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Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel

Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel

Titel: Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Humberg
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sogenannte Selektion aus: In einem künstlich geschaffenen Umfeld erfahren unsere Schlüpflinge ganz ähnliche Risiken wie ihre Vorfahren vom Anfang der Zeit, damit sie ihr wahres Potenzial entfalten.«
    Manoli blinzelte. »Moment, Moment ... Ich bin der Letzte, der etwas gegen einen Exkurs in Xenobiologie sagt, aus meiner Sicht selbstverständlich, aber was hat diese ganze Geschichte mit uns zu tun?« Er breitete die Arme aus, bis er beide Seitenwände des engen Kanals gleichzeitig berührte. »Ist das hier etwa eine von euren Stationen? Das wage ich stark zu bezweifeln.«
    »Zu Recht«. Sie züngelte wieder. »Manchmal ...«
    »Manchmal?«, hakte er nach, als sie nicht weitersprach. Er ahnte, dass jetzt der Teil kam, der ihr wirklich Unbehagen bereitete.
    »Manchmal brechen einzelne Schlüpflinge aus den Aufzuchtstationen aus«, raunte sie ihm ihr Geständnis zu. Dabei rückte sie ihm, wie er spürte, sogar noch einen Schritt näher. »Schlüpflinge sind wilde Kreaturen, Erikk. Das musst du verstehen. Unzivilisierte Wesen, die nichts von gesellschaftlichen Zwängen wissen und nur den Kampf kennen. Nur das Recht des Stärkeren. Keine Skrupel, keine Hemmungen, keine Moral.«
    Wie oft ist manchmal? , dachte er besorgt, wagte es aber nicht, die Frage auszusprechen. Plötzlich wollte er nie wieder ein Geräusch machen.
    Khatleen-Tarrs Stimme war kaum mehr als ein Atemhauch, ganz dicht an seinem Ohr. Manoli spürte, wie die Topsiderin zitterte, und wusste, dass das nicht an der Kälte lag. Es hatte noch nie an der Kälte gelegen. Und es steckte an.
    »Diese Ausbrecher«, wisperte er, »die kommen ... hier herunter?«
    »Hier sucht sie niemand«, bestätigte die Echsenfrau an seiner Seite leise. »Weil sich kein Topsider, der alle Sinne beisammenhat und am Leben hängt, hierher wagt. Die Kanalisation ist ihr Reich, nicht unseres. Sie haben es sich schon vor Generationen erobert. Und sie verteidigen es verbissener, als du dir vorstellen kannst.«
    Als Kind war Manoli oft im Ferienlager gewesen, in den Bergen nahe der kanadischen Grenze. Er hatte viele Abende am Lagerfeuer verbracht und den Gruselgeschichten der erwachsenen Betreuer gelauscht. Unfug über Menschen, die ins Jagdrevier debiler Hinterwäldler stolperten. Menschen, die den Drachen weckten, sozusagen. Nun fühlte er sich an diese Abende erinnert, doch der Schrecken von damals war ein wohliger gewesen – gedämpft durch das Wissen, einer Fiktion zuzuhören und später in den warmen, sicheren Schlafsack kriechen zu dürfen. Dieser hier war aber real. Und auf Wärme und Sicherheit durfte er nicht hoffen.
    Schlüpflinge , hallte es in seinem Geist wider. Seine Phantasie schlug wilde Kapriolen und zeichnete ihm ungefragt Bilder von riesigen Echsenwesen mit milchig weißen Schuppen, hasserfülltem Blick und rasiermesserscharfen Reißzähnen. Ihr Reich, nicht unseres. Ihr Reich, nicht unseres.
    Manoli schluckte. Seine Knie wurden weich, jeder Schritt verkam zu einer immensen Kraftanstrengung, und obwohl er genau wusste, dass er es sich nur einbildete, war ihm, als bewegten sich plötzlich Formen in der ihn umgebenden Finsternis. Als kämen sie näher, direkt auf ihn und Khatleen-Tarr zu – lautlos, schnell und mit tödlicher Präzision.
    Aber das war selbstverständlich völliger Unsinn.
    Zwei Sekunden später sprang ihn der Unsinn an, riss ihn von den Füßen. Manoli spürte einen fremden Körper neben sich, auf sich, starke Hände auf seinen Schultern. Dann schlug er mit dem Hinterkopf gegen die Bruchsteinwand und verlor das Bewusstsein.
    Das Letzte, was er hörte, war Khatleen-Tarrs gellender Schrei.

9.
    In Stollenfinsternis
    Terrania, 18. Januar 2037
     
    Das kleine Pod schien so schwer wie Blei zu sein und war doch nichts im Vergleich zu seinen Lidern. Lhundup verzog das Gesicht, während er die Verbindung nach oben herstellte. So müde. So endlos, fürchterlich, sterbensmüde.
    »Ah, mein nichtsnutziger Informant«, meldete sich Bai Jun. Schon die Begrüßung war ein Tadel. Das konnte ja heiter werden. »Was hat sich heute Schockierendes unter Tage ereignet? Seid ihr auf Steine gestoßen? Auf Dreck gar? Lass hören, Lhundup, denn ich kann meine Neugierde kaum im Zaum halten.« Ein herzhaftes Gähnen drang als Nächstes aus dem kleinen Lautsprecher.
    Lhundup drängte sich noch ein Stück tiefer in die Nische. Wie immer, wenn er von unten mit seinem Auftraggeber sprach, fühlte er sich, als habe er einen Eisblock in den Eingeweiden und ein Schild mit der

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