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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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sie von oben zusahen, als Kate und Mrs Morland meine Mutter halb die große Treppe hinabführten, halb hinabtrugen, während ich geboren wurde. Ich bin sicher, dass Kate wusste, was ich dachte, als ich ihr schließlich antwortete, denn sie blickte ebenfalls auf die Treppe, ehe sie sich schaudernd abwandte.
    »Nein. Ich werde bleiben«, sagte ich. »Ich will herausfinden, was geschehen ist. Ich will die Wahrheit wissen.«
    »Du willst Rache! Du wirst wie sie! Ich wusste, dass es so weit kommen würde! Das ist der schlechteste Grund, Highpoint besitzen zu wollen.«
    Ich spürte, wie mir das Blut, meiner Mutter Blut, in die Wangen stieg, während ich meiner Stimme mühsam einen festen Klang zu verleihen suchte. »Wo ist Matthew?«
    »Ich werde es dir nicht sagen!«
    »Ich werde ihn finden.«
    Sie eilte die Treppe hinauf. »Ich wünschte, ich hätte dir nichts erzählt!«
    Ich folgte ihr. »Der Pfarrer, dessen Namen Eaton Euch gegeben hat und der die heimliche Trauung vollzogen hat –, ist er noch in Shadwell?«
    »Er wurde entlassen. Nach dem Skandal.«
    »In Shadwell wird morgen doch Mrs Morland beerdigt?«
    Sie wirbelte herum. »Du darfst nicht hingehen! Edward Stonehouse hält den Gottesdienst. Sie werden dich töten!«
    »Dann sagt mir, wo Matthew ist!«
    Sie rannte davon und war verschwunden, so wie sie es den Großteil meines Lebens gehalten hatte. Erst später am Abend sah ich sie wieder, als das Schwein auf einem Spieß geröstet wurde und die Soldaten vom Birnenmost betrunken waren. Das Lazarett war wieder zum Speisesaal für das Gesinde umfunktioniert worden, nur Eaton lag noch im hinteren Teil des Raums. Ben zog mich zur Seite.
    »Es ist ein Wunder!«, flüsterte er.
    Man hatte Eaton auf seinem Rollbett abgestützt. Nur in jener Ecke des Raums waren Kerzen entzündet worden, und Kate bewegte sich in den Lichtkreis und wieder hinaus, tauchte kühle Kompressen in eine Schüssel, um Eatons Gesicht damit abzutupfen.
    »Sie war den ganzen Nachmittag und Abend bei ihm«, wisperte Ben. »In dem Moment, als sie kam, hat er die Augen aufgemacht und – sieh nur!«
    Seine Narbe hatte außerordentlich genässt, doch als Kate jetzt den Verband abnahm, war sie sauber. Eaton bewegte sich unruhig. Kate murmelte etwas.
    »Ich verstehe. Ihr seid wegen Tom gekommen. Ist das alles?«, entgegnete Eaton, und seine Stimme hatte ein wenig von ihrer alten Kraft zurückerlangt.
    Ich war sicher, dass sie nicht nur meinetwegen zu ihm gekommen war. Ansonsten hätte sie ihn sicher früher aufgesucht und nicht erst, als ich ihr erzählt hatte, dass Eaton mir seine Liebe für sie und seine Reue bekannt hatte. Aber als sie erwiderte: »Alles? Ihr habt ihm das Leben gerettet!«, schien Eatons altes ungestümes Ich zurückzukehren, und er verfiel in ein heftiges, kaum verständliches Gefasel und sagte, das sei absurd. Er habe mein Leben nur gerettet, um mich in große Gefahr zu bringen.
    »Das weiß er.«
    »Das weiß er nicht! Nichts weiß er! Er muss hier weg! Er muss auf der Stelle aufbrechen!« Beunruhigt, er könnte einen Rückfall erleiden, drohte sie damit, zu gehen, bis er Ruhe gab und sie mit einem Blick bedachte, der an ein gefangenes, teilweise gezähmtes Tier erinnerte, eine Mischung aus glühender Feindseligkeit und Verlangen. Mehrere Male öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, doch was er zu sagen hatte, wäre für einen vollkommen Gesunden schon schwierig genug gewesen. Also schwieg er, und sein Groll verschwand und wich dem Verlangen nach diesen sanften Bewegungen, dem leisen Rascheln ihrer Röcke auf dem Boden. Und dann, von einem Moment auf den anderen, schlief er ein.

32. Kapitel
    Eines der seltsamsten Dinge an diesem Krieg war die Tatsache, dass, obwohl sowohl der König als auch das Parlament schworen, für Gott und das Volk zu kämpfen, das Volk verschwand, sobald eine der beiden Parteien auftauchte, und alles Essen und Vieh mit sich nahm. So war es auch in Highpoint House. Solange die Soldaten dort waren, hielten sich nur Rose und Kate im Haus auf, um Mrs Morland zu versorgen. An dem Morgen, an dem Wills Einheit abrückte, verbreitete sich die Nachricht ihrer Abreise auf geheimnisvollen Wegen bis in jeden Winkel des Tals, von Earl Staynton im Westen bis zum Grey Horse im Osten.
    Auf der Suche nach etwas zu essen ging ich in die Küche. Eine gedrungene Frau schalt eine Küchenmagd aus, als sei sie verantwortlich für den Dreck und das Fett, das die Soldaten auf dem Bratspieß hinterlassen hatten. Sie waren

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