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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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»Kein Edelmann würde so schreiben. Wenn ich einen Brief schreiben muss, beauftrage ich einen Schreiber.«
    »Ein Edelmann kann es sich nicht leisten, ungebildet zu sein, Sir!«, schnauzte sein Vater. »Deine Handschrift ist unlesbar!« Er tippte auf den anderen Text. »Das hier hat ein Junge von zehn Jahren geschrieben.«
    Ob Lord Stonehouse beabsichtigte, dass Richard von mir erfuhr oder nicht, wusste ich nicht, aber von diesem Augenblick an wurde ich zu dem Blutsauger, der es, in seinen Augen, nicht nur auf sein Erbe, sondern auf seine ganze Männlichkeit abgesehen hatte. Er fand heraus, dass Mr Black regelmäßig Geld bekam, da Lord Stonehouse über die Zahlungen, wie über alle seine Angelegenheiten, penibel Buch führte. Deren Höhe entsprach exakt der Summe, um die Richards Taschengeld gekürzt worden war – zumindest kam es ihm in seiner mittlerweile krankhaften Einbildung so vor. Dann sah er mein Bild.
    Ich begriff immer mehr, wurde indes immer bestürzter. »Aber wenn das, was Ihr ihm über John Lloyd erzählt habt, wahr ist«, platzte ich heraus, »warum macht Ihr Euch dann solche Sorgen, dass er den Anhänger finden könnte? Ihr wollt doch gewiss, dass er gefunden wird?«
    »Du weißt, warum«, sagte Richard.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sag es ihm, Rich. Erzähl’s ihm«, mischte Edward sich ein. »Weil er ihn vertauschen will, natürlich!«
    »Das weiß er«, sagte Richard.
    »Ich weiß es nicht, ich schwöre es!«
    »Lügner!« Richard schlug mich mit der Hand auf die tiefe Wunde in meinem Gesicht. »Wo ist er? Wo ist der Anhänger?«
    Vertauschen? Lord Stonehouse war verschlagen, doch für ihn zählte vor allem die Blutlinie. Einer von ihnen log, wahrscheinlich beide. Irgendetwas stimmte nicht … etwas, das Kate mir erzählt hatte … Mit dem Gefühl der Benommenheit, dem Schmerz und der Verwirrung konnte ich nicht richtig denken – aber ich musste nachdenken.
    Richard starrte das Porträt seines Vaters an. »Er will dich«, sagte er voll wilder Bitterkeit. »Er will dich als Erben.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Ich habe dich in der Queen Street gesehen. Gekleidet für deine Rolle.«
    »Ich habe den Lakaien an der Tür hereingelegt. Euer Vater wusste nicht, dass ich dort war.«
    »Lügner! Hat er dich wegen des Anhängers hier hochgeschickt? Natürlich hat er das. Wo ist er? Sag es mir! Sag es endlich!«
    Jetzt war es Edward, der seinen Bruder beiseite nahm und im Flüsterton auf ihn einredete. Ich vernahm das Wort Keller. Sie mussten Mr Blacks Berichte über die Ängste meiner Kindheit gesehen haben, über den Keller und die Ratten. Meine Gedärme begannen sich bei dem Gedanken daran zusammenzuziehen. Sie grinsten und wisperten wie zwei grausame Schuljungen, die eine neue Folter für ihr Opfer erfanden.
    »Eddie!« Richard schlug triumphierend auf den Schreibtisch. »Das ist ein Streich! Das ist genial! Ich habe schon immer gesagt, dass du das Gehirn der Familie bist!«
    Edward strahlte, und ich erkannte, dass es keine größere Freude im Leben für ihn gab, als von seinem älteren Bruder gelobt zu werden. Dieser befahl einem Soldaten, Bryson zu holen. Ich hatte keine Ahnung, wer Bryson war, und als sich herausstellte, dass er der Bärtige war, der bei Mrs Morlands Beerdigung ein gewisses Interesse an mir gezeigt hatte, war ich zunächst auch nicht klüger. Dann, wie ein plötzlicher Schlag auf den Kopf, fiel mir ein, wo ich ihn zuvor gesehen hatte. Es war in Oxford gewesen, als Eaton den Ort verlassen und an der Pestgrube angehalten hatte, um mit dem Mann, der die Leichen aus dem Karren hob, darüber zu plaudern, wie die Geschäfte liefen. Bryson war der Fahrer des Pestkarrens.

37. Kapitel
    Es brauchte vier Soldaten, um mich unten zu halten. Richard gewann seine Beherrschung wieder, während ich sie verlor. Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und verlor beinahe die Besinnung. Nur verschwommen bekam ich mit, dass er Befehle erteilte für seinen Ritt in Richtung Norden zum König. Er wies Gardiner an, mich mit Bryson zusammen zur Grube zu bringen, zuversichtlich, dass ich schon reden würde, sobald ich den Kalk röche. Womit er sich nicht irrte.
    Die bittere Kälte draußen brachte mich wieder auf die Beine. Sie fesselten mir die Hände, und Gardiner und ein Soldat namens Nat stießen mich durch die Bäume. Nat fuhr erschrocken zurück, als aus der Dunkelheit ein Mann auftauchte, der kein Gesicht zu haben schien. Der Mann trat in einen vom Mondlicht erhellten Flecken und wurde zu Bryson.

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