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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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süßer Duft konnte den durchdringenden Schweißgeruch und den Gestank des Nachttopfes, den eine junge Magd gerade entfernte, nicht überdecken. Im flackernden Licht des Feuers, versteckt unter einer Nachtmütze, konnte ich gerade eben die ruhigen, abgemagerten Züge eines Frauengesichts erkennen. Kate schickte die Magd fort, doch als die junge Frau mich sah, blieb sie so abrupt stehen, um einen umständlichen Knicks zu machen, dass sie den Nachttopf in ihrer Hand vergaß und etwas von dessen Inhalt verschüttete.
    »Verzeihung, Sir …«, stotterte sie. »Aber Ihr seht genauso aus wie auf Eurem Bild.«
    Das musste zu Mrs Morland durch ihren leichten Dämmerschlaf durchgedrungen sein, denn mit schläfriger Stimme fragte sie nun: »Rose … Was ist los?«
    »Der junge Master ist gekommen, Mrs Morland«, erwiderte Rose.
    »Unsinn!«, entgegnete Kate scharf. »Er ist einer der Soldaten.«
    Doch Mrs Morland versuchte mühsam, sich aufzusetzen, spähte erst in die eine, dann in die andere Richtung, mit Augen, die so blass waren, von solch einem milchigen Blau, dass sie nur wenig wahrgenommen haben konnten. »Mr Richard … ist Mr Richard zurückgekommen?«
    Kate versuchte einzuschreiten, doch Mrs Morland schob sie fort und drückte meine Hände. Ich wollte ihr sagen, dass ich ein Soldat sei, aber sie tastete mein Gesicht und die Form meiner Nase ab. Sie befand sich in einem derart verwirrten Zustand, dass sie überzeugt war, ich sei ihr Mr Richard, der, wie rasch deutlich wurde, ihr Liebling war.
    Ich begann den Brief vorzulesen, den ich von Jane mitgebracht hatte. Ich glaubte, Mrs Morland würde nicht nur Jane vergeben, sondern auch ihre Freude zum Ausdruck bringen, dass Jane ihr vergab. Nichts hätte dieser naiven Vorstellung ferner sein können.
    »Ihr vergeben! Wo sie Schande über die Familie gebracht hat!« Ihre Reaktion löste Entrüstung bei mir aus. Ich versuchte mich von ihr loszumachen, doch sie packte meine Hände nur umso fester. »Ihr seid zu gut, Mr Richard. Ihr hattet schon immer ein großes Herz, wie Ihr es auch bei der anderen Metze hattet, deren Sohn zurückgekehrt ist, um Euch heimzusuchen. Aber ich werde nach ihm Ausschau halten!«
    »Ach wirklich«, murmelte ich.
    »Ich habe gesehen, wie der Bastard geboren wurde …«
    Kate ergriff meinen Arm. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck der Empörung, weil ich eine sterbende, verwirrte Frau ausnutzte, wie sie es später darstellte. Ich schüttelte Kate ab, denn nach dem, was Mrs Morland über Jane gesagt hatte, empfand ich keinerlei Skrupel.
    »Der alte Bock«, lachte die alte Frau nun auf.
    »Der alte Bock?«
    »Euer Vater! Er hatte geplant, Margaret Pearce zu heiraten.«
    »Lord Stonehouse?«, sagte ich verblüfft.
    »Ihr habt sie alle geliebt – Ihr wegen ihres Aussehens. Edward wegen ihrer guten Werke. Mylord wegen beidem. Ich weiß, was er im Sinn hatte!« Ihre Hände bebten, irgendetwas brachte sie nach all diesen Jahren immer noch derart in Rage, dass sie die Worte ausspie. »Er sagte mir, er wolle Lady Frances’ Zimmer neu gestalten!«
    Unvermittelt furchte sich ihre Stirn vor Schmerz, und sie klammerte sich an meine Hände. Kate gab ihr ein Stärkungsmittel, das sie mit leisen Grunzlauten schluckte, ohne meine Hände dabei loszulassen. Als Mrs Morland die Augen schloss und in das Kissen zurücksank, drängte Kate mich erneut zu gehen. Doch als die alte Haushälterin begann, schläfrig vor sich hin zu murmeln, lauschte Kate genauso aufmerksam wie ich.
    »Dieser Tag … letzter Tag des Sommers. Kälte kam. Regen in der Luft. Mylord wird aus London erwartet. Jedes Feuer vorbereitet, jede Oberfläche poliert! War in Myladys Zimmer, ließ die Tür offen. Margaret Pearce im Gang. Sagt, sie hätte sich verlaufen. Verlaufen! Und dann war der Anhänger gestohlen!«
    Sie rang um Atem, und es dauerte einige Zeit, ehe sie fortfuhr. »Mylord kam spät … schwarz wie die Wolken, die über dem Wald aufzogen. Pferd hatte ein Huf verloren … und der Stallbursche seine Stellung.«
    Sie lachte leise, öffnete die blassblauen Augen ein zitternden Spalt weit und versuchte, mich zu direkt anzublicken. »Ihr habt Euch rar gemacht! Genau wie Edward! Aber sie nicht! Bei ihr schmolz er dahin wie Zucker im Wasser. Sie waren in der Bibliothek … ›Ihr wisst, wie lange ich Euch schon liebe‹, sagte Mylord.«
    Ich hatte den Eindruck, dass sie phantasierte und anfing, Unsinn zu erzählen. Ich versuchte, ihren Griff zu lockern, doch auf der Stelle

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