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Perth

Perth

Titel: Perth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Martin
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denen sich heulende, bellende, knurrende und aufsässige Hunde aller Arten und Rassen befanden. Es war wie im Irrenhaus. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Wo waren ihr Herrchen und ihr Frauchen? Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis wir sie aus dieser Hölle befreiten, dachte sie wahrscheinlich. Aber es wurde Nacht, und bald kam der nächste Morgen und noch immer gab es keine Spur von uns.
    Wir waren immer noch in Boston, warteten auf unseren Flug, der in ein paar Tagen ging, und wussten nichts von ihrem kümmerlichen Dasein im Käfig. Wenn wir an den langen Aufenthalt in einem Zwinger in England dachten, stellten wir uns eine Art Hundehotel vor und kein Hochsicherheits-Tiergefängnis. Abgesehen von dem schrecklichen Gedanken, dass Perth sechs Monate in einem Zwinger verbringen musste, grübelten wir nicht weiter darüber nach, wie man sie dort behandeln würde. Es war paradox: Vor einem Jahr saßen wir in England fest und grämten uns, weil Perth im Hinterland von Vermont verschwunden war; jetzt saßen wir in Boston fest, und sie war wer weiß wo in England eingesperrt. Jedes Paradies hat seine unschöne Gegenseite, und Perth hatte sie in England innerhalb von einer Stunde erfahren.
    Endlich kam unser Abreisetag. Wir bestiegen das Flugzeug und flogen in die Alte Welt, die für uns die schöne Neue Welt war. Acht Stunden später kamen wir in London an. Nach weiteren vier Stunden waren wir in West Sussex, achtzig Kilometer südlich von London. Glücklicherweise sah ich in der Zeitung, die ich am Flughafen kaufte, eine Annonce über ein modernes Cottage, das ab sofort zu vermieten war. Es befand sich in dem kleinen Ort Bury , nicht weit von Arundel entfernt. Außerdem sahen wir einen alten VW-Käfer, der beim Flughafen geparkt war. An der Windschutzscheibe klebte ein Schild, auf dem »zu verkaufen« stand. Ein holländischer Hippie mit durchgescheuerten Klamotten lehnte dagegen. Nach einigen Verhandlungen kauften wir ihm das Auto ab — er griff hastig nach dem Geld — , luden unser Gepäck ein und fuhren auf dem schnellsten Weg nach Bury .
    Das Cottage war perfekt für uns, modern, aber geschmackvoll und malerisch, mit einem kleinen Garten und dem grünsten Gras, das man sich vorstellen kann. Ich warf einen Blick in die Garage und entdeckte zahlreiche Gartenwerkzeuge; manche Ausführungen hatte ich noch nie gesehen. Der Ort war wundervoll, es war der Inbegriff eines englischen Dorfes und sah aus wie aus dem Bilderbuch. Nach unserer zwölfstündigen Reise waren wir müde, aber nachdem wir unser Gepäck ausgeladen hatten, zogen wir die Landkarte heraus, machten Alton ausfindig, sprangen in unseren Käfer und fuhren westwärts. Der August in England war dieses Jahr wunderbar trocken und warm, und die gewundene Straße nach Hampshire, auf der wir an diesem klaren sonnigen Nachmittag durch die Landschaft fuhren, verschlug uns den Atem.
    »Wie aufregend«, jubelte Cindy. »Hier sind wir nun in England, die perfekten Auswanderer, reisen durch diese himmlische Landschaft und werden bald Perth sehen !« Für uns, die wir seit Jahren davon geschwärmt hatten, war die Landschaft so, wie wir sie uns nur wünschen konnten. Ein über alle Maßen üppiges Feld folgte dem anderen in einer endlosen Abfolge herrlicher Bilder. Steinmauern, ordentlich gestutzte Hecken — es war eine Zeit, in der Farmer und Gemeindeverwaltungen sie noch gewissenhaft schnitten und schützten — , saubere Straßen, entzückende reet- oder schiefergedeckte Steincottages , malerische Wäldchen, sanftes Gemeindeland, hin und wieder ein Landhaus, das sich inmitten ausgedehnter, alter Ländereien befand, und herrlich einladende Pubs erschufen Eindrücke, die offensichtlich von einer Gesellschaft erschaffen waren, die das Land achtete. Diese Landschaft wurde eindeutig geliebt. Es war eine Fortführung der englischen Identität. Alles war in einem menschlichen Maß geschaffen, ohne aufdringliche Reklametafeln und wuchernde Siedlungen, die an jeder Biegung von gierigen Investoren, die auf das schnelle Geld aus waren, hochgezogen wurden. Außerdem war das Land so zugänglich. Überall waren zahlreiche einladende Wege und Pfade zu sehen.
    Wir hatten keine Ahnung, was uns im Zwinger erwartete. Er lag inmitten einiger Birken, neben der Straße. Das Erste, was wir bemerkten, war der unglaubliche Lärm der Hunde. Es war ein panisches, wildes Toben. In dem kleinen Büro trafen wir einen Mann an, der bestätigte, dass Perth angekommen war und dass wir sie sofort

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