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Peter Hoeg

Peter Hoeg

Titel: Peter Hoeg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fräulein Smillas Gespür für Schnee
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möchtest vermeiden, daß die Kiste in die Schraube gerät. Du willst bei Wind und Seegang nicht zu sehr schlingern, damit du nicht riskierst, daß was zu Bruch geht. Und du weißt, daß selbst kleine Bewegungen deine relative Geschwindigkeit auf dem Radar der Marine ändern. Am liebsten würdest du anhalten und die Kiste ganz vorsichtig ins Wasser fieren. Aber das geht nicht. Die notieren alle Geschwindigkeitsänderungen. Über VHP hättest du sofort den Zoll am Hals. Wenn du also wirklich etwas Großes und Schweres im Wasser abladen und das unbemerkt und diskret tun willst, brauchst du einen Testlauf. Um deine Schwimmballons und deine Peilausrüstung zu testen und den Seeleuten die Chance zu geben, ihre Decksmanöver zu üben. Um Baum und Gangspill und das Verholen ordentlich aufeinander abzustimmen. Die Kiste gestern, das war ein Testlauf, ein Dummy. Die wurde hier abgeworfen, weil man sicher sein wollte, daß man aus der Reichweite des Radars heraus war. In Wirklichkeit war das nur der Vorlauf.«
    »Wofür?«
    »Für die richtige Ware, Mann. Die wir holen sollen. Darauf kannst du Gift nehmen. Ich weiß alles über das Meer. Das hier kostet die ein Vermögen. Das einzige, was dieses Kapital verzinst, ist Dope, verstehste.«
     
    Am Ende des Tunnels schraubt sich eine schmale Wendeltreppe um einen Stahlträger, der nicht dicker ist als der Fuß eines Fahnenmasts. Jakkelsen legt die Hand auf die weiße Emaille.
    »Der hier unterstützt den vorderen Mast.«
    Ich denke an den Ladebaum und das Gangspill. Für beide ist eine Höchstbelastung von 45 Tonnen angegeben.
    »Ist aber ziemlich dünn.«
    »Säulendruck. Die Belastung des Masts bewirkt einen Druck nach unten. Da ist kein großer Seitendruck.« Ich zähle sechsundfünfzig Stufen und schätze, daß wir an Höhenmetern gestiegen sind, was in etwa einem dreistöckigen Haus entspricht. Mein Fuß macht das gerade eben noch mit.
    An einem Schott hat die Treppe einen Absatz. Im Schott ist ein kreisrunder Deckel mit einem Durchmesser von anderthalb Metern. Mit den beiden Spanngriffen sieht er aus wie der Eingang zu einem Banksafe in einem Zeichentrickfilm. Der Deckel ist nicht in das Schott eingepaßt. Die Kronos sieht aus, als sei sie zur gleichen Zeit gebaut worden wie die Kista Dan der Reederei Lauritzen, das erste, überwältigende Dieselschifferlebnis meiner Kindheit. Das war Anfang der sechziger Jahre. Der Deckel sieht aus, als sei er von vorgestern.
    Er ist nur lose geschlossen. Jakkelsen dreht beide Griffe eine halbe Drehung und zieht ihn zu uns heraus. Er sieht schwer aus, läßt sich aber widerstandslos bewegen. An der Innenseite schließt er mit einem schweren, dreifachen Flansch aus schwarzem Gummi ab.
    Hinter der Tür schwebt über einem dunklen Nichts eine Plattform. Von irgendwoher neben der Tür holt Jakkelsen eine große Batterielampe. Ich nehme sie ihm weg und knipse sie an.
    Bereits am Ton, an dem Hall von Wänden, die weit weg sind, hat man die Größe des Raumes erahnen können. Jetzt trifft der Lichtkegel auf einen Boden, der schwindelnd weit unter uns zu liegen scheint. In Wirklichkeit sind es vielleicht zehn bis zwölf Meter. Über uns sind es etwa fünf Meter bis zur Luke. Ich lasse das Licht ihre Kante umkreisen. Sie hat denselben Gummiflansch. Ich leuchte auf den Boden. Er besteht aus einem Edelstahlgitter.
    »Das ist gesenkt worden«, sagt er. »Als der Container hier stand, war es weiter oben.«
    Unter dem Gitter fällt der Boden zu einem Ablaufrost hin ab.
    Ich finde eine Ecke und lasse den Lichtkegel dort an der Wand hochwandern.
    Die Wände sind aus poliertem Stahl. Ein Stück weiter oben trifft der Lichtkegel auf einen Vorsprung. Er erinnert an einen Duschkopf, ist aber schräg nach unten abgewinkelt. Etwas höher sitzt noch einer. Danach noch ein weiterer. Dasselbe auf der anderen Seite der Wand. Im ganzen Raum sind es insgesamt achtzehn. Ich leuchte die Wände ab. In der Mitte, oben und unten hat man in jede Wand einen Gitterrost von 50 mal 50 Zentimetern eingesetzt.
    Die Plattform, auf der wir stehen, ragt einen halben Meter in den Raum hinein. Links ist eine Art Schalttafel angebracht. Auf ihr sind vier Lampen, ein Schalter, ein Meßgerät mit der Aufschrift ›Oxyg. o/oo‹, ein Meßgerät mit ›air atm.‹, ein Thermostat mit einer Skala von plus 20 bis minus 60 Grad Celsius sowie ein Hygrometer.
    Ich hänge die Lampe an ihren Platz zurück. Wir gehen hinaus, und ich schließe den Deckel. Links in der Wand ist eine kleine Tür. Ich

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