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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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räumlicher Aufmerksamkeit und Perspektivwechsel. Im Scheitellappen sind unser Körperschema und die Verortung unseres Körpers im Raum lokalisiert; auch trägt er zur Planung, Vorbereitung und Steuerung von Greif- und Augenbewegungen bei. Der obere und mittlere Schläfenlappen umfasst komplexe auditorische Wahrnehmung einschließlich Sprache. Der untere Schläfenlappen und der Übergang zwischen Scheitel-, Schläfen- und Hinterhauptslappen sind wichtig für komplexe visuelle Informationsverarbeitung nichträumlicher Art, für das Erfassen der Bedeutung und die korrekte Interpretation von Objekten, Gesichtern und Gesten sowie von ganzen Szenen.
    Der präfrontale Cortex (PFC, Abbildung 2) ist in seinem oberen, dorsolateralen Teil vornehmlich ausgerichtet auf das Erfassen von Ereignissen und Problemen in der Außenwelt, insbesondere hinsichtlich deren zeitlicher Reihenfolge und ihrer Bedeutung bzw. Lösung. Dort befindet sich auch das Arbeitsgedächtnis, über das wir noch mehr hören werden. Der orbitofrontale Cortex (OFC), der benachbarte ventromediale präfrontale Cortex (VMC) und der vordere (anteriore) cinguläre Cortex (ACC) haben demgegenüber zu tun mit Sozialverhalten, ethischen Überlegungen, divergentem Denken, Fehlererkennen, Risikoabschätzung, Gewinn- und Verlusterwartung, Einschätzung der Konsequenzen eigenen Verhaltens, Gefühlsleben und emotionaler Kontrolle des Verhaltens (Abbildung 3, 5).

Das limbische System
     
    Die genannten Gebiete des Neocortex sind für die konkreten Inhalte des Bewusstseins zuständig, also für die Details dessen, was wir sehen, hören und ertasten, aber auch für das, was wir uns vorstellen, erinnern, denken und planen, sowie für Informationen darüber, wer oder was wir sind und wo wir uns befinden. Ältere »limbische« Rindengebiete fügen Informationen über Geschmack, Geruch und Schmerz hinzu. Schmerz als ein besonderer Bewusstseins- und Erlebniszustand wird zum einen im schon erwähnten insulären Cortex verarbeitet, zum anderen aber auch im vorderen cingulären Cortex, der sich an den OFC und VMC anschließt.
    Der vordere cinguläre Cortex ist zugleich ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Neocortex und denjenigen Zentren, die zwar am Entstehen von Bewusstsein beteiligt sind, selbst aber völlig unbewusst arbeiten. Letztere Zentren bezeichnet man als »subcortical«, weil sie außerhalb und unterhalb des Cortex liegen. Hierzu gehören Zentren, die im Hirnstamm (Mittelhirn, Brücke und Verlängertes Mark) liegen und den Grad unserer Wachheit und Bewusstheit allgemein steuern; man bezeichnet sie als »retikuläre Formation« (dies bedeutet »netzartiges Gebilde«). Hinzu kommen solche Hirnzentren, die über Botenstoffe (Transmitter) wie Adrenalin und Noradrenalin für »Aufregung« in unserem Gehirn sorgen, wenn wir in bedrohliche oder sonst wie belastende Situationen geraten. Sprichwörtlich zum Glück gibt es als Gegenspieler im Hirnstamm ein kleines Zentrum, Locus coeruleus , der den Botenstoff Serotonin ausschüttet.
     
    Abbildung 5: Medianansicht (Längsschnitt entlang der Mittellinie) des menschlichen Gehirns mit den wichtigsten limbischen Zentren. Diese Zentren sind Orte der Entstehung von bewussten Gefühlen (orbitofrontaler Cortex, Gyrus cinguli/anteriorer cingulärer Cortex) und unbewussten positiven (Nucleus accumbens, ventrales tegmentales Areal) und negativen Gefühlen (Amygdala), der Gedächtnisorganisation (Hippocampus), der Aufmerksamkeits- und Bewusstseinssteuerung (Gyrus cinguli, basales Vorderhirn, Thalamus, Locus coeruleus, Raphe-Kerne) und der Kontrolle vegetativer Funktionen (Hypothalamus, Hypophyse). (Nach Spektrum/Scientific American, 1994, verändert.)  
     
     
    Diese und die im Zwischen- und Endhirn lokalisierten und überwiegend unbewusst arbeitenden Zentren fasst man zum »limbischen System« zusammen (Abbildung 5). Das limbische System hat ganz unterschiedliche Funktionen, die aber alle am unbewussten Entstehen und der Regulation von körperlichen Bedürfnissen, Affekten und Gefühlen beteiligt sind (vgl. Roth und Dicke, 2005). Wir wollen hier nur den Hypothalamus, die Amygdala und das mesolimbische System kurz besprechen. Auf die beiden Letzteren werden wir im Zusammenhang mit dem Entstehen von Gefühlen und Motiven noch genauer eingehen. Schließlich gehören im weiteren Sinne auch die Basalganglien hinzu, die uns zusammen mit Prozessen des Entscheidens und der Handlungssteuerung ausführlicher beschäftigen werden.
    Der

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