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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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Swart-alfar legten sich in die Blasebälge; die Glut im Ofen fachte auf; das seltsame Material des Speeres, das eher an Holz als an Eisen erinnerte, veränderte die Farbe zu einem dunklen Rot. Die Runen, die bislang nur als vertiefte Schatten im Widerschein des Feuers sichtbar gewesen waren, schienen nun von innen zu glühen.
    Die erste Speerhälfte wurde auf den Amboss geworfen. Die Strahlen aus der Tiefe des Steins schossen empor, legten sich um den Schaft, als wollten sie ihn in die Tiefe ziehen, verwoben sich in ihn hinein. Und Siggi wusste plötzlich – er hätte selber nicht sagen können woher –, wobei es sich bei diesen leuchtenden Bändern handelte: Es waren die Lebensfäden der Götter und Menschen, welche die Nornen gewoben hatten, und die sich nun mit dem Speer des Schicksals verflochten.
    Der zweite Teil des Speeres wurde auf den Amboss geworfen, rot glühend wie der erste.
    Alberich stand wie ein Riese der Urzeit vor seinem Werk, in jeder Hand eine schwarze Zange; nichts Zwergenhaftes war mehr an ihm.
    Mit den schweren Zangen schob er die beiden Bruchstücke gegeneinander, bis sie einander fast berührten. Ein Lichtbogen sprang zwischen ihnen auf.
    Speer und Lichtschein ergaben die Form einer Rune.
    Thurs.
    Thors Rune!
    Das Donnergrollen war stärker geworden; sie mussten es jetzt einfach hören, dachte Siggi. Er spürte, dass die Luft wie mit Elektrizi-tät geladen war; die Härchen in seinem Nacken und auf seinen Armen stellten sich auf.
    »Such dir einen Hammer und schlag zu!«, befahl Alberich.
    »Ich habe einen Hammer!«, rief Siegfried, packte den Hammer der Asen, den er immer noch in der Hand hielt, und hielt ihn hoch empor. Er wusste nun, was er zu tun hatte. »Thor!«, schrie er.
    »Komm herbei! Dein Hammer ruft dich!«

    Ein Donnerschlag, der die Festen der Erde erzittern ließ. Unmittelbar gefolgt von einem Blitz, der über den Feuersee zuckte, sich in den Milliarden spiegelnder Flächen und Blasen erkalteter Lava brach und schließlich gebündelt auf dem höchsten Punkt zusam-mentraf: dem Hammer in Siggis Faust.
    Der Blitz durchfuhr Siggi von Kopf bis Fuß, doch er versengte ihn nicht; vielmehr schien der Junge zu wachsen, sich auszudehnen.
    Sein Brustkorb wölbte sich; seine Arme wurden stark und muskulös; rotblond flammendes Haar umwallte sein Haupt. Vor Alberich dem Zwergen stand Thor, der Donnergott, der seinen Hammer Mjölnir zum furchtbaren Schlag erhoben hielt.
    Und doch war es nicht Thor allein, sondern in dieser Gestalt war auch etwas von Siggi – von dem Helden, der in Siggi lebte und in Siegfried gelebt hatte, aber auch etwas von dem Midgard-Knaben, der so viel Mut brauchte, um seine eigene Angst zu bezwingen.
    Thors Hammer tat seinen ersten Schlag.
    Heißer als die Glut, die in der Erde brennt, ist die Kraft in den Herzen der Helden. Der blendende Blitz, der von dem Speer ausging, riss Siggi in einen Wirbel aus Licht. Und er ritt mit Thor in seinem von Böcken gezogenen Wagen über die Fluren von Asgard, watete durch die Ströme, die so seltsame Namen hatten wie Fim-bulthul, Örm und Ising. Denn Thor fuhr in das Reich der Riesen, um seinen Hammer heimzuholen, und das kam so: Eines Morgens war Thor erwacht und hatte seinen Hammer nicht vorgefunden. Weder Flüche noch Drohungen halfen, doch der Dieb gab sich bald zu erkennen. Es war kein anderer als Utgard-Loki, der König der Riesen, und als Lösegeld für Thors Hammer verlangte er nichts weniger als die Hand Freyas, der Göttin der Liebe.
    Odin rief sofort eine Ratsversammlung der Asen ein. Tyr und Njörd stimmten für einen bewaffneten Einmarsch, doch Odin sprach: »Ein Krieg gegen die Riesen würde uns teuer zu stehen kommen. Weiß niemand einen besseren Rat?« Da sagte Loki: »Lasst es uns deshalb mit einer List versuchen. Soll Thor als Frau verkleidet gen Jötunheim reisen und den Hammer als Brautgabe verlangen.« Dies sagte er nur, weil er Thor der Lächerlichkeit preisgeben wol te. Doch die anderen hießen den Plan gut, und so musste auch der Donnergott mit Zähneknirschen zustimmen.
    So reiste Thor zur Burg der Riesen, in wallenden Gewändern und mit Zorn im Herzen, und sprach sein Begehr. Darauf erwiderte der König der Riesen: »Drei Proben will ich dir auferlegen, ehe ich dir den Hammer Mjölnir in den Schoß lege. Bist du bereit, sie zu wagen?«
    »Nur zu!«, sagte Thor.
    Als erste Probe sollte er mit Utgard-Loki selbst um die Wette essen. Doch als der mächtige Thor sein Mahl verschlungen hatte –
    und Thor war

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