Personal Power
Krankheit zu erkennen, sollten wir nach ihrer Bedeutung fragen. Und das möchte ich Ihnen an einem Beispiel erklären: Ein Student der Kunstgeschichte möchte mehr über die Bedeutung eines Gemäldes von Rembrandt erfahren. Und so analysiert er die Leinwand, die Farben, die Art und Beschaffenheit des Rahmenholzes, die feinen Risse, die sich durchs Gemälde ziehen usw. Er arbeitet sehr exakt und kann anschließend eine hieb- und stichfeste Analyse vorweisen. Aber ist er damit der Bedeutung des Gemäldes nähergekommen? Nein, er hat nur die Form untersucht, er ist der Bedeutung damit keinen Schritt nähergekommen. Denn die Aussage des Malers, den Inhalt des Bildes, die Bedeutung hat er durch die Analyse nicht verstanden.
Das wird Ihnen wahrscheinlich klar sein. Aber eigenartigerweise achten wir bei den Krankheiten auf die Form und nicht auf den Inhalt. Die Form, das Symptom, wird bekämpft, es steht im Vordergrund. Und wenn es gelungen ist, das Symptom und sein Auftreten zu verhindern, gilt der Mensch als geheilt. Dabei hat die Krankheit, die uns eigentlich auf etwas aufmerksam machen will, ihre Bedeutung verloren. Aber unser Körper ist ein gewissenhafter Botschafter der Seele, und ein neues Symptom wird immer wieder zum Ausdruck bringen, was uns eigentlich fehlt.
Es ist der Geist, der sich den Körper baut
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Friedrich von Schiller
Wenn Sie einen Arzt aufsuchen, weil es Ihnen nicht gut geht, stellt er Ihnen wahrscheinlich zuerst die höfliche Frage: “Wie geht es Ihnen?” Natürlich geht es Ihnen nicht gut, denn sonst wären Sie wohl kaum dort. Dann folgt meist die Frage: “Was haben Sie denn?” Die können Sie natürlich sofort beantworten: “Ich habe Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen.” Es soll aber noch Ärzte geben, die tatsächlich fragen: “Was fehlt Ihnen?” Die Frage ist genau die richtige, doch Sie können darauf nur antworten: “Ach, ich weiß nicht, meine Nieren tun immer weh.” Natürlich wissen Sie nicht, was Ihnen fehlt. Sie können nicht wissen, was Ihnen fehlt, weil es nicht in Ihrem Bewußtsein ist. Aber Sie können das Symptom ernst nehmen, und zwar so ernst, daß Sie sich stören lassen, in Ihrem täglichen Leben innehalten und sich mit dem Symptom auseinandersetzen: Was will es mir denn sagen, was ist nicht in Ordnung in mir? Welches Problem habe ich übersehen und welchen Konflikt nicht gelöst? Erkennen Sie in dem Symptom einen guten Freund, der Ihnen hilft, den Lebensweg zu korrigieren.
So, nun haben wir der Natur erst einmal tief genug in die Schachtel geschaut. Denn vielleicht möchten Sie nicht unbedingt darauf warten, daß ein Symptom Sie auf einen Schattenanteil aufmerksam macht.Das brauchen Sie auch nicht, denn es gibt genügend Menschen, die Ihnen sehr gut aufzeigen können, was Ihnen fehlt.
Dazu gibt es eine schöne Parallele: Sie schauen morgens in den Spiegel und stellen fest, daß Sie dieses brummige Gesicht, das Ihnen da entgegenblickt, nicht mögen. Nun können Sie natürlich ebenso brummig zurückblicken. Doch die Folge wird sein, daß Ihr Gegenüber noch brummiger wird. Das ganze können Sie so weit steigern, bis Sie ungeheuer wütend werden und in den Spiegel schlagen, was Sie natürlich nicht tun werden. Denn Sie wissen, daß der Spiegel nur das Abbild Ihres eigenen Gesichts zeigt. Haben Sie jemals in den Spiegel geschaut, um Ihre Handinnenfläche zu betrachten?
Nicht der äußere Mensch, sondern der innere hat Spiegel nötig. Man kann sich nicht anders sehen als im Auge eines fremden Sehers
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Jean Paul
Sehr wahrscheinlich nicht. Sie werden nur in den Spiegel schauen, wenn Sie etwas von sich selbst sehen wollen, was Sie so nicht sehen können. Sie sind ja kein Kanarienvogel im Käfig, der mit seinem Schnabel gegen einen kleinen Spiegel hackt, weil er glaubt, daß hinter dem Spiegel ein anderer Vogel sei.
Aber wie sieht es auf der psychischen Ebene aus? Wer bietet Ihnen hier den Spiegel und reflektiert all die Dinge, die Sie in Ihrem Leben ablehnen? Wer zeigt Ihnen, was Sie an sich selbst nicht sehen können?
Nun, das können all die Menschen sein, mit denen Sie tagtäglich umgehen. Diese Menschen zeigen Ihnen die Polaritäten, die Sie für sich ablehnen. Und das kann Sie in Sekundenbruchteilen auf 100 bringen. Sie wissen doch sicher auch ganz genau, was Sie tun können, um Ihren Partner auf 100 zu bringen. Meist sind es nur wenige Worte, oder es reicht eine kleine Geste.
Wenn Sie ein kooperativer Mensch sind, lehnen Sie wahrscheinlich den
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