Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
Gliazellen genannt. Nervenzellen sind umgewandelte Körperzellen, die spezielle Eigenschaften im Dienst der Verarbeitung hirneigener elektrischer und chemischer Signale haben. Diese Signale erhalten die Nervenzellen über Sinnesorgane (Auge, Ohr, Haut usw., aber auch Körperorgane) und geben sie über Muskeln, Haut und Drüsen wieder ab (als Bewegung oder externe Körpersignale, aber auch als Veränderungen von körperinternen
Funktionen). Zu diesem Zweck sind die Nervenzellen eine Art von Mini-Batterien und elektrischen Schaltkreisen, die elektrische Signale aufnehmen, verändern und wieder abgeben, sie sind aber auch Produzenten und Verarbeiter von chemischen Kommunikationssignalen, Neurotransmitter, Neuropeptide und Neurohormone genannt. Das Gehirn ist also ein System der miteinander verwobenen elektrischen und chemischen Informationsverarbeitung, wobei die elektrische Informationsverarbeitung die schnelle und einfache, die chemische die langsame und komplexe ist.
Abbildung 6: Aufbau einer idealisierten Nervenzelle (Pyramidenzelle der Großhirnrinde). Die apikalen und basalen Dendriten dienen der Erregungsaufnahme, das Axon ist mit der Erregungsweitergabe an andere Zellen (Nervenzellen, Muskelzellen usw.) befasst. Links vergrößert drei verschiedene Synapsentypen: oben eine erregende Synapse, die an einem »Dorn« eines Dendriten ansetzt (»Dornsynapse«); in der Mitte eine erregende Synapse, die direkt am Hauptdendriten ansetzt; unten eine hemmende Synapse, die am Zellkörper ansetzt. Aus Roth, 2003.
Nervenzellen besitzen »Eingangsstrukturen«, Dendriten genannt, über die sie im Regelfall Erregungen aufnehmen, und »Ausgangsstrukturen«, die aus meist langen und dünnen Nervenfasern, Axone genannt, bestehen. Kontakte zwischen Nervenzellen finden über Synapsen statt (vgl. Abbildung 6). Diese sind meist winzig kleine Endverdickungen der Axone und setzen an den Dendriten und Zellkörpern, gelegentlich auch an den Axonen anderer Nervenzellen an. Jede Nervenzelle ist über Synapsen mit Tausenden anderer Nervenzellen verbunden – in der Großhirnrinde sind es schätzungsweise zwanzigtausend. Synapsen können entweder rein elektrisch oder kombiniert elektrisch-chemisch funktionieren. Im einfachsten Fall geben sie ein von einer Zelle kommendes Signal unverändert an die nachgeordneten Zellen weiter. In vielen Fällen ändern die Synapsen dabei aber ihre Übertragungseigenschaften, d. h. sie schwächen die Signale ab oder verstärken sie, lassen die einen durch und blockieren die anderen (sie haben also Verstärker- und Filtereigenschaften). Unter bestimmten Umständen verändert sich die Verknüpfungsstruktur in denjenigen Netzwerken, die Nervenzellen miteinander bilden, und diese Vorgänge verändern die Funktion der Netzwerke, sei es bei der Wahrnehmung, beim Denken, bei der Gedächtnisbildung, bei Gefühlen oder bei der Handlungs- und Bewegungssteuerung.
Die chemischen Synapsen sind die wesentliche Grundlage der überaus komplizierten Erregungs- bzw. Informationsverarbeitung im Gehirn. An der chemischen Synapse wird ein einlaufendes elektrisches Signal, das Aktionspotenzial , oder eine ganze Salve davon in ein chemisches Signal umgewandelt, das dann durch einen winzigen Spalt hin zum nachgeschalteten Neuron wandert. Es erregt auf chemische Weise dieses Neuron, und es entsteht schließlich wieder ein elektrisches Signal, das (falls es erregend ist) über den Zellkörper des Neurons und sein Axon wieder zum nächsten Neuron wandert. Diese chemische Signalübertragung geht sehr schnell, d. h. in weniger als einem Tausendstel einer Sekunde, und wird durch neuronale Botenstoffe, Transmitter , bewirkt. Bekannte »schnelle« Transmitter sind Glutamat, Gamma-Amino-Buttersäure (abgekürzt GABA) und Glycin. Daneben gibt es so genannte neuromodulatorische Transmitter, die langsamer arbeiten und die Arbeit der schnellen Transmitter beeinflussen, d. h. modulieren. Hierzu gehören Noradrenalin (wird im Locus coeruleus gebildet), Dopamin (wird im ventralen tegmentalen Areal und in der Substantia nigra gebildet), Serotonin (wird in den Raphe-Kernen gebildet) und Acetylcholin (wird im basalen Vorderhirn gebildet). Über diese Transmitter hinaus gibt es weitere wichtige chemische Überträgersubstanzen, Neuropeptide und Neurohormone genannt, auf die ich noch zu sprechen komme.
Gehirnentwicklung
Am Anfang seiner Entwicklung ist das embryonale menschliche Zentralnervensystem (d. h. Gehirn und
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