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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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schluckte, gab aber keinen Kommentar.
    »Das hättest du uns vorher sagen können«, ließ sich Gunhild vernehmen.
    »Ja«, meinte Laurion nur. Der junge Lios-alf schien nicht im Mindesten beleidigt zu sein. »Hier gibt es so etwas wie wirkliche Sicherheit nicht. Es gibt nur unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten, zu Tode zu kommen. Oder zu überleben.«
    Gunhild sah Laurion fest an. Es war ihr anzusehen, dass sie nach-dachte. Siggi kam mehr und mehr zu der Überzeugung, dass mit seiner Schwester irgendetwas vorgehen müsse. Eigentlich müssten jetzt nämlich, ohne dass sie lang überlegte, die Einwände nur so aus ihr heraussprudeln; denn Gunhild war diejenige, die immer un-aufgefordert ihre Meinung sagte, so wie sie sich spontan in jedes Abenteuer stürzte. Sie schien ihre Unbekümmertheit im Umgang mit anderen und der Gefahr zu verlieren. Aber was gewann sie?
    Siggi beschloss, dass auch diese Frage nicht zu beantworten war, wie so viele Fragen, die sich ihm gestellt hatten, seit sie um den Brunnen getanzt waren. Aber er war sich sicher, die Antwort auf seine Fragen würde allein die Zeit geben.
    »Also weiter«, unterbrach Laurion Siggis Gedanken. »Und vergesst nicht, was ich euch gesagt habe. Vergesst es keinen Augenblick lang.«
    Schon nach wenigen Metern gingen sie gebückt, und nur ein zwei Schritte später krochen sie auf den Knien vorwärts. Siggi befürchtete, der Gang könnte noch niedriger werden und sie müssten auf dem Bauch rutschen wie Seehunde.
    Seine schlimmsten Befürchtung wurden nur wenige Meter später zur Gewissheit. Der Stollen verengte sich so weit, dass der Lios-alf und die beiden Kinder auf den Bauch voranrobbten.
    Siggi warf einen Blick an die Decke. Über ihm waren Millionen Tonnen Fels, und was war, wenn er mit den Schulter eine mürbe Stelle streifte? Er hatte keine Chance zu fliehen. Er konnte nie und nimmer schnell genug sein, um den herabstürzenden Felsmassen zu entkommen.
    Siggi erkannte, dass der Tunnel, durch den sie krochen, immer enger wurde und der schlanke Laurion vor ihm den Gang fast völlig ausfüllte. Der Junge spürte die kalten Wände an seinen Ellenbo-gen. Er wagte kaum zu atmen, und als er versuchte hochzusehen, streifte sein Blondschopf die Decke. Sofort senkte er den Kopf.
    Ein kalter Hauch schien das Blut in seinen Adern gefrieren zu lassen; seine Muskeln zitterten, versagten ihm den Dienst. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals und ließ sich nicht herunterschlucken.
    Der kalte Schweiß brach ihm aus.

    Er versuchte an den Hammer und den Ring zu kommen, aber die Stelle war zu eng, und weder das eine noch das andere konnte er berühren, um die benötigte Sicherheit zu erlangen.
    »He, Siggi, was ist?«, fragte Gunhild leise aber bestimmt hinter ihm. Sie folgte ihm dichtauf.
    »Nichts«, gab er zurück, aber selbst ihm schien seine Stimme krächzend zu klingen. »Gar nichts.«
    »Bleib ruhig«, kam die beruhigende Stimme Laurion von vorn.
    »Es ist nicht mehr weit.«
    »Ich … kann nicht…«, kam es stockend über Siggis Lippen, »mehr weiter.«
    »Du kannst!«, munterte ihn Gunhild auf.
    »Komm, Siggi«, sagte Laurion. »Du bist Drudgelmir entkommen.
    Erinnere dich! Jetzt wird dich doch das hier nicht aufhalten können!«
    Vor Siggis innerem Augen entstand das Bild dieser Lawine aus flammenden, rauchenden Schlamm, er vermeinte das schmatzende Saugen, das zischende Fauchen der Flammen zu hören, roch den beißenden Qualm, spürte das faulige Wasser wieder an seinen Füßen, konnte all das wieder fühlen.
    Das hatte er überlebt, hatte dieses Monster überlebt, das wie ein riesiger, geistloser Organismus hinter ihnen her gekrochen war, überstanden.
    Nun durfte er hier nicht versagen!
    Siggi versuchte, wieder Herr über seinen vor Furcht erstarrten Körper zu werden, wollte weiter, aber seine Arme und Beine waren wie Watte.
    Hagen!
    Das Gesicht des Freundes erschien, und er schien Qualen zu leiden. Auf seinem Antlitz schien sich die Glut des Höllenfeuers zu spiegeln!
    Er musste weiter, musste ihm helfen, durfte Hagen nicht im Stich lassen, musste ihn aus den Krallen der finsteren, gesichtslosen Jäger befreien!
    Ein Muskel zuckte. Steine bewegten sich.
    Unendlich langsam zog Siggi sein Bein an und stieß sich ab. Ihm schien es, als wäre Minuten, gar Stunden der Erstarrung vergangen.
    »Gut, Siggi«, kam Gunhilds Stimme ganz leise von hinten.
    »Weiter«, murmelte Siggi selbst. Ihm steckte immer noch ein Kloß tief im Hals.
    Laurion bewegte sich weiter; und Siggi

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