Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Soldaten niedergeschlagen hatte, und machte eine Bewegung, um Gardiner ebenfalls zu schlagen. Dann stürzte der Stuhl zu Boden, und langsam fiel auch er.
Alles, was ich sehen konnte, war Richards triumphierendes Gesicht in der Türöffnung. Ich schnappte mir das Schwert des toten Soldaten und rannte auf ihn zu. Ich hatte keinerlei Kenntnis von Richards oder Gardiners nobler italienischer Fechtkunst. Wenn die Bürgergarde mir irgendetwas beigebracht hatte, dann das altmodische Hauen und Stechen. Doch jede Menge Wahnwitz, ein Haufen blinder Wut angesichts Eatons Tod sowie eine großzügige Portion Überraschung waren auf meiner Seite. Ich sprang auf den Tisch und ließ das Schwert auf ihn niedersausen. Einen Moment lang taumelte er, doch ich wurde von dem sich blähenden Umhang irregeführt, als er sich wegduckte, und ich schaffte es lediglich, seinen Arm zu streifen, ehe mein Schwert sich im Umhang verfing und ich vom Tisch gerissen wurde. Wenn Richard dem Dienstpersonal beweisen wollte, dass ich das niederste aller niederen Geschöpfe war, so bot ich ihm nun die beste Gelegenheit dafür. Als wäre keine Zeit zwischen damals und heute vergangen, wurde ich zu dem, der ich gewesen war, als George mich zum ersten Mal in den Keller sperrte; ich schrie und trat um mich und biss und kratzte, bis ich vermutlich dem wilden Tier glich, das Eaton gewesen war, ehe die Stonehouses ihn gebändigt hatten.
Immer wieder verlor ich das Bewusstsein, doch ich glaube, dass Richard plante, am nächsten Tag über mich zu Gericht zu sitzen. Dann jedoch tauchte ein mit Matsch bespritzter Bote mit der Nachricht auf, dass er am nächsten Morgen in aller Frühe aufbrechen müsse. Ich wurde getreten und verhöhnt, der König würde sich sein Eigentum zurückholen; in Warwickshire stünde eine große Schlacht bevor, und es sei doch zu schade, dass ich nicht dort sein und daran teilnehmen könne.
Richard erklärte mir, ich würde wegen Mordes angeklagt werden. Er sagte etwas über mildernde Umstände, wenn ich ihm Auskunft über den Anhänger gäbe, doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Zustand erreicht, in dem es mir gleichgültig war, was mit mir geschah. Als ich fortgezerrt wurde, bewahrte ich in meinem Kopf das Bild von Kate, wie sie Eaton in ihren Armen wiegte, wie sie sich über ihn beugte, um ihn zu küssen, trotz des Blutes, das aus seinem Mund hervorquoll, wie sie ihn fest an sich gedrückt hielt. Während Richard über Dinge sprach, die mir unwichtig und bedeutungslos erschienen, war es das Einzige, woran ich denken konnte, und es traf mich mit gewaltiger Macht, wie ähnlich Eaton und ich uns waren. Eaton hatte seinen Vater nie gekannt, und ich war fortwährend auf der Suche nach meinem, ohne ihn je zu finden. Der Hauptunterschied, vielleicht der einzige, zwischen uns war, dass ich die Liebe früh getroffen hatte.
Sie brachten einen Mann in den Raum, den ich zunächst nicht erkannte, bis ich begriff, dass es der Schmied aus Upper Vale ohne seine Schürze war. Er bezeugte, dass ich einer der vier berittenen Parlamentssoldaten war, welche die Kirche entweiht und Mark Stevens gehängt hatten.
Nichts bringt einen Mann schneller wieder zur Vernunft als Lügen, vor allem, wenn sie so listig miteinander verwoben sind, dass sie wahr zu sein scheinen, und sich das Netz, je mehr man protestiert, umso enger um einen schließt. Der einzige Ausweg besteht darin, das Kämpfen einzustellen und den einen Knoten zu finden, der das ganze Geflecht zusammenhält.
Der Prozess war dazu gedacht, mich noch weiter zu brechen, damit ich verriet, wo der Anhänger war. Richard ließ sogar Mr Fawcett, den Hausdiener, Protokoll führen wie einen Gerichtsschreiber. Doch als Edward eintrat, in seiner Priesterrobe und einem Gebetbuch in der Hand, veränderte sich der Umgangston. Richard befahl einem Soldaten, die Pferde bereit zu machen. Er würde nachts reiten, wenn der Himmel klar blieb, und in einer halben Stunde aufbrechen. Man hatte tatsächlich vor, mich zu hängen! Richards Blick ließ keinen Zweifel daran. Es war offensichtlich an der Art, wie die Soldaten mich festhielten. Im Augenblick dieser Erkenntnis gaben meine Beine unvermittelt unter mir nach und trugen mich nicht länger.
Eine halbe Stunde. Hinter dem Tisch, an dem Richard saß, hing eine Laternenuhr, die gerade die neunte Stunde anzeigte. Das Ziffernblatt war mit ineinander verflochtenen Tulpen verziert, und der Zeiger stand still in der Mitte eines Blütenblattes. Ich starrte ihn an, als
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