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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Heiligen Georg aus Gold und Emaille an seinem Hals, das Zeichen des Hosenbandordens, verriet seinen Rang. Vielleicht hatte er ihn angelegt, um seinen Sohn daran zu erinnern, dass er einst ein enger Vertrauter des Königs gewesen war.
    »Richard! Komm zurück …« Das erste Wort war ein Befehl, die letzten beiden verwandelten sich in eine flehentliche Bitte. Richard hörte es heraus, zögerte und drehte sich um. Sein Gesicht, das ebenso hochmütig und stolz war wie das seines Vaters, spiegelte nun deutlich dieselbe Unsicherheit, das Verlangen, zurückzukehren zu dem Punkt, an dem sie auseinandergegangen waren, ehe er mich entdeckt hatte. Wenn einer von ihnen einen Schritt nach unten oder der andere einen Schritt nach oben gemacht hätte, wäre es vielleicht dazu gekommen. Doch letztlich war jeder von ihnen zu stolz, und als würde er seinen gütigen Ton bereuen, deutete Lord Stonehouse mit einem ruckartigen Kopfnicken auf sein Zimmer und sagte barsch zu seinem Sohn: »Komm!« Als Richard sich abwandte, brach die Wut aus dem alten Mann hervor: »Ich werde dich unter Arrest stellen lassen!«
    Richard zog sein Schwert, die Scheide erwischte beinahe den Schreiber, der gegen sein Schreibpult fiel. »Ich sehe Euch in der Hölle, Vater«, schrie er. »Euch und den Blender!«

21. Kapitel
    Man sperrte mich in eine kleine Kammer. Den ganzen langen Tag lang, nach Richards ungestümem Abgang, herrschte brütende Stille, unterbrochen nur durch flüsternde Stimmen und das Geräusch von ankommenden und abfahrenden Kutschen. Die Kammer war ein Anbau der Bibliothek und wurde zur Lagerung der Korrespondenzen mit den königlichen Familien genutzt. In einer Textpassage auf einem befleckten Blatt, die von einem Spitzel im Parlament markiert worden war, plädierte ein Familienangehöriger dafür »… die Kinder nebst dem Familiensilber aufs Land zu schaffen, ehe die Ernte eingebracht sei und diese gar elendige Angelegenheit begönne«.
    Es war Abend, und die Kerzen brannten, als zwei Bedienstete mich nach oben führten. Sie gaben mir keine Antwort auf meine Fragen und würdigten mich keines Blickes. Sie wussten, wie Dienstboten stets alles wussten, dass ich das Pestkind war, und behandelten mich, als sei ich immer noch ansteckend.
    Sie brachten mich in Lord Stonehouse’ Studierzimmer und deuteten auf eine Stelle in einiger Entfernung von seinem Schreibpult. Lord Stonehouse saß in einer Lichtglocke, die vom Kronleuchter über seinem Kopf gebildet wurde. Bei ihm war ein Mann, den ich für seinen Sekretär hielt und der ihm Dokumente zum Unterzeichnen vorlegte. Lord Stonehouse nahm einen Schluck Wein aus einem Glas, stieß auf, machte sich daran, ein Blatt zu unterschreiben, und hielt inne.
    »Acht Pferde?«
    »Acht, Mylord.«
    »Ich kenne den Stall des Duke of Richmond. Er hat zwölf feine Berber. Sei so gut und finde heraus, was mit ihnen passiert ist, Mr Cole.«
    »Ja, Mylord.«
    Er schob das Dokument ohne Unterschrift beiseite. Seine Stimme blieb gleichförmig und ohne jede Regung. »Pferde und Teller. Jeder Soldat, Offizier oder nicht, der des Diebstahls überführt wurde, wird nicht nur gehängt, sondern als Warnung für die anderen soll sein Leichnam hängen bleiben. Sonst noch etwas?«
    Der Sekretär deutete auf mich und zog sich mit einer Verbeugung zurück. Lord Stonehouse starrte mich an, als hätte er mich vollkommen vergessen. Ich bin sicher, dass es keine Heuchelei war. Er hatte die Fähigkeit einer Führungspersönlichkeit, ein Problem vollkommen aus seinen Gedanken zu verbannen, während er sich mit anderen Dingen beschäftigte. Er sah mich an, als sei ich ein Stück Papier auf seinem Schreibtisch. »Du dachtest, du könntest eine Verschwörung gegen mich anzetteln, was?«
    »V…verschwörung, Sir?«, stammelte ich bestürzt.
    Ein knochiger Finger bohrte sich mir in den Rücken. »Mylord«, korrigierte Eaton mich. Er hatte so still in der Ecke gestanden, dass er mit dem dunklen Wandteppich hinter ihm zu verschmelzen schien.
    Lord Stonehouse’ Stimme war so kalt wie sein Blick. »Tritt näher. Sieh mich an.«
    Ich zwang mich, den Mann anzusehen, der mein leiblicher Vater sein könnte. In diesem Moment kümmerte mich das wenig. Ich hatte jedes Verlangen nach einem richtigen Vater verloren, insbesondere nach einem, der einen bei der Geburt dazu verdammte, in der Grube zu landen. Es muss ein ganz ähnlicher Schreibtisch gewesen sein, an dem er gesessen und den Pestbrief gesiegelt hatte, ehe er sagte: »Sonst noch

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