Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
fürchte, ich kann wenig für Euch tun.“
„Das wünsche ich auch gar nicht, lieber Doktor, glaubt mir, ich habe mich mit dem Tod schon vor vielen Jahren arrangiert. Ich hätte mir nur gewünscht, er wäre schnell zu mir gekommen, auf dem Schlachtfeld oder bei einem Ehrenhändel und nicht mit Vorankündigung und Wartezeit. Nun, es ist, wie es ist und daran kann niemand etwas ändern, da habt Ihr wohl Recht.“ Der General erhob sich von dem Stuhl, auf dem er gesessen hatte, damit ihn der Arzt hatte untersuchen können. „Aber Ihr könnt mir den Weg leichter machen. Ich brauche etwas, das mir diese bohrenden Schmerzen nimmt und es mir ermöglicht, eine letzte Aufgabe zu Ende zu bringen, bevor ich verrecke. Könnt Ihr das tun?“
Der alte Mann wischte sich eine Träne aus dem Auge und nickte schwach. Er hatte dieses Menschenwesen, das da vor ihm stand, schon als Kind gekannt und ihn durch Röteln und Masern begleitet, ihm fiebersenkende Mittel gegeben, wenn ihn die Wintergrippe erwischt hatte, und seine blutigen Beine versorgt, als er vom Pferd gefallen war. Und nun sah er zu, wie der Junge starb.
„Ich werde Euch meinen Adlatus vorbeischicken“, sagte er leise. „Ich habe in meiner Praxis ein starkes Narkotikum, welches man aus Opium gewinnt, das Euch ja sicherlich bekannt sein wird. Es ist ein sehr wirksames Mittel, macht aber im Übermaße genossen den Geist träge. Passt also auf, dass Ihr die Dosierung einhaltet, die ich Euch beilegen werde, Sir.“
Der Doktor erhob sich nun auch und streckte dem General seine Rechte entgegen. Courtyard ergriff sie und drückte sie leicht.
„Ich wünsche dir, das alles so wird, wie du es dir wünscht, Phillip.“ Der alte Mann drehte sich um, bevor Courtyard etwas erwidern konnte, damit der seine Tränen nicht sehen konnte und verließ den Raum. Er hatte die Mutter und den Vater des Generals, seinen Bruder und dessen Sohn sterben sehen, und nun ging wieder ein Mitglied der Familie.
Noch am selben Nachmittag erschien ein Bursche mit vorstehenden Zähnen und mangelnder Haarpracht und brachte dem General ein Fläschchen mit einer schwarzen, schimmernden Flüssigkeit und einen Umschlag, worin Courtyard Anweisungen für die Dosis bei Schmerzanfällen fand. Beides verwahrte er sorgsam in einer gepolsterten Tasche, in der er auch das Mittel mit sich zu führen pflegte, das ihn befähigte, den Golem zu befehligen. Dort war es sicher, denn der General nahm diese Tasche überall mit. Zu wertvoll war der Inhalt, ja, sogar unbezahlbar und unwiederbringlich!
Das Leben als Soldat hatte ihn gelehrt, was Schmerzen sein konnten, und es hatte ihn Disziplin gelehrt. Noch empfand er die Schmerzen nicht als unerträglich und er wollte nichts von der Arznei vergeuden.
Courtyard ließ Wimmer holen. Er wollte so schnell wie möglich nach London und McPherson aufsuchen und Wimmer sollte ihn begleiten, auch wenn er kaum englisch sprach. Reden würde nicht nötig sein, aber es würde gut sein, ihn als Stütze dabei zu haben.
Eine Stunde später saß der General im Sattel und ritt mit Wimmer auf die Dunstglocke aus Rauch und Nebel zu, die London in dieser Jahreszeit meistens bedeckte.
George Drake, Georgios, der Vampir, öffnete vorsichtig das silberne Röhrchen, das er stets das „Drachenherz“ nannte. Dort drin war sein Blut, das Blut des Drachen und das reine Gift für andere Drachen.
Mit einer feinen Silbernadel entnahm er der Phiole, die das Silberröhrchen umschlossen hatte, einen winzigen Tropfen, den er in ein großes Glas voller Wasser fallen ließ.
Von dieser tausendfachen Verdünnung wiederum reichte ein winziger Tropfen für seine Zwecke. Drachenblut war mächtig! Selbst in dieser verdünnten Form war es noch gefährlich. Eine andere Methode, das Drachenblut zu verändern war das Erhitzen, doch dann waren Dinge möglich, die so grauenerregend wären, dass der Vampir nie einen Versuch gewagt hatte. Ihm genügten die Kräfte, die er so aus seinem Blut gewinnen konnte. In dieser Menge konnte er den Körper des Wesens geistig übernehmen, das davon trank, bis hin zu völliger Kontrolle. Es wirkte verschieden lang, je nach Verdauung des Wesens, denn das Drachenblut wurde vom Körper des Opfers mit dem Urin ausgeschieden. Je schneller also ein Wesen in seinem Inneren die Säfte scheiden konnte, desto schneller war es wieder Herr seiner selbst, es sei denn, der Vampir gäbe seine Kontrolle vorher aus eigenem Antrieb auf.
Das war es, was der Vampir mit von Steinborn vorhatte. Der
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