Pestmond (German Edition)
wusste, was diese unheimlichen Geschöpfe aushielten. »Dann haben wir ja jetzt alle etwas gelernt. Und meine Wissbegier ist zumindest für heute befriedigt. Wir sollten zurückgehen.«
Alis Mundwinkel zuckten verächtlich, doch Hasan wirkte amüsiert, tauschte einen raschen Blick mit seinem Unterführer und deutete schließlich ein Nicken an. »Andrej hat recht. Holt Masuds Leichnam! Wir nehmen ihn mit. Und sorgt dafür, dass in diesem Haus nichts zurückbleibt, was nicht dorthin gehört.«
Mehr war nicht nötig. Ali hob seinen toten Kameraden auf und trug ihn ins Haus zurück, während zwei seiner Männer auf dieselbe Weise mit den beiden anderen Leichnamen verfuhren. Schon nach wenigen Augenblicken wiesen nur noch ein paar Blutflecken auf der Straße auf das hin, was hier geschehen war, und auch die würden bis zum nächsten Morgen getrocknet und vom Staub der Straße bedeckt sein.
»Du bist mir eine Menge Antworten schuldig, Hasan«, sagte Andrej, während sie darauf warteten, dass Ali und seine Männer zurückkamen.
»Ich schulde dir überhaupt nichts, Andrej Delãny«, sagte Hasan. »Wenn dir nicht gefällt, was ich tue, dann ist es dir unbenommen, sofort deiner Wege zu gehen. Und deinem Freund auch.«
Andrej presste die Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtat, doch Abu Dun sagte: »Vielleicht sollten wir das tun.«
»Halt den Mund, Pirat«, sagte Andrej. »Du würdest sterben.«
»Es wäre nicht das erste Mal«, erwiderte der Nubier, was Andrej aber nur noch zorniger machte.
»Nicht so«, versetzte er, mit einem Blick in Hasans Gesicht, der es eigentlich sofort zu Asche hätte verbrennen müssen.
Hasan lächelte jedoch nur, als hätte Andrej einen besonders gelungenen Scherz zum Besten gegeben, und legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um zu Abu Dun hinaufzusehen. »Dein Freund hat recht, weißt du, schwarzer Mann? Diesmal wäre es möglicherweise für immer.«
»Ist es das nicht irgendwann sowieso?«, fragte Abu Dun.
»Sicherlich«, antwortete Hasan. »Aber ich würde es vorziehen, wenn nicht unbedingt heute der Moment wäre.«
Abu Dun zog eine missmutige Grimasse, setzte den sinnlosen Streit aber zu Andrejs Erleichterung nicht fort, sondern verschränkte nur die Arme vor der Brust, wodurch er zwar bedrohlicher wirkte, zugleich aber auch wie ein zu groß geratenes trotziges Kind, das gescholten worden war. Sie schwiegen, bis Ali und seine Männer aus dem Haus zurückkamen. Der Assassine trug einen kopflosen Körper auf der Schulter, den Andrej als den Masuds erkannte, und ein in ein blutbesudeltes Tuch eingeschlagenes Bündel in der linken Hand. »Dort ist niemand mehr.«
»Dann brennt das Haus ab«, befahl Hasan.
Ali gab seine schreckliche Last an einen anderen Assassinen weiter, streckte die Hand nach einer Fackel aus und verschwand wieder hinter der Tür. »Niederbrennen? Was ist das jetzt wieder für ein Unsinn?«, sagte Abu Dun. »Willst du das ganze Viertel in Schutt und Asche legen?«
»Wohl kaum«, antwortete Hasan mit einem knappen und humorlosen Lächeln. »Es ist gewiss nicht das erste Mal, dass es hier brennt. Die Leute haben Erfahrung in solchen Dingen. Und selbst wenn nicht, wäre es nicht schade darum.«
Andrej wollte widersprechen, doch Hasan schnitt ihm das Wort ab. »Wäre es dir lieber, wenn sie das da drinnen finden … oder etwas anderes, das vielleicht auf sie wartet?«
»Sie sind tot«, gab Abu Dun zu bedenken.
»Und das schon seit einer ganzen Weile«, bestätigte Hasan. »Die meisten jedenfalls. Und du bist ganz sicher, dass sie es auch bleiben, nur weil ihnen jemand die Köpfe abgeschnitten hat?«
Andrej schwieg, denn so schrecklich der Gedanke auch sein mochte, sie durften nicht das Schicksal eines Viertels oder gar einer ganzen Stadt riskieren, nur auf eine Vermutung hin.
Ali warf die brennende Fackel durch die offene Tür ins Haus. Es gab einen dumpfen Schlag, und roter Feuerschein loderte auf, woraus Andrej schloss, dass Ali dort vorher Öl oder eine andere brennbare Flüssigkeit ausgeschüttet hatte. Kurz darauf stoben Funken aus dem Dach, als die uralte Konstruktion schon der Druckwelle der ersten Explosion nachgab, und noch bevor Andrej die Hitze auf dem Gesicht spürte, löste sich der morsche Fensterladen in Funken und glühende Holzsplitter auf.
»Das dürfte genügen«, sagte Hasan. »Gehen wir.«
Angeführt von zwei Assassinen, die mit gezogenen Schwertern einige Schritte vorausgingen, marschierten sie los.
Die Gasse war so schmal, dass die
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