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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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wollte. Ich fürchtete, er könnte meinen Namen von den Flugschriften kennen. Er blickte auf und musterte mich scharf, doch anscheinend kam er zu dem Schluss, dass mein dunkelblauer Samt und die Spitze unmöglich eine Kreatur aus der Gosse wie einen Flugblattschreiber kleiden konnten, und schrieb in sein Buch: »Thomas Neave Esq.«, was mir, wie ich zugeben muss, Vergnügen bereitete. Er wies mir den Weg zwischen den Statuen von Mars und Minerva hindurch in ein Empfangszimmer mit einem ovalen Deckengemälde, auf dem Nymphen von Satyrn gejagt wurden.
    Drei Edelleute, von denen einer vermutlich Sir Andrew war, waren in eine Unterhaltung vertieft. Sie blickten auf, um mich alsdann zu ignorieren. Ich war gänzlich vom Erfolg meiner Täuschung eingenommen. Ich würde den richtigen Moment abwarten, Lord Stonehouse abfangen und ihm freundlich, aber entschlossen gegenübertreten. Ich würde an seine gute Seite appellieren und ihm erklären, dass ich nichts von ihm verlangte als mein eigenes Leben. Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass er womöglich gar keine gute Seite hatte, dass er sie schon vor langer Zeit verloren haben könnte.
    Sir Samuel, der korpulente Mann aus der Kutsche, der den Großteil eines Sofas mit Seidenpolstern einnahm, schüttelte den Kopf, als der Streit über uns abebbte und wieder aufbrandete. Er äußerte die Meinung, dass Richard Stonehouse enterbt würde, wenn er sich dem König anschlösse. Ein schlanker, gescheit aussehender Mann, der sich als Sir Andrew entpuppte, saß in die Ecke des Sofas gequetscht und widersprach. Was immer auch geschah, Lord Stonehouse vergab seinem ältesten Sohn stets. Was für Lord Stonehouse zählte, war Blut. Der dritte Mann, den sie Jacob nannten, war wesentlich jünger als die anderen beiden und kauerte unbehaglich auf einem Sitzkissen. Begierig darauf, etwas zu dem Gespräch beizutragen, sagte er, es gäbe noch einen zweiten Sohn.
    »Edward!« Sir Andrew lächelte. »Der hat Milch, kein Blut in den Adern.«
    »Noch dazu Muttermilch«, murmelte Sir Samuel, und die beiden Männer lachten.
    Getroffen erklärte der junge Mann, er habe gehört, und zwar aus sicherer Quelle, für den Fall, dass Richard ausgeschaltet würde, stünde ein Bastard bereit, das Erbe anzutreten. Die beiden anderen Herren lachten brüllend. Sir Samuel klopfte dem jungen Mann auf den Rücken, brachte die Papiere, die er bei sich hatte, durcheinander und hätte beinahe Sir Andrew vom Sofa gedrückt, so sehr zitterte sein Leib.
    »Und Ihr habt das geschluckt!« Sir Samuel warf mir einen Blick zu, während ich eifrig einen Satyr betrachtete, der eine Nymphe am blauen Himmel verfolgte. Er trocknete sich die Augen. »Ihr entschädigt einen fürwahr für die langweilige Wartezeit, Jacob. Doch abgesehen davon, Sir, gibt es so eine Person nicht. Sie ist eine Erfindung von Lord Stonehouse, in Umlauf gebracht, um seinen missratenen Sohn zur Räson zu bringen. Leider hatte es genau den gegenteiligen Effekt.«
    Ich begann gerade meinen Eintritt in die gute Gesellschaft zu genießen, als ich Eaton in der Halle hörte, der mit lauter Stimme, ätzend wie Essig, Sir Samuels wohlgenährte Worte übertönte und zu wissen verlangte, wer wartete. Ich verfluchte mich, dass ich meinen richtigen Namen angegeben hatte und schoss zur Tür, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Eaton das Buch des Schreibers aufhob. Ich huschte durch die Halle auf eine Tür zu, doch als ich sie erreichte, drehte sich der Knauf, und ich erspähte die Livree eines heraustretenden Dieners. Ich stand neben der Statue der Minerva. Es war gerade genügend Platz, um mich dahinter zu quetschen, ehe Eaton explodierte.
    »Thomas Neave!«
    »Sir Andrews Sekretär, Mr Eaton.«
    »Sir Andrews …«
    Ich drückte mich so eng wie möglich an die Statue, aber die steinerne Kurve ihres Rockes wölbte sich so sehr, dass ein Teil meines Leibrocks hervorragte. Eaton eilte auf mich zu. Wenn er nach unten geschaut hätte, hätte er mich unweigerlich sehen müssen, doch sein Blick war auf den Empfangssaal gerichtet. Er marschierte hinein, den unterwürfigen Schreiber und den Bediensteten aus der Halle auf den Fersen. Ich vernahm ein undeutliches Stimmengewirr, wartete jedoch nicht ab, um das Ergebnis der Unterhaltung zu erfahren. Die Halle war leer. Ich rannte die große Treppe hinauf zur Galerie. In Abständen waren Alkoven in die Wände eingelassen, mit Glasspiegeln und kunstfertig gearbeiteten Schränken. Ich passierte eine geschlossene Doppeltür, hinter

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