Perry Rhodan Neo 028 - Flucht ins Dunkel
kleben.
Sie kommen deinetwegen , hauchte die Stimme der Unvernunft in seinem Verstand. Weil sie nach dem Trupp im Osten jetzt Hunger auf tibetische Geheimagenten haben. Auf den 007-Mitternachtssnack.
Abermals grollte es in der Ferne. Der Lärm war nicht laut genug, um Schlafende zu wecken, aber er genügte, um Lhundup Flausen in den übermüdeten Kopf zu setzen. Er beschleunigte seinen Schritt.
Die im Osten haben nämlich zu tief gegraben, weißt du? , meldete sich die Stimme wieder. Sie haben etwas geweckt, was seit Äonen unter der Wüste schlief. Es brachte ihnen den Tod. Und jetzt läuft es Amok.
So ein Unfug! Warum redete ihm sein eigener Verstand solchen Mist ein? Und warum bekam Lhundup es nun tatsächlich mit der Angst zu tun?
Obwohl er es besser wusste, sah er sich um, spähte ins Dunkel, lauschte. Rührte sich wirklich nichts in seiner Nähe? Kauerte dort nicht doch ein Monster in den Schatten, wartend auf schlaflose Grubenarbeiter? Lhundup ballte die Hände zu Fäusten, schluckte trocken – und erstarrte!
Die Finsternis bewegte sich.
Für einen Moment setzte sein Herz aus. Schockstarr stand er da und glotzte. Das war das Ende, oder? Das waren die Drachen. Sie waren real, und ... und ... ihre riesigen Mäuler würden ...
Es knirschte leise, als gingen zarte Füße über steinigen Boden. Ein Mensch! Lhundup begriff es sofort; dennoch dauerte es einige Sekunden, bis ihm sein erschrockener Geist wieder Bewegungen erlaubte. Das war kein Ungetüm, sondern eine Person. Jemand von der Truppe? Um diese Zeit? Wer immer es sein mochte, er schien nicht mit Gesellschaft zu rechnen, denn im Gegensatz zu Lhundup schlich er nicht möglichst lautlos, sondern ging ganz normal.
Lhundups Gedanken überschlugen sich. Das Zimmer, in dem sein warmes Bett auf ihn wartete, war nur ein paar Dutzend Schritte entfernt, und doch lauerte dort vorn im Dunkel ein Rätsel. War er nicht genau deswegen hergekommen? Er schluckte erneut, verdrängte die Sehnsucht nach Schlaf aus seinem Geist und nahm die Verfolgung auf.
Die Gestalt bewegte sich zielsicher, so viel glaubte er trotz der Dunkelheit schnell festzustellen, und sie schien das Gelände bestens zu kennen. Geschickt und geschwind bog sie um Ecken, schritt enge Grubengänge entlang und stieg über zur Nacht abgelegtes Werkzeug. Schon nach wenigen Minuten in ihrem Kielwasser war Lhundup zweimal beinahe in einen Haufen Spitzhacken getreten und einmal fast über die Magnetschienen der Schwebeloren gestolpert, doch wo er nur im letzten Moment und mit purem Glück der sicheren Entdeckung entging, setzte der Unbekannte wenige Meter vor ihm seinen Weg so unbeirrt und gekonnt fort, als könne er im Dunkeln sehen.
Vermutlich konnte er das sogar. Der Kerl trägt eine Nachtsichtbrille , schoss es Lhundup durch den Kopf. Was sonst? Warum war er nicht gleich darauf gekommen?
Sie näherten sich dem Pausenbereich und dem Fahrstuhl. Lhundup stutzte. Was wollte der Unbekannte denn ausgerechnet dort? Wie im gesamten Rest des westlichen Grabungsgebiets herrschte sicherlich auch dort zu dieser späten Stunde gähnende Leere, und den Lift konnte man nur mittels spezieller Schlüsselsticks bedienen, die allein die Schichtmeister besaßen. Lhundup beschloss, noch mehr auf der Hut zu sein.
Sie hatten den unterirdischen Raum fast erreicht, da ließ er sich ein wenig mehr zurückfallen, presste sich nah an die Stollenwand und spähte vor sich in die Nacht. Etwa fünf Meter weiter mündete der Korridor in den Pausenraum. Dort, gleich am gelben Außengitter des Fahrstuhlschachtes, hing eine einzelne robuste LED-Lampe. Jemand musste vergessen haben, sie auszuschalten, denn sie brannte noch immer, flackerte aber in ebenso schnellen wie unregelmäßigen Abständen. Nicht mehr lange, das ahnte Lhundup, und der Leuchtkörper, der vermutlich wie Lhundup unter den Bedingungen unter Tage litt, würde den Geist aufgeben. Tod durch Dauerbetrieb.
Doch noch leuchtete er. Und Lhundup traute seinen Augen nicht, als er endlich erkannte, wen er verfolgte.
Zhuo Hui trug einen pechschwarzen, eng anliegenden Catsuit und Handschuhe. Ein breiter schwarzer Gürtel mit mehreren kleinen Taschen hing an ihrer schmalen Hüfte. Ihr Haar war zu einem winzigen Pferdeschwanz gebunden. Am rechten der beiden metallenen Stützpfeiler, die am Ende des Ganges die Decke oben hielten, blieb sie stehen, sah einmal schnell nach rechts und links und huschte dann, als sie nirgendwo einen ungewollten Beobachter fand, in den Pausenraum.
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