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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wurde. Dennoch war Andrej mehr als nur erleichtert, als Ali vielleicht eine Stunde vor Sonnenuntergang in Begleitung einer Handvoll Assassinen an Deck erschien und erklärte, dass sie nun übernehmen und Abu Dun und ihm so Gelegenheit geben würden, noch ein wenig auszuruhen, bevor die Sonne unterging und ihre Verfolger heran waren.
    Andrej war sogar zu müde, um sich zu bedanken, geschweige denn Ali auch nur eine der Dutzend gewagten Ideen zu unterbreiten, die Abu Dun und er im Laufe des Tages ersonnen hatten, um der Caravelle zu entkommen, und die allesamt eins gemeinsam hatten: Sie waren undurchführbar. Im Grunde hatten sie sie nur ausgearbeitet, um sich von der schweren Arbeit abzulenken und der unerquicklichen Aussicht, in dieser Nacht vielleicht zu sterben.
    Andrej überließ es Abu Dun, die malträtierte Liege in Vercellis Kajüte endgültig zuschanden zu machen, und rollte sich auf dem Boden zusammen. Er schlief so plötzlich ein, als hätte Abu Dun mit seiner eisernen Hand nachgeholfen.
    Tatsächlich erwachte er mit pochendem Kopfschmerz, einem grässlich fauligen Geschmack auf der Zunge und dem sicheren Gefühl, zwar nicht einmal annähernd lange genug geschlafen zu haben, aber sehr viel länger als die knappe Stunde, die es zur Dunkelheit noch gewesen war. Immerhin hatten ihre Verfolger noch nicht zu ihnen aufgeschlossen und auch noch nicht angegriffen.
    Außerdem war er nicht von selbst aufgewacht.
    Das bewies ihm Abu Duns Stiefelspitze, die ihm in diesem Moment zum wiederholten Male unsanft in die Seite stieß.
    »Was …?«, nuschelte Andrej schlaftrunken. Als er sich schwerfällig hochstemmte, wurde er schmerzhaft daran erinnert, warum man selbst auf einem heruntergekommenen Bett im Allgemeinen noch immer besser schlief als auf dem nackten Boden. Vor allem dann, wenn dieser Boden zu einem Seelenverkäufer wie der Pestmond gehörte.
    Abu Dun versetzte ihm einen weiteren und noch unsanfteren Stoß. »Ich weiß, dass du wach bist.«
    »He!«, beschwerte sich Andrej. »Lass das!«
    »Sonst was?«, fragte Abu Dun. »Schläfst du dann weiter und schnarchst mich zu Tode?«
    »Ich schnarche nicht«, behauptete Andrej.
    »Jedenfalls hast du es noch nie gehört, nicht wahr?« Abu Dun lachte. »Warum gehst du nicht an Deck und schläfst dort weiter? Mit ein bisschen Glück glauben sie ja, dass irgendwo ein hungriges Meeresungeheuer lauert und brechen die Verfolgung ab.«
    »Du warst schon einmal witziger«, brummte Andrej, unterdrückte ein Gähnen und setzte sich weiter auf. Das Schiff bewegte sich sacht unter ihm, doch in einem Takt, der ihm seltsam vorkam.
    »Ich weiß«, gestand Abu Dun. »Aber ich habe dich auch nicht geweckt, weil ich witzig sein wollte. Jedenfalls nicht nur.«
    »Dann hättest du dein Ziel auch verfehlt«, antwortete Andrej. »Was ist los?«
    »Zuallererst einmal haben sie uns bisher offensichtlich noch nicht angegriffen und versenkt, was ich als gutes Zeichen werte.« Abu Dun zuckte mit den Achseln, und wieder kam es Andrej vor, als würde das gesamte Schiff unter der Bewegung erzittern – oder doch zumindest diese Kajüte. »Irgendetwas geht vor. Ich weiß nicht was, aber es ist nichts Gutes.« Als er von der Liege aufstehen wollte, stieß er sich den Kopf an der niedrigen Decke und sank mit einem leisen Fluch wieder zurück. Etwas zerbrach mit einem splitternden Laut.
    »Was genau meinst du mit: ›Irgendetwas geht vor‹?«, fragte Andrej, hauptsächlich um Zeit zu gewinnen und die Benommenheit abzuschütteln. Er war es gewohnt, die Augen aufzuschlagen und sofort und vollkommen wach zu sein, auch nach Tagen, die noch viel anstrengender gewesen waren als der zurückliegende.
    Abu Dun sah auf ihn herab, als wollte er genau das aussprechen, hob aber dann nur die Schultern und beantwortete seine Frage. »Genau das, was ich sage. Etwas geht vor. Horch mal!«
    Andrej lauschte einen Moment und schüttelte den Kopf. »Ich höre nichts.«
    »Eben«, sagte Abu Dun. »Sie mauscheln schon seit einer ganzen Weile dort herum. Keine Ahnung was sie tun, aber anscheinend legen sie großen Wert darauf, dass wir es nicht merken. Über uns ist das Achterdeck, und seit mindestens einer halben Stunde hat es niemand mehr betreten. Ich finde das komisch.«
    »Ich auch«, sagte Andrej und rappelte sich auf. »Dann gehen wir doch einfach hoch und sehen mal nach.«
    Er ließ sich wieder in die Hocke sinken, um den Schwertgurt aufzuheben und umzubinden, und auch Abu Dun wickelte seine eiserne Hand aus und

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