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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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ein Etikett, das sich an unterschiedliche Bewusstseinsoperationen anheftet: »das bin ich , der dies oder jenes gerade denkt, fühlt oder tut«, wobei dieses Ich-Bündel im Wesentlichen durch das autobiographische Gedächtnis erzeugt wird. Dies wiederum geht nach dem bekannten gestaltpsychologischen Prinzip des »gemeinsamen Schicksals« vor: Alles bildet eine »Gestalt«, was unter den verschiedensten Bedingungen eine Einheit, etwas mit einem gemeinsamen Schicksal bildet. In der Tat: Was auch immer mit mir passiert, es handelt sich um einen ganz bestimmten – nämlich meinen – Körper, der in einer individuellen Weise wahrnimmt, denkt, fühlt und handelt. Schließlich gibt es auch einen wichtigen psychosozialen Grund für das Entstehen des Ich: Wir werden von unserer Mutter, unseren anderen Familienangehörigen, Freunden, Schulkameraden als ein Individuum , eine »ungeteilte Einheit« behandelt und angeredet, und zwar mit einem Du, das jeweils mit einem Ich korrespondiert. So lernen wir uns selbst als eine Einheit zu betrachten und zu benennen.
    Das Ich ist also eine Gestalt , eine Vielheit mit einem gemeinsamen Schicksal , und diese Gestalt ist dynamisch , nicht statisch. Das Ich wandelt sich und erzeugt zugleich ein Kontinuum, und nur bestimmte Erkrankungen des Gehirns oder der Psyche (die letztlich auch auf Gehirnerkrankungen zurückgehen) können dieses Kontinuum zerstören.
     
    Abbildung 7: Die Zuordnung von Ich-Zuständen und Arealen der Großhirnrinde. Die Zahlen geben die Einteilung in cytoarchitektonische Felder nach K. Brodmann an. Abkürzungen: AEF vorderes Augenfeld; BSC Broca-Sprachzentrum; FEF frontales Augenfeld; ITC inferotemporaler Cortex; MC motorischer Cortex; OC occipitaler Cortex (Hinterhauptslappen); OFC orbitofrontaler Cortex; PFC präfrontaler Cortex (Stirnlappen); PMC dorsolateraler prämotorischer Cortex; PPC posteriorer parietaler Cortex; SSC somatosensorischer Cortex; TC temporaler Cortex (Schläfenlappen); WSC Wernicke-Sprachzentrum. Weitere Erläuterungen im Text.  
     
     
    In Abbildung 7 ist dargestellt, wie unterschiedliche bewusste Ich-Zustände mit bestimmten Großhirnarealen zusammenhängen. Das Körper-Ich und das Verortungs-Ich haben vornehmlich mit Aktivität im hinteren bzw. unteren Parietallappen zu tun. Wir erinnern uns, dass dieser Cortex-Teil wesentlich mit Raum- und Körperwahrnehmung zu tun hat. Das Ich als vorstellende Instanz ist eine Funktion ebenfalls von Arealen im Parietallappen und dazu im Temporallappen, je nachdem, ob es sich um räumliche oder bildliche Vorstellungen handelt oder eine Kombination davon. Das Ich als Träger von Emotionen ist gebunden an Aktivitäten im orbitofrontalen, ventromedialen, anterioren cingulären und insulären Cortex und im rechten unteren Temporallappen, und zwar im Zusammenwirken mit der Amygdala und anderen subcorticalen limbischen Zentren. Das Autorschafts- und Zurechnungs-Ich hat mit Aktivitäten im cingulären Cortex und im supplementär-motorischen Areal zu tun. Das autobiographische Ich entsteht aufgrund von Aktivität im vorderen Pol des Temporallappens im Zusammenwirken mit dem Hippocampus. Das reflexive Ich ist eine Funktion des präfrontalen Cortex, und das ethische Ich, das Gewissen , ist gebunden an Funktionen des orbitofrontalen und ventromedialen präfrontalen Cortex. Allgemein gilt, dass emotionale Ich-Zustände eher rechtshemisphärisch, kognitive und sprachvermittelte Komponenten eher linkshemisphärisch angesiedelt sind.

Bewusstsein
     
    Bisher ist vom Ich als einem Bewusstseinszustand die Rede gewesen. Was aber ist Bewusstsein? Über diese Frage haben Menschen seit Jahrtausenden nachgedacht, ohne dass heutzutage bereits Einvernehmen unter den Wissenschaftlern und Philosophen herrschte. Noch rätselhafter ist das Unbewusste: Sein Einfluss auf unsere geistigen und psychischen Tätigkeiten wurde von manchen Psychologen bis vor wenigen Jahrzehnten schlicht geleugnet. Wie verhält es sich denn überhaupt mit der Beziehung von Bewusstem und Unbewusstem? Warum gibt es Bewusstsein, wenn doch das Meiste unbewusst abläuft? Und warum ist das Unbewusste uns nicht bewusst?
    Bewusstsein ist genauso wie das Ich ein Bündel inhaltlich sehr verschiedener Zustände, die nur das eine gemeinsam haben, dass sie bewusst erlebt und im Prinzip sprachlich berichtet werden können. Ich selbst bin mir – wie der berühmte französische Philosoph René Descartes es formulierte – in diesem Augenblick gewiss, dass ich als bewusstes

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