Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
war sie.
Georges Finger klammerten sich um das Drachenherz, die andere Faust hielt eine der Ochsenzungen bereit, für den Fall, dass jemand seinen Weg kreuzen sollte, der ihm hinderlich werden konnte. Er wollte sich von nichts aufhalten lassen.
Jeremias Wimmer hatte kreidebleich zugesehen, wie der Golem in das Haus gegangen war. Er riss dabei nahezu ein Viertel des Eingangs ein, Staub und Trümmer regneten herab und Leute schrieen.
Dann war der Golem wieder erschienen, und wie es aussah hatte er den Vampir im Griff. Eine schlaffe Gestalt in einem ledernen Unhang hing zwischen den unförmigen Armen und wurde von dem Lehmmonster mitgetragen. Wimmer starrte dem unwirklichen Anblick hinterher. Wo war der General, der den Golem steuerte?
Es dauerte eine Weile, bis er den zusammengesunkenen Körper des Engländers fand. Der General war so gut wie tot, das sah Wimmer sofort.
Die Augen des Sterbenden flackerten und dann, kurz bevor er starb, sah er ihn noch ein letztes Mal an.
„Ihr … Versprechen!“, flüsterte der General. Seine zitternden Finger drückten Wimmer das Fläschchen mit der Tinktur in die Hand, mit der man den Golem kontrollieren konnte. Er bäumte sich auf und ein Schwall Blut drang aus seinem Mund, dann war General Courtyard Geschichte. Sein Körper würde auskühlen und Schnee würde ihn bedecken, noch bevor der Morgen sein fahles Licht schickte, die Nacht zu vertreiben.
Wimmer richtete sich auf.
Was war mit dem Golem? Was war geschehen, als der General starb? Was steuerte den Golem jetzt noch?
Das Fläschchen umklammert haltend, stapfte Jeremias Wimmer dem Golem hinterher. Es war nicht schwierig, der Spur des Lehmmonstrums zu folgen. Eine tiefere, breitere Spur konnte man sich schwerlich vorstellen.
An der Straße, die zu den Docks führte, fand er den Golem. Er war einfach vornüber gestürzt, als der Geist des Generals ihm keine Weisungen mehr geben konnte. Er hatte kein Leben in sich und tat nichts, es sei denn, es wurde ihm befohlen.
Den Vampir hielt er aber noch fest umklammert. Wimmer trat näher und zog die seltsame Kombination von Hut und Maske vom Kopf des Gefangenen. Er wollte wenigstens sehen, wen er da tötete, bevor er den letzten Willen des Generals erfüllte. Langes Haar quoll unter der Maskerade hervor und Wimmer blickte verblüfft in das Gesicht einer wunderschönen jungen Frau.
„Verdammt, er hat eine Frau erwischt!“, fluchte Wimmer. Was sollte er tun? Der General hatte den Vampir als schlanken, blassen Kerl beschrieben, und er wollte verdammt sein, wenn das, was da in den Armen des Golem hing, ein Kerl war!
Wimmer fasste den Hals der Frau an. Ihr Herz schlug, aber der Atem ging sehr flach. Der Golem hatte ein unglaubliches Gewicht und lastete auf ihr, das würde sie über kurz oder lang umbringen.
Hinzu kamen die Kälte und der immer heftigere Schneefall. Wimmer kaute an seiner Lippe. Er konnte das junge Ding doch nicht verrecken lassen! Und er sollte den Willen des Engländers erfüllen, und der war nicht gewesen, junge Frauen umzubringen, sondern Vampire. Kurz entschlossen zog er den Korken aus dem Fläschchen und benetzte seine Lippen mit der darin enthaltenen Tinktur. Sie schmeckte bitter und ein wenig nach Nelkenöl.
Die Sicht verschwamm und wurde seltsam flach und irgendwie farblos, und Wimmer fühlte sich steif und auf eine unangenehme Weise gefühllos. Dann wurde ihm klar, dass er schon in dem Golem war. So war der Blick, wenn man den Golem steuerte! Er versuchte, sich zu bewegen, und der Körper des Golem gehorchte und ging auf ein Knie. Dann öffnete er seine Arme und der besinnungslose Körper rutschte in den Schnee auf der Straße. Sofort hoben sich ihre Brüste und saugten die frische Luft in die gepeinigten Lungen. Wimmer ließ den Golem aufstehen. Der Blick aus gut zehn Fuß Höhe war erstaunlich, fand Wimmer. Alles wirkte klein und unwichtig, was unter ihm geschah.
Die Augenlieder der jungen Frau am Boden flatterten. Sie würde gleich wieder zu sich kommen. Er würde ihr erklären müssen, was geschehen war. Da fiel ihm auf, dass er in der Gestalt des Golem nicht reden konnte. Er musste wohl oder übel schon in seinen eigenen Körper zurückkehren. Wie aber war das zu bewerkstelligen, dachte Wimmer, und ein scharfer Schmerz stach ihm in sein Bein. Sein eigenes Bein! Allein der Gedanke daran, wieder im eigenen Körper zu sein, hatte gereicht um zurückzukehren.
Wenn er das nächste Mal den Trank benutzte, musste er vorsichtiger sein und sich erst ein
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