Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Freiherr würde aus der Stadt reiten, etwa eine Strecke von zehn englischen Meilen, dann konnte Lady de Ville seine Gegenwart nicht mehr wahrnehmen. Er würde mit Rebekka einen genauen Zeitplan ausarbeiten, der es ihm erlaubte, den Körper des Freiherrn zu verlassen, wenn sich sein eigener Körper in den Mauern des Palais der Lady de Ville befand.
Erst galt es jetzt für ihn aber die Restflüssigkeit zu vernichten, die übrig geblieben war. In keinem Fall durfte das Blut in die falschen Hände geraten, nicht einmal in dieser verdünnten Form. Darauf bedacht, keinen Tropfen zu verschütten, füllte er das Wasser mit dem Drachenblutstropfen in einen ledernen Wassersack und verschloss diesen sorgsam.
Einmal hatte er erleben müssen, was Drachenblut anrichten kann. Es war einige Jahrhunderte her, aber die gewaltige Rattenplage ist in der Gegend, in der sich der Zwischenfall ereignete, noch heute Gesprächstoff an kalten Winterabenden und macht die Leute schaudern. Eine Glas mit verdünntem Drachenblut war in den Brunnen eines Dorfes geraten, unglücklich, zufällig und völlig unbeabsichtigt. Die Ratten, die mit dem nun noch weiter verdünnten Blutwasser in Berührung kamen, wurden aggressiv und gingen auf jedes Lebewesen los, das sich in ihrem Weg befand. Damals wurde ein halbes Dorf ausgelöscht …
Der Vampir hüllte sich in einen Regenumhang, steckte den Wassersack in seine Tasche und ging hinaus in den Regen. Es war stickig und zu warm, der Londoner Nebel war noch dicker, als er es an normalen Tagen schon war. Fast meinte man, dass man ihn schneiden könnte. Die Schwaden trieben vom Fluss die Straßen hoch und es roch nach Schlamm und Fisch. Die Straßen waren nur noch flache Kanäle, die das herabfallende Wasser in ihren flachen Kanälen der Themse zuleiteten. Wo noch am Vortag Schlamm an den Stiefeln saugte, stand das Wasser nun zwei, drei fingerbreit hoch auf allen Wegen.
Der Vampir schlug den Weg ins jüdische Viertel ein und dort suchte er einen kleinen, unscheinbaren Laden auf. Augenscheinlich ein nicht besonders erfolgreicher Goldschmied, war dieser Laden für Eingeweihte etwas völlig anderes.
Zwar zierten einige Stücke die Vitrinen und im Fenster gab es Broschen und Ketten zu sehen, wie man es bei einem Goldschmied erwarten durfte, doch waren diese nicht von der Art, dass sie von Edelleuten erworben würden. Einige zeigten Szenen mit seltsam verdrehten Gestalten, andere schienen aus Eisen gefertigt. Auch sah man nur selten Kundschaft in den Laden kommen oder hinausgehen.
George Drake war hier kein Unbekannter. Der breitgesichtige Herr in schwarzer Kleidung, mit einer überdimensional großen Hakennase ausgestattet und mit einer weißen Haarmähne verziert, sah auf, als der Vampir den Laden betrat.
„Mister Drake, Sir! Eine Freude, Euch einmal wieder zu sehen! Ihr wart lange nicht bei uns!“
„Das ist wohl wahr“, lachte Georgios zurück. Ihr habt Euch kaum verändert … vielleicht ein wenig voluminöser als beim letzten Treffen, will ich meinen, doch wenn ich die Länge meiner Abwesenheit bedenke, mag ich mich da auch täuschen.“
Der Breitgesichtige seufzte tief und sehr übertrieben.
„Nein, es ist wohl wahr … meine Ruth kocht einfach zu gut … ich werde eines Tages tot vornüber in meinen Teller fallen, bei einem köstlichen Essen …“
Sie tauschten noch ein paar Nettigkeiten aus, doch dann beugte sich Georgios vor und flüsterte:
„Morton, ich habe hier etwas, das geläutert werden muss. Habt Ihr Euren Ofen angeheizt?“
Morton Alexander Higgs richtete sich zu seiner vollen Größe auf, drückte den Bauch vor und machte eine einladende Geste zu der kleinen Tür, die sich hinter dem Tresen befand.
Dahinter befand sich ein Raum von einer Größe, die man hinter dem winzigen Laden kaum vermutet hätte. In der Mitte stand ein Schmelzofen, der von zwei geschäftig hantierenden Männern versorgt wurde. Die Hitze der Glut war sogar an der Tür noch zu spüren.
Wer nun aber vermutete, dass hier illegalen Tätigkeiten nachgegangen würde, wie etwa dem Einschmelzen gestohlenen Goldes oder dergleichen, der irrte! Higgs and Company waren anerkannte Goldschmiede und ehrenwert bis auf ihre urbritischen Knochen. Doch die Dinge, die hier gearbeitet wurden, waren meist nicht geeignet, dem gemeinen Volk bekannt gemacht zu werden. Higgs goss Silberkugeln für Werwolfjäger, fertigte Speziallegierungen und arbeitete im okkulten Bereich für die katholische Kirche genauso zuverlässig wie für
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