Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Melvin schluckte, fuhr sich mit den dünnen Fingern über den kahlen Kopf. „Alarmstufe eins... warum?“ brachte er endlich hervor, und Jack Mason, der Mann in London, höhnte: „Hat es dir die Sprache verschlagen?“
„Ist was passiert?“ Melvin tastete nach seinem Medikament gegen Angst, Kopfschmerzen, Hunger, Beklemmung, Nervosität, Schlaflosigkeit, Verlegenheit, Dummheit und Langeweile — der Zigarettenschachtel.
„Ja, Joe, Charly hatte recht.“ Melvin starrte auf den übervollen Aschenbecher und versuchte herauszufinden, womit Charly recht gehabt haben könnte. Als es ihm nicht gelang, wiederholte er: „Charly hatte recht?“
„Ja!“
„Womit hatte Charly recht?“
„Mit diesem komischen Fotografen.“
„Arling?“
„Er heißt nicht Arling...“
Melvin fühlte sich wieder besser. Die Wirkung des Schocks ließ nach, verflog, machte neuem Mut und neuer Hoffnung Platz.
„Woher willst du wissen, daß er nicht Arling heißt?“ Joe Melvin hörte Jack Mason am anderen Ende der Leitung leise lachen. Merkwürdig, wie ihn dieses Lachen erleichterte. Wenn Mason lachte, konnte es ja nicht so schlimm sein... „Glaubst du an schicksalhafte Zufälle, Joe?“
„Nicht unbedingt.“
Wieder das Lachen aus London, dann: „So dachte ich auch immer, bis heute. Durch einen Zufall, wie es ihn wahrscheinlich nur alle hundert Jahre einmal gibt, bin ich draufgestoßen. Ich kauf mir am Patterson-Square in Hampstead eine Zeitung. Da hält plötzlich ein Auto, ein Mann steigt aus und betritt eine Telefonzelle. Du ahnst, wer dieser Mann war!“
„Arling!“
„Ja. Zweimal hat er telefoniert. Dann stieg er wieder ein, und ich erwischte“, Mason hob seine Stimme, „Zufall Nummer zwei — ein Taxi!“
Das wiederum war Joe Melvin zu hoch. „Wieso Taxi? Du hattest doch den Wagen dabei!“
„Sollte ich mit dem Kanarienvogel hinterherfahren? Nein, nein, nur mit einem Taxi konnte ich ihm unauffällig folgen. Und ich bin ihm gefolgt!“ Wieder das zufriedene, glucksende Lachen. „Bis nach Norwood bin ich ihm gefolgt.“
„Bis nach Norwood? Was macht Arling in Norwood?“
„Er wohnt dort, Joe Melvin, du großes Licht von einem Schnelldenker. Er wohnt in Norwood und heißt nicht Arling, sondern Perry Clifton. Sagt dir dieser Name etwas?“
„Nein!“ drückte Melvin wütend heraus.
„Mir auch nicht!“
„Vielleicht ist er aber wirklich nur ein harmloser Fotograf?“
Jack Mason schien seinen Vorrat an Freundlichkeit bereits wieder erschöpft zu haben. Zynisch kam seine Stimme durch den Draht: „Was du nicht sagst. Warum nennt sich dann dein harmloser Fotograf Arling und nicht Clifton? Warum behauptet er, aus Manchester zu kommen, wenn er doch in London wohnt? Hast du dafür auch eine plausible Erklärung?“
Joe Melvin schwieg und rieb knirschend seine Goldkronen aneinander. Mason fuhr fort: „Ich habe einen berufsmäßigen Schnüffler bestellt. Mal sehen, was dabei herauskommt. Ist Charly da?“
„Nein, Jack, er wollte zum Lehrer... du weißt ja...“Joe schwitzte plötzlich, doch Mason sagte diesmal nur: „Okay, Joe! Schärf ihm ein, daß er vorsichtig ist. Noch besteht zwar kein Grund zur Beunruhigung, doch ist es besser, sich auf den Standpunkt der Ärzte zu stellen: Vorbeugen ist besser als heilen!“
Es knackte in der Leitung, und ein feines Rauschen drang an Melvins Ohr. Wütend betrachtete er den Hörer und schleuderte ihn dann mit einem Fluch auf die Gabel. Verdammter Charly, verdammter Mason mit seiner Überheblichkeit, verdammter Job! Warum nur hatte er sich auf diese Geschichte eingelassen. Warum hatte er seinen relativ ruhigen Beruf als Scheck- und Paßfälscher aufgegeben...
Ein Lebenslauf für hundert Pfund
Es war genau 20 Uhr.
„Hallo, sind Sie Mister Mason?“ — „Ja!“
„Ich bin Sam Newton!“
Der Mann, der Jack Mason gegenüberstand, war mittelgroß und etwa fünfzig Jahre alt. Sein Anzug war ziemlich abgetragen, und dem dunkelgrauen Hut sah man die besseren Tage nicht mehr an. Der Mann hatte eine typische Boxernase, unter der sich eine riesige Warze breitmachte. Fast sah es aus, als hielte sie Wache vor den beiden Eingängen, aus denen ein Gestrüpp dunkler Haare hervorwucherte. War dieser Mann auf den ersten Blick unsympathisch, so versöhnten doch die dunkle, warme Stimme und die hellen, forschenden Augen, die von einem dichten Kranz kleiner und kleinster Fältchen umgeben waren.
Mason schien seine Musterung abgeschlossen zu haben. Man sah ihm nicht an, zu
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