Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
Fortsetzung des Rückenmarks und der Ort des Ein- und Austritts der fünften bis zwölften Hirnnerven (die Hirnnerven eins bis vier enden im End-, Zwischen- und Mittelhirn), die das Gehirn mit dem größten Teil des Körpers eng verbinden. Das Verlängerte Mark enthält die bereits erwähnte retikuläre Formation (lateinisch Formatio reticularis ). Diese Struktur zieht sich vom Verlängerten Mark über die Brücke bis zum vorderen Mittelhirn und spielt eine entscheidende Rolle bei lebenswichtigen Körperfunktionen wie Schlafen und Wachen, Blutkreislauf und Atmung sowie bei Erregungs-, Aufmerksamkeits- und Bewusstseinszuständen. Entsprechend tritt unwiderruflich der Hirntod ein, wenn Teile dieser Struktur zerstört sind. In der retikulären Formation finden sich u. a. der Locus coeruleus als Produktionsort des Neurotransmitters/Neuromodulators Noradrenalin und ganz an der Mittellinie des Gehirns die Raphe-Kerne als Produktionsort des Neurotransmitters/Neuromodulators Serotonin (vgl. Abbildung 5). Von beiden wird noch zu sprechen sein.
Auf die verschiedenen Funktionen des Gehirns wird in den späteren Kapiteln ausführlicher eingegangen. Im Augenblick genügt es festzustellen, dass das Gehirn sechs Hauptfunktionen hat. Die erste und wichtigste Hauptfunktion des Gehirns besteht darin, den Körper und damit sich selbst (das Gehirn ist ja ein Organ des Körpers) am Leben zu erhalten, d. h. die lebenswichtigen Organe und Funktionen zu steuern (die zum Teil aber auch selbsttätig, »autonom«, ablaufen können), nämlich den Körper zu bewegen und ihn so mit Nahrung zu versorgen und vor Feinden und sonstigen Gefahren zu schützen. Dies wird von Teilen des limbischen Systems (vornehmlich vom Hypothalamus, Teilen der Amygdala, der retikulären Formation und der vegetativen Zentren des Hirnstamms) geleistet. Die beiden mit dieser Lebenserhaltung eng verbundenen weiteren Funktionen sind die Wahrnehmung (Sensorik) und die Bewegungssteuerung (Motorik), die in den sensorischen und motorischen Gebieten des Gehirns einschließlich der entsprechenden Cortex-Areale ablaufen. Eine vierte Funktion ist die emotionale Bewertung und Verhaltenssteuerung, die das limbische System mit seinen subcorticalen und corticalen Anteilen (Hypothalamus, Amygdala, mesolimbisches System, orbitofrontaler, ventromedialer, anteriorer cingulärer und insulärer Cortex) leistet. Hier wird überprüft, welche Konsequenzen die Sinneswahrnehmungen und Verhaltenweisen hatten, d. h. was davon positiv und was negativ war und entsprechend wiederholt oder vermieden werden soll. Die fünfte Funktion ist die kognitive Bewertung im Denken, Vorstellen und Erinnern, in der entsprechenden Verhaltens-steuerung und in der Kommunikation, d. h. der Sprache. Diese Funktionen laufen überwiegend in der Großhirnrinde und dort wiederum überwiegend in der linken Hemisphäre in Zusammenarbeit mit dem Hippocampus und Teilen des Thalamus ab. Die sechste Funktion besteht in der Handlungsplanung und -vorbereitung, d. h. im so genannten exekutiven System, das Teile des hinteren parietalen, des präfrontalen und prä-supplementärmotorischen Cortex, die Basalganglien und das Kleinhirn umfasst (darüber werden wir in Kapitel 7 mehr erfahren).
Diese sechs Teile sind aufs Engste miteinander verbunden: Prozesse der Wahrnehmung werden parallel vom kognitiven System und vom limbischen System verarbeitet, und zwar unter intensiver Nutzung von Inhalten des kognitiven und des emotionalen Gedächtnisses, und die Resultate dieser Verarbeitung werden zum einen im Gedächtnis neu abgelegt und zum anderen in das exekutive und das motorische System geleitet, das dann die eigentlichen Verhaltensweisen steuert. Dies wiederum führt zu neuen Wahrnehmungen und neuen kognitiven und emotionalen Bewertungen, zu neuen Gedächtnisinhalten und zu neuem Verhalten und so fort. Dies alles hat erst einmal den individuellen Zweck, dass wir am Leben bleiben, und den überindividuellen Zweck, dass wir in die Lage versetzt werden, uns fortzupflanzen, damit Menschen geboren werden, die dann dasselbe tun (über den Sinn hinter diesen Abläufen wollen wir hier nicht sprechen). Welche fantastischen Dinge die Menschen auch immer tun, sie sind alle direkt oder indirekt in diesen Kreislauf eingebettet.
Die Bausteine des Gehirns
Das Gehirn besteht aus Nervenzellen, Neurone genannt (Abbildung 6), 50 bis 100 Milliarden an der Zahl, und mindestens der doppelten Zahl an Stütz-, Hilfs- und Ernährungszellen,
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