Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
Vom Netzwerk:
kannst ihn jetzt aus deiner zärtlichen Umarmung entlassen, Eaton«, sagte Richard.
    Er lehnte an der Wand und sah aus wie für den Hof gekleidet, in einem roten Leibrock, über dem er einen kurzen Umhang mit juwelenbesetzter Spange trug, die den Stonehouse-Falken zeigte. Der Vogel schien aufzuflattern, sobald Richard sich bewegte. Hinter ihm standen mehrere Männer. Aus der Tür des Zimmers, aus dem Eaton gekommen war, trat Captain Gardiner. Er sah noch fast genauso aus wie damals, als ich zum ersten Mal auf ihn getroffen war, im Gestank von Smithfield, nur dass sein neuer Biberhut frisch gebürstet war. Er lehnte sich neben der Tür an die Wand. Das Licht einer Kerze wurde vom Stoßdegen in seiner Hand reflektiert.
    »Wo ist der andere?«, sagte Richard scharfzüngig. »Idioten! Die Hintertreppe!«
    Wie üblich war Matthew verschwunden. Wie er das angestellt hatte, wusste ich nicht, aber, so dachte ich säuerlich, er hatte schließlich genug Übung darin. Ausnahmsweise einmal war ich froh darüber. Sie hätten rasch aus ihm herausbekommen, wo sich der Anhänger befand. Ich vergaß Matthew und wandte meine Aufmerksamkeit, all meine verbitterte Aufmerksamkeit, Eaton zu. »Ich habe Euch vertraut«, sagte ich. »Ich hielt Euch für meinen Freund.«
    »Du hast Eaton vertraut?«, sagte Richard ungläubig. »Du hast gedacht, er sei dein Freund?«
    Lawinenartig brandete Gelächter auf, und ich stellte fest, dass alle Bediensteten, die heute Morgen beim Gottesdienst gewesen waren, aufgetaucht waren, aus Türen, in der Halle unten, auf halbem Weg die Treppe hinauf, wo das Gesicht des Bärtigen sich zu einem breiten Grinsen verzog. Die Köchin stand an der Tür zur Hintertreppe, ihr gewaltiger Leib bebte vor Lachen. Wie der König bei seinem Versuch, Pym und die anderen vier Mitglieder im Unterhaus zu verhaften, bewies auch Richard einen feinen Sinn fürs Theatralische. Alles musste Stil haben, alles war Teil einer Vorführung, um den Leuten eindrucksvoll zu zeigen, wer die Macht hatte.
    »Eaton hat keine Freunde, nicht wahr Eaton?«, sagte Richard.
    »Keine«, erklärte Eaton schonungslos.
    »Eaton ist der beste Lügner, der beste Betrüger, den ich kenne, nicht wahr Eaton?«
    Eaton sagte nichts, doch unter der Dienerschaft erhob sich ein wütendes Gemurmel, und die Köchin sah aus, als wollte sie ihn anspucken.
    »Ich habe erst herausgefunden, dass er meinen Vater seit Jahren betrügt, als ich die Papiere aus der Kanzlei dieses anderen Gauners, Turville, geholt habe. Darum hast du diesen Hochstapler hierher gebracht, nicht wahr Eaton? Weil ich gedroht habe, meinem Vater die Beweise zu zeigen.« Es kam zu erneuten Unmutsäußerungen beim Gesinde, doch Richard brachte es mit einer Geste zum Schweigen. »Aber um fair zu sein, Eaton hat den Grundbesitz aufgebaut. Er ist gut darin, Verträge zu machen, und wir haben einen Vertrag geschlossen. Bring ihn mir, und du kannst deine Stellung behalten. Ich kann einen guten Verwalter gebrauchen.«
    Er klopfte Eaton auf den Rücken. Eaton taumelte, und ich begriff, dass er immer noch krank war. Allein die lebhaft pochende Narbe brachte etwas Farbe in sein Gesicht. Er umklammerte die Balustrade hinter sich, um sich abzustützen, und warf einen Blick in das Empfangszimmer, aus dem er gekommen war. Ich folgte seinem Blick und sah, dass Kate von einem Soldaten festgehalten wurde, der ihr ein Messer an die Kehle hielt. Meine Taubheit verflog. Ich war ein Narr, aber kein kompletter Narr.
    Eaton hatte sich während der Reise hierher verändert – ach was, schon lange zuvor. Der Gedanke an Kate, die Aussicht, sie wiederzusehen, hatte mit dem verbitterten, mürrischen Teil seiner Natur gerungen, der Angst hatte, alles zu verlieren, was er sich im Laufe seines Lebens aufgebaut hatte. Jetzt erkannte ich die Anzeichen dieses inneren Kampfes während der Reise – halbe Warnungen, unwirsche Zurückweisungen. Selbst den Tod hatte er dem Kampf vorgezogen, einem Kampf, der ihn zu sehr erschöpft hatte, als dass er noch daran hätte glauben können, ihn je zu gewinnen oder zu beschließen. Das alles las ich in dem gequälten Blick, den er Kate zuwarf, in dem Blick, mit dem er mich bedachte.
    Möglicherweise nahm Richard es ebenfalls wahr. Sein spöttischer Tonfall verschwand. Ich erkannte seinen Vater in ihm wieder, in dieser grüblerischen, beinahe mürrischen Pose, die er anlegte wie einen Umhang. Er sagte, ein großes Verbrechen sei verübt worden, der Versuch, sich den Namen der Familie

Weitere Kostenlose Bücher