Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
hatten vorgehabt, sich in Drakes Wohnung zu treffen, aber diese Idee war wohl hinfällig.
Rebekka beschloss, erst zum Palais de Ville zu gehen und zu sehen, ob sie den Vampir finden konnte. Danach würde sie zu dem vom Golem halb eingerissenen Haus gehen, denn ihr war eingefallen, dass der Freiherr sicherlich dorthin kommen würde.
Eine Kutsche kreuzte ihren Weg, das erste Gefährt, seit sie vor dem Golem flüchtete. Bei diesem Wetter war kein Mensch unterwegs, der es nicht zwingend musste.
Fast wäre Rebekka am Palais de Ville vorbeigelaufen. Die Bäume und Kennzeichen, an denen sie sich orientiert hatte, waren unter den Schneemassen verschwunden, die der Sturm über London ausschüttete.
Das Gebäude war dunkel und tot. Nirgends ein Licht oder ein Lebenszeichen. Rebekka stapfte im tiefen Schnee um das ganze Haus herum, doch überall das gleiche Bild. Kein einziges Fenster war erleuchtet.
Rebekka stieg zu dem hintern Eingang hoch, an dem sie vor wenigen Stunden den Korb mit dem Vampir abgeliefert hatte, und drückte gegen die Tür. Sie öffnete sich ohne Weiteres. Die dahinterliegende Tür war auch kein Hindernis. Jemand hatte sie schon gewaltsam geöffnet. Rebekka schlich weiter. Nichts. Kein Diener, keine Lady de Ville, kein Vampir. Was war geschehen?
Das Treppenhaus … eine offenstehende Tür und dahinter ein Schein von Licht. Rebekka blickte vorsichtig in den Treppenschacht hinunter und lauschte. Auch hier war kein Geräusch zu vernehmen. Sie wagte sich weiter vor, die Treppe hinunter.
Am Ende der Treppe stieß sie auf eine eingedrückte Tür, und der Lichtschein fiel aus diesem Raum. Ihre Ohren konnten kein Geräusch wahrnehmen und so traute sie sich, einen Blick in den Raum zu werfen.
Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Aber kein Mensch schien sich hier aufzuhalten. Rebekka trat vorsichtig ein.
Jeremias Wimmer hatte geschworen, den letzten Willen seines Generals zu erfüllen, und bei allen Teufeln der sieben Höllen, das hatte er auch vor, zu tun! Sein Fuß schmerzte ihn nicht mehr allzu sehr. Die junge Dame hatte gute Arbeit geleistet. Wimmer seufzte. Ihm war nicht wohl, wenn er an die junge Frau dachte. Rebekka. Sie hatte ihm geholfen.
Er schüttelte sich. Die Wirkung des Trankes hatte schon vor einer Weile seine Wirkung verloren und Wimmer saß erschöpft auf einem Dachvorsprung und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. Die Frau war entwischt, was ihm nicht wirklich leid tat, wenn er ehrlich war. Aber sie war auch nicht sein Ziel. Das war der Vampir. Die Frau hatte gezeigt, dass sie ihn kannte, und der General hatte ihn in dies Haus gehen sehen. Das Haus, das der Golem so übel zugerichtet hatte bei der wilden Attacke des sterbenden Generals in dessen Panik.
Also würde es wohl das Beste sein, wenn er zu diesem Haus zurückkehrte und wartete. Früher oder später würde der Vampir kommen oder wenigstens die junge Frau, die ihn dann zu dem Blutsauger führen konnte.
Er sah auf die unförmige Gestalt des Golem herab, der neben ihm in der Häuserecke stand und langsam unter dem Schnee verschwand. Er hatte keine Kontrolle über seinen Körper, sobald er den Saft geschluckt hatte, aber er hatte den Golem seinen Körper hochnehmen lassen und er hatte sich auf diese Art sozusagen selbst auf die Schulter genommen. Den schlaffen Körper über die Schulter gelegt, war der Golem losgestampft.
Wimmer holte das Fläschchen heraus. Noch ein Drittel der Tinktur war darin. Er sollte sparsam sein, doch das war jetzt zweitrangig. Er nahm seinen Tropfen, verstaute das Fläschchen, lehnte sich gegen das Dach und schluckte.
Der Golem streckte sich und griff nach Wimmers Körper, legte ihn sich sanfter, als man der ungeschlachten Gestalt zugetraut hätte, über die Schulter, bedeckte ihn mit seiner Hand aus Lehm und dann schritt der Golem in den Schneesturm hinein. Die Sicht war eine andere, wenn man durch die Augen des Golem sah, aber der Schnee beeinträchtigte das Sehvermögen weniger. Wimmer steuerte das Monstrum sicher durch die Straßen. Langsam bekam er Übung. Es war nicht besonders weit bis zu dem Haus des Vampirs.
Dort, wo der Körper des Generals lag, kalt und gefroren unter dem Schnee. Man würde ihn vielleicht erst finden, wenn der Schnee abtaute, denn die Ecke, in der der General lag, von der aus er das Haus beobachtet hatte, lag versteckt und etwas zurück von der Straße. Wimmer ließ den Golem, der von dem fliegenden Schnee recht gut getarnt war, in eben diese Ecke gehen, sich umdrehen und
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