Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
Vom Netzwerk:
Küche!« Die Blondine entfernte sich.
    »Also in zwei Wochen?« sagte Pirogow.
    »Ja, in zwei Wochen,« antwortete Schiller nachdenklich. »Ich habe jetzt sehr viel Arbeit.«
    »Auf Wiedersehen, ich komme noch vorbei!«
    »Auf Wiedersehen!« antwortete Schiller und schloß hinter ihm die Tür.
    Der Leutnant Pirogow entschloß sich, seine Bemühungen nicht aufzugeben, obwohl ihn die Deutsche sehr energisch abwies. Er konnte gar nicht begreifen, daß man ihm widerstehen könnte, um so weniger, als seine Liebenswürdigkeit und sein hoher Rang ihm alles Recht auf Aufmerksamkeit verliehen. Es ist allerdings auch zu bemerken, daß Schillers Frau bei ihrer Anmut sehr dumm war. Übrigens verleiht die Dummheit einer hübschen Gattin einen besonderen Reiz. Ich habe jedenfalls viele Männer gekannt, die über die Dummheit ihrer Frauen entzückt waren und in ihr alle Anzeichen kindlicher Unschuld sahen. Die Schönheit wirkt Wunder. Alle inneren Mängel einer schönen Frau erscheinen nicht abstoßend, sondern im Gegenteil besonders anziehend; sogar das Laster selbst atmet an ihnen Anmut; ist aber diese Anmut nicht vorhanden, so muß die Frau zwanzigmal klüger sein als der Mann, um, wenn nicht Liebe, so doch wenigstens Achtung zu wecken. Schillers Frau war übrigens, trotz ihrer Dummheit, ihrer Pflicht als Gattin treu, und darum fiel es Pirogow ziemlich schwer, bei seinem kühnen Unternehmen einen Erfolg zu erringen. Die Überwindung von Hindernissen ist aber immer mit einem eigenen Genuß verbunden, und die Blondine wurde für ihn von Tag zu Tag interessanter. Er erkundigte sich recht oft nach seinen Sporen, und das wurde Schiller auf die Dauer lästig. Er wandte alle Mühe an, um mit den Sporen fertig zu werden; endlich waren sie fertig.
    »Ach, was für eine wunderbare Arbeit!« rief der Leutnant Pirogow, als er die Sporen sah. »Gott, wie schön sind sie gemacht! Unser General besitzt keine solchen Sporen.«
    Ein Gefühl von Selbstzufriedenheit ergriff Schillers Seele. Seine Augen blickten ziemlich vergnügt, und er fing an, sich mit Pirogow innerlich auszusöhnen. – Der russische Offizier ist ein kluger Mann! – dachte er bei sich.
    »Nicht wahr, Sie könnten mir auch eine Fassung für einen Dolch oder für einen anderen Gegenstand anfertigen?«
    »Oh ja, gewiß kann ich das!« antwortete Schiller mit einem Lächeln.
    »Dann machen Sie mir eine Fassung für einen Dolch. Ich werde ihn Ihnen bringen. Ich habe einen guten türkischen Dolch, aber ich möchte mir für ihn eine andere Fassung machen lassen.«
    Dies wirkte auf Schiller wie eine Bombe. Er runzelte die Stirne. – Da haben wir es! – sagte er zu sich und verwünschte sich innerlich, weil er diesen Auftrag selbst herausgefordert hatte. Er hielt es für unehrlich, ihn jetzt abzulehnen; außerdem hatte der russische Offizier seine Arbeit gelobt. – Er schüttelte einigemal den Kopf und erklärte sich einverstanden; aber der Kuß, den Pirogow beim Weggehen ganz frech der hübschen Blondine mitten auf den Mund drückte, brachte ihn ganz aus der Fassung.
    Ich halte es nicht für überflüssig, den Leser mit Schiller etwas näher bekannt zu machen. Schiller war ein echter Deutscher im vollen Sinne des Wortes. Schon als Zwanzigjähriger, in jenem glücklichen Alter, wo der Russe in den Tag hinein zu leben pflegt, hatte Schiller sein ganzes Leben im voraus eingeteilt und wich dann von dieser Einteilung unter keinen Umständen ab. Er hatte sich vorgenommen, jeden Morgen um sieben Uhr aufzustehen, um zwei Uhr zu Mittag zu essen, in allen Dingen pünktlich zu sein und sich jeden Sonntag zu betrinken. Er hatte sich vorgenommen, im Laufe von zehn Jahren ein Kapital von fünfzigtausend Rubeln zusammenzusparen, und dieser Vorsatz war ebenso unabänderlich wie das Schicksal selbst, denn eher wird der Beamte vergessen, in das Portierzimmer seines Vorgesetzten hineinzublicken, als daß ein Deutscher sich entschließt, seinen Vorsatz zu ändern. Niemals und unter keinen Umständen überschritt er die ein für allemal festgesetzten Auslagen, und wenn der Kartoffelpreis stieg, so gab er keine Kopeke mehr aus, sondern setzte nur das Quantum herab; er blieb dabei zwar etwas hungrig, aber er gewöhnte sich daran. Seine Pünktlichkeit ging so weit, daß er sich vorgenommen hatte, seine Frau nicht mehr als zweimal im Laufe von vierundzwanzig Stunden zu küssen; um diese Zahl einzuhalten, und ihr ja keinen überzähligen Kuß zu geben, tat er nie mehr als einen Teelöffel Pfeffer in

Weitere Kostenlose Bücher