Persische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
war, sie war doch nichts wert, wenn sie nicht genügend Vieh oder Geld mitbrachte, um einen Haushalt zu gründen. Und Shahira war schön – das hatte sie oft genug von Männern gehört, die versucht hatten, sie zu überreden, mit ihnen durchzubrennen. Doch das war nicht, was sie wollte. Tief in ihrem Innern hatte Shahira das Gefühl, dass sie auf etwas warten musste. Etwas Besonderes. Sie wusste nicht, woher dieses Wissen kam, aber sie war sich sicher. Deshalb machte sie sich kaum Sorgen, dass sie als alte Jungfer im Hause ihrer Eltern enden würde, die die beiden versorgte, wenn die Zeit dafür gekommen wäre.
»Shahira!«
Sie war wieder in Gedanken versunken. »Entschuldige, Kalir. Ich mache mir wirklich Sorgen deswegen«, log sie. »Es gibt immer noch keinen Mann, der um meine Hand anhalten will, und …«
»Dafür habe ich endlich jemanden gefunden!«, unterbrach Kalir sie mit breitem Strahlen, das ihre Grübchen vertiefte. Shahira hob überrascht eine Augenbraue. Sie und Kalir waren die letzten ledigen Mädchen im Dorf. Alle anderen außer ihnen waren schon verheiratet.
»Wen?!«
»Anousch«, triumphierte ihre Freundin, und Shahiras Augenbraue wanderte höher. Ausgerechnet der Sohn des reichsten Mannes im Ort hatte sich für Kalir entschieden? Shahira unterdrückte ein Schaudern, als sie an den großen, dürren Mann dachte. Sie konnte sich nur zu gut an den Abend erinnern, an dem er über den Durst getrunken hatte und sie auf ihrem Weg vom Brunnen nach Hause abgefangen hatte. Sein Atem hatte nach abgestandenem Wein gestunken, und er hatte die Hand unter ihr Kleid geschoben, wobei er gelallt und von seinem Geld geredet hatte. Nur mit Mühe hatte Shahira ihn damals abwehren können. Seitdem ging sie Anousch aus dem Weg.
»Dann … dann wünsche ich euch beiden alles Glück dieser Welt«, sagte sie und ging vor.
»Was ist denn?«, fragte Kalir verwirrt und beeilte sich, ihr zu folgen. »Freust du dich nicht?«
Shahira verlangsamte ihren Schritt nicht und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Doch«, sagte sie schließlich. »Ich freue mich für euch.«
»Nein, tust du nicht«, behauptete Kalir, und ihre Mundwinkel verzogen sich. »Du bist neidisch, deswegen schaust du so sauertöpfisch drein.«
Entschieden schüttelte Shahira den Kopf. Wie sollte sie ihrer Freundin begreiflich machen, dass sie eher verwundert war und sich Sorgen um sie machte, ohne dabei wie eine neidvolle abgewiesene Frau zu wirken? Es lohnte sich nicht einmal, es zu versuchen. »Ich freue mich wirklich für dich«, bekräftigte Shahira und blieb stehen, um Kalir ins Gesicht sehen zu können. »Ich musste nur daran denken, dass mir noch niemand die Ehe angeboten hat. Doch das soll dein Glück nicht trüben.«
Kalir schmollte noch etwas, doch bald hatte sie sich wieder beruhigt. Sie begann von den Hochzeitsvorbereitungen zu reden und wie Anousch und sein Vater in ihr Haus gekommen waren, um die Ehe zu besprechen und dann zu besiegeln.
Shahira hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Würde sie jemals heiraten? Und wenn ja, was dann? Ein Haus am Rande des Dorfes, einige Kinder, die gleiche Arbeit, die sie auch im Haus ihrer Eltern verrichtete. War das alles? Würde ihr das reichen?
Sie sah zu Boden, während sie weiter zurück zum Dorf gingen. Und was wäre mit den Nächten? Was, wenn ihr Djinn zurückkommen würde?
Shahira biss sich auf die Lippen. Ihr Djinn? Wann hatte sie begonnen, ihn so zu nennen? Er war ein Nachtgeist, ein Schatten, den sie nicht einfangen konnte, und sie sollte dankbar sein, dass er sie nicht mehr nachts heimsuchte.
»Shhh.« Kalir hielt Shahira am Arm fest.
»Was ist denn?«
Kalir antwortete nicht, sondern deutete mit den Augen auf einen Punkt, irgendwo hinter den Hibiskusbüschen. Shahira wusste erst nicht, was ihre Freundin meinte, bis sie durch einen Spalt zwischen den Blättern hindurchsehen konnte. Dort befand sich das große Wasserbecken, in dem es immer einen Vorrat für das Bewässerungssystem der Gärten gab. Die Jungen und jungen Männer des Dorfes nutzten das Bassin aber auch gerne zum Baden und Planschen. So wie heute auch.
Fünf Männer lachten, sprangen nackt vom Rand des Beckens und riefen sich schmutzige Witze zu. Shahira spürte Röte ihre Wangen hinaufkriechen, doch Kalir hatte weniger Hemmungen. »Komm, schauen wir uns das aus der Nähe an«, forderte sie Shahira auf. Bevor diese protestieren konnte, hatte Kalir ihr den Krug abgenommen und mitsamt ihrem eigenen unter den Büschen versteckt.
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