Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
gemütliches Plätzchen suchen. Er hatte den Trank im Stehen genommen und war wie ein Stock umgefallen, als sein Wille ihn verließ, um den Golem zu übernehmen. Dabei hatte er sich den Fuß verstaucht, vielleicht sogar gebrochen. Das konnte er nun gar nicht gebrauchen!
Wimmer zog sich, eine Schneespur hinter sich lassend, auf eine Treppenstufe und untersuchte sein Bein. Blut war nicht zu sehen, aber auftreten konnte er mit dem Fuß nicht mehr. Er hätte sich ohrfeigen können! Der General hatte es ihm sogar gesagt, erinnerte er sich jetzt, aber in der Eile war es ihm entfallen. Das hatte er nun davon. Wimmer drückte auf das geschundene Gelenk und ein roter Schmerz schoss durch seinen Fuß. Da war etwas gebrochen, eine Stauchung oder Prellung fühlte sich anders an.
Ein Stöhnen ließ ihn zu der jungen Frau sehen, die langsam ihr Bewusstsein zurückerlangte. Sie hatte sich aufgesetzt und rieb sich die Brust mit den Händen. Wimmer konnte sich vorstellen, dass die Umarmung des Golem nicht grade zärtlich gewesen war.
„Geht es Euch gut?“, fragte er aus ehrlichem Antrieb heraus, ohne zu überlegen, dass er sich in England befand und die Frau ihn wahrscheinlich überhaupt nicht verstehen konnte. Doch zu seiner Verblüffung antwortete die junge Frau in einwandfreiem Deutsch.
„Habe ich Euch das zu verdanken?“, knurrte sie ihn statt einer Antwort an. Wimmer schüttelte den Kopf. Nicht verwunderlich, dachte er, sie wird wohl nicht wissen, wie ihr geschah, als der Golem sie packte.
„Nein, Fräulein, nein … das Ganze war ein Irrtum eines sterbenden Mannes … und nun ist er tot. Ich habe Euch nur aus der Umklammerung des Golem befreit, als ich erkennen musste, dass Ihr wohl kaum der gesuchte Vampir sein könnt …“
Wimmer verstummte. Er redete dummes Zeug! Natürlich stimmte alles, was er sagte, doch wer sollte ihm das glauben? Die Akzeptanz des Vampirismus war nicht sehr hoch in diesem Land. Und ein zweites Mal wurde er in Erstaunen versetzt.
„Ach, hinter dem seid Ihr her!“, antwortete die Frau, und sofort fiel ihr auf, dass dies ein Fehler gewesen sein könnte. Sie verstummte, hatte aber klar gezeigt, dass sie wußte, wovon Wimmer geredet hatte und es nicht in Zweifel zog, dass es den Vampir gab! Abwartend sah sie den Mann an, der vorgab, sie gerettet zu haben.
Was soll’s , dachte sich Wimmer, ich scheine da eine vor mir zu haben, die auch auf irgendeine Weise in diese Geschichte verstrickt zu sein scheint, und sie wirkt nicht, als sei sie auf der falschen Seite. Schenken wir ihr also reinen Wein ein und sehen, was geschieht!
„Ich kenne Euch, da bin ich sicher!“, sagte die junge Frau unvermittelt. „Mir fällt nicht ein, wo ich Euer Gesicht schon gesehen habe, doch bin ich sicher, dass es so ist! Ich vergesse nie ein Gesicht, das ich einmal gesehen habe!“
Wimmer zog das schmerzende Bein näher heran und versuchte, den Fuß dabei nicht zu bewegen. Sein Stiefel schien enger zu sitzen, ein Zeichen dafür, dass der Fuß anschwoll.
„Da müsstet ihr schon im Norden Deutschlands herumgelaufen sein, Fräulein, denn dies ist mein erster und einziger Auslandsaufenthalt, so wahr ich hier sitze und mein Fuß schmerzt!“
Die junge Frau kniete sich vor ihn und begann, den Fuß zu untersuchen.
Sie drehte und beugte ihn im Gelenk und schien zu wissen, was sie tat.
„Tut das weh?“, wollte sie wissen und bewegte den Fuß ein wenig. Wimmer schüttelte den Kopf. Dann beugte sie das Gelenk in die andere Richtung und Wimmer stöhnte und wurde bleich. Die Frage sparte sie sich, denn die Antwort war deutlich ausgefallen.
„Ausgerenkt,“ diagnostizierte sie. „Ihr habt Glück gehabt, es ist nicht gebrochen.“ Und ohne abzuwarten oder zu fragen packte sie den Fuß, zog, drehte, es knackte und knirschte, und der ausgerenkte Fuß sprang in sein Gelenk zurück. Wimmer war kurz davor ohnmächtig zu werden, aber als der Schmerz ausklang, merkte er sofort, dass er ihn bewegen konnte. Es war äußerst unangenehm und würde wohl noch ein paar Tage lang schmerzen, aber er konnte den Fuß wenigstens zum Humpeln benutzen. Die junge Frau zog ihm den Stiefel aus und rieb das dick geschwollene Gelenk mit Schnee ein. Das würde die Schwellung schneller abklingen lassen.
„Wimmer“, sagte er dann leise. „Jeremias Wimmer, zu Diensten.“
„Bitte?“ Die Frau hatte einen Streifen Stoff von seinem Umhang geschnitten und bandagierte das Gelenk nun eng.
„Mein Name, Fräulein. Jeremias Wimmer heiße ich, aus
Weitere Kostenlose Bücher