunden zu haben glaubte: Misstrauen.
War an ihren Worten etwas dran? Hatten sich Männer wie Großadministrator Adams, ein superreicher US-Industrieller, und Sicherheitskoordinator Mercant, ein einstiger Homeland-Security-Agent, den Weg zur Spitze erschlichen, um unter dem Deckmantel der Terranischen Union eine Welt im Geiste des »American Spirit« zu formen?
Nein, verdammt! Lass dich nicht einwickeln , dachte er. Diese Frau versprüht nur ihr Gedankengift.
»Ja«, sagte sie unterdessen. »Für den Moment bin ich fertig.« Sie hatte ihre Fassung zurückgewonnen, und während sie von ihrem Wasser trank, lag auf ihrer Miene erneut milde Süffisanz.
»Schön. Dann verraten Sie mir jetzt vielleicht endlich, was dieses Treffen hier
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