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Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel

Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel

Titel: Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Humberg
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Aufschrift »Versager« um den Hals hängen. Eines, das er selbst angefertigt hatte.
    »Guten Tag, Bürgermeister.«
    »Tag?« Bai Jun lachte ebenso kurz wie ungehalten. Er klang verschlafen und mürrisch. »Es ist halb drei Uhr morgens. Gute Nacht wäre also die weitaus angebrachtere Formulierung. Aber wie kann sie gut sein, wenn ich meine wohlverdiente Ruhe für deinen wie üblich gehaltlosen Anruf opfern muss, he?«
    Sosehr Lhundup Bai Juns aus Frust geborenen Zorn auch verstand, so unfair fand er die einseitige Denke des Exgenerals. Schließlich war Jun nicht der Einzige, der lieber schlummern würde, als dieses Telefonat zu führen. Und ich wette, sein Arbeitstag war nicht halb so anstrengend wie meiner. Zumindest nicht körperlich.
    Selbst wenn er ruhig auf seiner Pritsche lag und auf den Schlaf wartete, eingelullt vom Geschnarche der einschüchternd professionelleren Grubenarbeiter auf den anderen Bettstätten, fühlte Lhundup sich, als gingen seine Muskeln noch immer die Bewegungen des Tages durch. Bücken, hacken, schaufeln, heben. Bücken, hacken, schaufeln, heben. Manchmal wünschte er sich sogar die entsetzlichen Maschinen zurück, die er nie wirklich verstanden und von denen er in seinen ersten Tagen gleich mehrere ruiniert hatte. Hauptsache, es wäre eine Ablenkung. Aber wenn es um Bergbau ging, hatte er wohl zwei linke Hände; dieser Wahrheit konnte er sich nicht entziehen. Und Ai Guo konnte es schlicht nicht länger rechtfertigen – nicht vor den Kollegen, nicht vor den mysteriösen und nur via Mail kommunizierenden Vorgesetzten –, seinem unfähigsten Schützling weiterhin Werkzeuge anzuvertrauen, die teurer waren als eine Schachtel Zigaretten.
    Es stimmte: Jeder, der das wollte, durfte an Terrania mitarbeiten. Aber Terrania entschied, wo und wie. Der Mensch – zumindest wenn er nicht zu Rhodans direktem Umfeld gehörte – nickte nur und ging ans Werk.
    In Lhundups Fall mit täglich schlimmer werdendem Muskelkater – hieß es nicht, das lege sich mit der Zeit? – und dem Gefühl, binnen einer Woche um dreißig Jahre gealtert zu sein. Bergbau war etwas anderes als Nutzvieh hüten. Selbst als Geisel von Buming , der angeblichen Frau Unbekannt, hatte er sich nicht so erledigt gefühlt wie nach einer Tagschicht in Terranias elendem Keller, so absurd das auch klang.
    »Lhundup?« Bai Juns Stimme klang freundlicher als zuvor; es schien, als habe der Bürgermeister ein schlechtes Gewissen ob seiner aggressiven Worte von eben. Sie riss den jungen Tibeter aus seinen selbstkritischen Gedanken. »Verzeih. Du tust nur, was ich dir aufgetragen habe. Also sprich. Was gibt es Neues im Stardust Tower?«
    Lhundup seufzte. Viel war es nicht – und das meiste kaum mehr als Hirngespinste und Spekulation. »Ai Guo hat erneute Anweisungen erhalten. Per Mail. Wieder ohne erkenn- oder gar rückverfolgbaren Absender.«
    Jun fluchte leise. »Inhalt?«
    »Das Übliche. Sprengen, graben und schaufeln, bitte. Heute mehr links, morgen mehr rechts. Wir vermuten, die nächsten Stahlträger stehen schon in Warteposition und werden bald angekarrt kommen, damit wir sie im Boden versenken.«
    Oh, diese Stahlträger! Die elend schweren Wurzeln des Turmes. Das war eine Ablenkung, auf die Lhundup gut hätte verzichten können.
    »Diese Mails ...« Juns Grunzen war Klang gewordene Frustration. »Ich habe hier oben Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, um ihren Ursprung zu ermitteln, aber bislang renne ich überall gegen eine Mauer des Schweigens oder der Ratlosigkeit. Okay, da kommen wir im Moment also noch immer nicht weiter. Hast du mehr?«
    »Na ja«, druckste Lhundup. »Wie man's nimmt. Heute Vormittag habe ich belauscht, wie sich Rob Gallagher und Yvette Labache über den alten Coletti unterhielten. Er verhalte sich eigenartig, fanden sie. Dem Ton nach unterstellten sie ihm, irgendwelche Sabotageakte auszuhecken.«
    »Und?«
    »Fehlalarm, Jun. Ich behielt Coletti den ganzen Tag im Auge. Das Einzige, was der heimlich plant, ist ein italienisches Überraschungsessen für seine neue Freundin aus der Frühschicht – allerdings hab ich noch keine Ahnung, wie er hier unten etwas kochen möchte, was über eine heiße Suppe aus der Dose hinausgeht.«
    Der Bürgermeister ächzte. Es klang, als richte er sich im Bett auf. Einmal mehr wünschte Lhundup sich in das seine zurück. In den verlassenen Gängen war es stockfinster und erstaunlich kalt. Unfassbar, dass ihn und Jun nur wenige hundert Meter Strecke trennten. Es fühlte sich an,

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