Perry Rhodan Neo 3: Der Teleporter (German Edition)
Siebzehnjähriger der chinesischen Volksarmee beigetreten, um der Perspektivlosigkeit seiner uigurischen Heimat zu entkommen. Dass er nirgendwo hingehörte, dass auf ihn und seinesgleichen niemand gewartet hatte, war ihm schon in der Kinderkrippe eingebläut worden. Innerhalb der Armee hielten sich die Diskriminierungen, nachgerade überraschend, in den Grenzen der Schlaf- und Duschräume. Wer sich nach einer Seife bückte, hatte verloren, aber das war wahrscheinlich überall so, wo testosterongetriebene Individuen auf zu engem Raum zusammengesperrt wurden. Dafür respektierte man Schläue und Brutalität.
Über Jahre hinweg hatte Bai Jun davon profitiert, dass man ihn wegen seines bäuerlich-harmlosen Gesichts unterschätzte. Dass er die Intelligenz besaß, im Hintergrund Bündnisse zu schmieden. Und, falls es hart auf hart ging, den Instinkt, mit jeder beliebigen Klinge dorthin zu stechen, wo der größtmögliche Schaden angerichtet wurde.
Später, etabliert im Mittelbau, dank seiner nach außen hin bedingungslosen Treue und Loyalität zu seinen durchweg verachtungswürdigen Ausbildern, entwarf sich Bai Jun ein originelleres, individuelleres Image. In einer der historisch wiederkehrenden Phasen, in denen Widerspruchsgeist und ein gewisses rebellisches Potenzial gefragt waren, stilisierte er sich zum Sprachrohr der braven, tumben, ständig benachteiligten Fußtruppen. Als deren gewerkschaftlicher Vertreter handelte er so signifikante Verbesserungen ihrer prekären Lage aus wie, dass der Reis in den Kantinen jeden dritten Tag mindestens 115 Gramm Frühlingszwiebeln enthielt. Und zwar gesalzen! Welch ein Erfolg!
Endlich in die Generalität berufen, änderte Bai Jun seinen Nimbus erneut radikal. Emporkömmlinge wie ihn gab es in reicher Zahl, desgleichen selbst ernannte Vertreter der »Basis«. Er hingegen kultivierte das Klischee des Lebemanns. Seinen Offiziersdiener triezte er, wenn dieser ihm nicht mit dem besten und teuersten, über möglichst dunkle Kanäle aufzutreibenden Reiswein die Füße wusch.
Sich und die ehemaligen Ideale dermaßen zu verleugnen war harte Arbeit, aber es lohnte sich. Am Ende lag Bai Jun in einer gut nach allen Seiten abgesicherten Hängematte. Er hatte sich eine Nische erobert, in der er bis ans Lebensende zu verweilen trachtete. Er war der Spinner, der Querdenker, der General, den man herbeirufen würde, wenn alle bewährten Methoden versagten und man in höchster Verzweiflung nach einer unkonventionellen Lösung suchte.
Bloß würde eine solche Situation – das war die Pointe! – nie eintreten. China hatte das Gros der Schuldverschreibungen der USA aufgekauft. Wirtschaftliches Potenzial hatte das militärische überflügelt. So pervers war diese Welt: Die Manipulation von ein paar Zahlen, ja Kommastellen konnte mehr zerstören als Hunderte Atombomben. In Wahrheit hatten sich alle globalen Konkurrenten damit abgefunden: China war längst die Hegemonialmacht dieses Planeten. Nicht einmal Russland konnte mithalten, von den ausgebluteten USA ganz zu schweigen.
Bis dieser Perry Rhodan daherkam, mit einem Alien im Schlepptau. Und sich ausgerechnet in der Wüste Gobi einbunkerte. Als gäbe es keine Spielregeln mehr. Als wären all die über Jahrzehnte aufgebauten, kunstvoll gewobenen diplomatischen und finanziellen Netzwerke obsolet.
Just erinnerten sich die blassgelben Parteifunktionäre daran, dass sie für einen derartigen Extremfall einen Schmarotzer an ihrem Busen geduldet hatten: Bai Jun, den General zur besonderen Verfügung, den Experten für ungewöhnliche Situationen. Zudem war er ein halber Uigure, also praktisch in der Gobi daheim. Die ihm ursprünglich anvertraute Aufgabe, hinter den Kulissen daran mitzuwirken, »Taiwan heimzuholen«, wurde über Nacht als zweitrangig eingestuft. Die überfällige Invasion der seit Generationen abtrünnigen Insel konnte auch ohne ihn stattfinden. Idealerweise ging sie sogar in der globalen Aufregung um die Außerirdischen unter. Falls sich die Weltlage verkomplizierte, würde die Annektierung Taiwans eben noch etwas länger aufgeschoben werden.
Bai Jun gefiel diese Entwicklung keineswegs. Er war vom Berater mit Sonderstatus zum Frontkommandanten aufgerückt. Wie misslich!
Freilich auch interessant – aber der Satz »Mögest du in interessanten Zeiten leben« galt in China nach wie vor als Fluch.
General Bai Jun, dessen Name »Weiße Armee« bedeutete, schwenkte das Weinglas, roch daran, nahm einen Schluck, zelebrierte den Moment,
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