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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Jungferntrunk‹?«
    Maggie hielt kurz vor der geschlossenen Küchentür inne. Sie stieß meine Hand von sich und kreischte, mit einem Mal ohne Angst vor Zuhörern: » Ein Jungferntrunk? Dafür bist du zu Mutter Chilton gegangen? Wegen eines Jungferntrunks?«
    » Ich …«
    » Für wen? Schau mich an, wenn ich mit dir rede – für wen?«
    » Das kann ich nicht sagen.«
    » Darauf möchte ich wetten! Wenn ich nur daran denke, dass ich dir vertraut habe – dass ich sogar gedacht habe … ein Jungferntrunk! Du bist ein dreckiges Biest!«
    » Maggie, lass dich nicht …«
    » Sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe! Geh mir aus den Augen! Ein Jungferntrunk!«
    Sie stieß die Tür auf und schoss in die Küche, wo sie sie hinter uns zuknallte. Ehe sie weglaufen konnte, packte ich sie an der Schulter. » Wozu ist es gut? Wozu?«
    » Spiel mir nicht vor, dass du es nicht weißt! Wer war sie, irgendeine Hure, die man für dich geholt hat, von der du dummerweise angenommen hast, dass sie sauber war, und die dir nun leidtut? Warst du der Einzige, der etwas mit ihr hatte? Wenn ich nur daran denke, dass ich dir geholfen habe!« Maggie riss sich aus meinem Griff los und rannte aus der Küche, wo sie das halbfertige Brot auf dem Tisch liegen ließ.
    Und ich verstand.
    Lady Cecilia hatte den Krabbler. Sie war mit jemandem im Bett gewesen, und er hatte sie angesteckt. Männer konnten die Krankheit übertragen, wurden aber nicht krank davon. Frauen wurden krank. Unbehandelt konnte der Krabbler sogar dafür sorgen, dass Frauen keine Kinder mehr bekommen konnten. Schlüpfrige Witze, die ich auf den Landfesten gehört hatte, verrieten mir, dass Mädchen große Angst vor dem Krabbler hatten, der zu Rötungen und Juckreiz führte, unten in ihren …
    Cecilia. Meine leuchtende Lady.
    Wer war er?
    In der Vorratskammer zog ich wieder meine Hofkleider an. Ich stahl eine Laterne aus der Küche, zündete sie an und machte mich auf den Weg zurück durch das Labyrinth aus Höfen, die ich kaum wahrnahm. Zorn und Hass brannten in mir. Auf ihn, der sie genommen hatte. Auf sie, die aus mir den Narren gemacht hatte, der ich war. Die ganze Zeit hatte ich sie bewundert, angebetet, hätte mein Leben für einen Kuss von ihr gegeben, und Cecilia hatte sich mit einem der Höflinge ins Bett gelegt, hatte womöglich wie Lady Jane ihre Unschuld bei einem Spiel verloren …
    Nein. Die Wahrheit überkam mich so plötzlich, dass ich abrupt neben einem noch winterlich leeren Pflanzenbeet anhielt, meine Füße im Boden verwurzelt wie der Baum, dessen kahle Äste sich über mir bogen. Es war nicht irgendein Lord Tom oder Sir Harry. Wenn es so gewesen wäre, hätte Cecilia getan, was immer die anderen Hofdamen unter solchen Umständen taten. Es musste jemand gewesen sein, dem sie sich nicht anvertrauen konnte. Es war der Prinz gewesen.
    Ich sah sie abermals, wie sie an dem Tag, an dem ich bei Hofe angekommen war, zu Emma Cartwright gelaufen war, um sich in ihrem Zimmer vor Prinz Rupert zu verstecken. Ich hatte damals, als ich sie noch nicht gekannt hatte, gedacht, dass ihre Suche nach einem Versteck aufrichtig war. Cecilia lebte für die Bewunderung, dafür, dass man sie umschmeichelte, für die Liebe. Sie hatte ihn geneckt, genauso wie sie mich neckte, wie sie jeden Mann bei Hofe neckte. Aber Prinz Rupert hatte sie ins Bett geführt, und die anderen Hofdamen wussten Bescheid. » Cecilia, es gibt noch andere Dinge außer Tanzen.« » Ich glaube, das weiß sie!« und » Grünes Holz brennt heißer als gelbes« – der Prinz hatte Grün bevorzugt, um seiner Schwester zu imponieren.
    Emma Cartwright hatte den Hof verlassen, kurz nachdem ich angekommen war – war sie entlassen worden, weil sie zu viel wusste? Wusste die gute Gevatterin Cartwright, dass Prinz Rupert den Krabbler hatte und zweifellos auch seine neue Braut damit anstecken würde? Dieses Wissen hätte die Hochzeit mit Prinzessin Isabelle nichtig machen können, hätte das politische Bündnis mit dem reichen Land der Braut gefährden können. Kein Wunder, dass Cecilia beinahe hysterisch geworden war. Sie hatte den Krabbler von einem Prinzen.
    Es war in diesem Moment, in der Dunkelheit einer kalten Frühlingsnacht, dass ich zum ersten Mal verstand, was das Leben bei Hofe wirklich war. Ich war ein Narr gewesen; ich war immer noch ein Narr. Aber jetzt verstand ich es. Nichts war, wie es schien. Alles war käuflich, und alles wurde danach bewertet, wie es das Netz der Macht beeinflusste.
    Mein neues

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