Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers
gefallen.
Als Neururer mit 18 in Münster Germanistik und Geschichte auf Lehramt zu studieren beginnt, trifft er sich abends mit -Freunden unter den Kanalbrücken der westfälischen Universitätsstadt und diskutiert die Dinge aus. Es sind lange Abende, an denen einiges getrunken und viel über Gott, die Welt und Politik geredet wird. Dabei fallt das Jun-ge-Union-Mitglied Neururer mit seinen Ansichten bisweilen etwas aus der Reihe. Manche schimpfen ihn einen Reaktionär, Neururer selbst sieht sich als Individualist. Was eben gerade auch bedeutet, dass er Mahatma Gandhi schätzt und in Tränen ausbricht, als er seinerzeit erfährt, dass Martin Luther King ermordet worden ist.
Größer als die Liebe zu Sit-ins, Teestuben und Gandhi bleibt jedoch stets die zum Fußball. Neben Fahne und Wimpel des 1. FC Köln hängen an der Wand in Peter Neururers Zimmer Fotos seiner sportlichen Helden Wolfgang Weber und Wolfgang Overath, daneben irgendwann auch ein Bild des kubanischen Freiheitskämpfers Che Guevara, und auf dem Regal steht ein gusseiserner Geißbock, über den sich Neu-rurers spätere Frau beim Einzug in die erste gemeinsame Wohnung mokieren wird: »Peter, muss diese hässliche Ziege wirklich mit?«
Nach Münster wechselt Neururer zur Uni Bochum, nimmt kurz ein Jurastudium auf, weiß aber eigentlich, dass er genauso Sport studieren will wie sein großer Bruder Günter. Und eigentlich zieht es ihn ebenfalls auf jene Hochschule, von der aus man die Flutlichtmasten des Müngersdorfer Stadions sehen kann: die Sporthochschule in Köln, der Stadt »seines« Clubs. Und tatsächlich wird Neururer bald die »SpoHo« besuchen.
Neben dem Selberspielen ist Peter Neururer immer auch Fußballfan geblieben. 1974 sitzt er beim WM-Finale im Stadion. Er ist 19 Jahre alt. Die Karte hat ihm sein Bruder besorgt, der nach seinem Sportstudium in Mainz zu dieser Zeit als Sportdezernent in Bottrop arbeitet. Als Peter Neururer in München ankommt, bietet ihm ein holländischer Fan unfassliche 500 Mark für das Ticket. Neururer verkauft es nicht, er will das Spiel sehen.
Ende der 1970er-Jahre ist Neururer regelmäßiger Gast beim Training des 1. FC Köln. Der Sportstudent schaut sich die Trainingseinheiten von Meistertrainer Hennes Weisweiler an. In dieser Zeit reift langsam die Vorstellung heran, später einmal selbst Trainer werden zu wollen. Am liebsten natürlich in der Bundesliga. Dass es als Spieler schwerer fallen würde, diesen Traum von der höchsten deutschen Spielklasse zu verwirklichen, hat Neururer im Alter von 17 Jahren erfahren. Da verletzt sich der vielversprechende Nachwuchsspieler im Probetraining beim Zweitligisten DJK Gütersloh schwer. Statt der jüngste deutsche Profi zu werden, kann er zweieinhalb
Jahre gar nicht mehr spielen. Neururer geht an Krücken. Das Sprunggelenk ist komplett kaputt, es dauert, bis der Spieler Peter Neururer sich in die Oberliga hochgearbeitet hat.
Neururers Interesse beschränkt sich schon in dieser Zeit nicht auf den deutschen Fußball allein, er unternimmt auch »Fortbildungsmaßnahmen« im Ausland, wobei ihm selbst nicht ganz klar ist, ob dabei der Fan oder der spätere Trainer der Antreiber ist - wie etwa bei seiner Reise nach Nottingham.
Sein Lieblingsclub, der 1. FC Köln, trifft im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister auf Nottingham Forest, das von Trainerlegende Brian Clough geführt wird. Neururer mag die Art der Engländer, Fußball zu spielen, und er ist auch damals schon sehr interessiert an Formen der Trainingslehre, will wissen, was die Vereine auf der Insel anders machen. Wo könnte man das besser studieren als bei der englischen Mannschaft der Stunde? Also entschließt er sich, nach Nottingham zu rfeisen.
Er hat kaum Geld, muss im Zelt übernachten und fährt gemeinsam mit einem Kumpel im Taxi zum Trainingsgelände, das außerhalb der Stadt liegt. Normalerweise halten englische Clubs auch zu dieser Zeit schon ihre Übungseinheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem clubeigenen Gelände ab. Nottingham bildet da keine Ausnahme.
Neururer geht zum Eingangstor, sagt dem Wächter, er komme aus Deutschland, und fragt dann freundlich, ob er beim Training der ersten Mannschaft zusehen dürfe. Am Ende ist es Brian Clough höchstselbst, der den jungen Mann aus Deutschland mit den langen Haaren und dem Bart aufs Gelände lässt. Clough scheint der Enthusiasmus dieses heranwachsenden Deutschen gut zu gefallen.
Zehn Tage ist Neururer vor Ort und schaut sich das
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