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Peterchens Mondfahrt

Titel: Peterchens Mondfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerdt von Bassewitz
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seinem Tanz. Er hatte sie nämlich mit seiner
Musik aufgeweckt
und gar nicht bemerkt, dass sie ihm schon eine ganze Weile zusahen.
Eigentlich
hatte er Angst und wollte sich schnell tot stellen, aber die Kinder
lachten so
vergnügt, dass er sich wieder ein Herz fasste. Er legte also
seine Geige auf
den Tisch, strich seine schöne, schwarz-weiße Weste
glatt, richtete die
kleinen Fühlhörnchen an seinem Kopf auf, machte eine
Verbeugung und stellte
sich vor: »Herr Sumsemann ! «

    Die Kinder waren aus ihrem Bettchen geklettert, und da sie
wussten, was sich
gehört, machte Peterchen auch eine Verbeugung, Anneliese einen
Knicks, und sie
stellten sich ebenso vor. Nun aber waren sie schrecklich neugierig,
beguckten
und befühlten den Sumsemann überall, bewunderten die
kleine silberne Geige und
wollten alles wissen.
    Dem dicken Maikäfer wurde ganz schwindlig von all den
Fragen nach der Grille
Zirpedirp und nach der toten Frau, die das Huhn gefressen hatte.
Plötzlich
hatte Peterchen auch entdeckt, dass ihm ein Beinchen fehlte. Der wusste
nämlich
ganz genau, wie viel Beinchen ein ordentlicher Maikäfer haben
muss, und darum
fragte er nun.
    So war also wirklich der große Augenblick
für den Letzten der Sumsemanns
gekommen: Zwei gute Kinder
fragten ihn nach seinem Beinchen. Viel hundert
Jahre hatten seine Ahnen und Vorfahren dies ersehnt und waren
totgeschlagen
worden. Und jetzt - jetzt!!
    Ihm wurde ganz grün vor den Augen, seine
Flügel zitterten vor Aufregung,
und beinahe wäre er auf den Rücken gefallen. Aber er
beherrschte sich doch, so
gut es ging, holte tief Luft, wischte sich mit einem grünen
Lindenblättchen,
das er immer als Taschentuch benutzte, den Schweiß von der
Stirn, machte eine
sehr geheimnisvolle Miene und sagte: »Ja, das ist eine sehr
traurige und
wunderbare Geschichte !«
    Nun wollten die Kinder natürlich die Geschichte
hören, schleppten
    drei Schemelchen herbei, und gleich darauf saßen sie,
der Maikäfer in der
Mitte, Peterchen links und Anneliese rechts dicht neben ihm. Es war
totenstill
in der Stube und sehr geheimnisvoll. Der Mond sah groß und
gelb durch die
Blumen vor dem Fenster, und der Maikäfer erzählte
langsam und feierlich mit
einem leisen brummenden Stimmchen die Geschichte vom Beinchen, von der
Nachtfee
und vom Mondmann. Staunend hörten die Kinder zu. Ja, das war
wirklich eine
wunderbare und geheimnisvolle Geschichte!
    Es war ihnen ganz seltsam zumute. als der Maikäfer
nun mit dem Erzählen
fertig war und sie mit zwei großen Tränen in seinen
runden Glotzäugelchen
fragend anguckte. Peterchen war sehr gerührt, und Anneliese
wischte sich mit
ihrem Hemdzipfelchen sogar die Augen, weil ihr immer die
Tränen kamen. Dann
aber fasste sich Peterchen ein Herz und sagte, dass er das Beinchen
schon recht
gern mit Anneliese vom Mond herunterholen möchte; aber der
Mond - das hatte er
schon mal gehört vom Vater -, der wäre sehr weit
fort, da oben irgendwo ganz
hoch in der Luft; und wer nicht fliegen könnte, würde
wohl niemals
hinaufkommen. Anneliese wusste zwar noch weniger vom Mond als
Peterchen; aber
hoch war er sicher, vielleicht noch höher als der Schornstein
auf dem Haus, und
sie hatte doch ein klein bisschen Angst, dass man kaputtgehen
könnte, wenn man
da hinaufwollte, ohne richtig fliegen zu können. Sie sah ganz
verlegen aus. Der
Sumsemann aber wusste: wenn die Kinder nur wollten, so war es schon
gut; wenn
sie den guten Willen hatten, zu helfen, dann konnte er sie sogar das
Fliegen
lehren. So stand es nämlich in der Familiengeschichte der
Sumsemanns deutlich
mit weißer Tinte auf grünen Blättern
geschrieben. Er hatte es auswendig
gelernt. Selig umarmte er die beiden Kinder und sagte, dass sie das
Fliegen sehr
leicht von ihm lernen könnten, wenn sie nur ein bisschen
aufpassten, wie er es
mache. Na, das war was für Peterchen und Anneliese!
    Sie fingen laut an zu lachen und tanzten wie toll in ihren
Hemdchen im Zimmer
herum. Aber es galt keine Zeit zu verlieren, wenn sie noch nach dem
Mond fliegen
wollten. Und so setzte der dicke Maikäfer sich in Positur, um
den Kindern etwas
vorzufliegen. »Aufgepasst!« sagte er, nahm seine
kleine silberne Geige ans
Kinn, spielte und sang dazu:
    »Rechtes
Bein - linkes Bein,
Rechtes Bein - linkes Bein,
Rechtes Bein und linkes Bein,
Summ! - dann kommt das
Flügelein
Summ - Summ - Summ!«
    Da flog er auch schon im Zimmer herum, und die

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