Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
Vom Netzwerk:
ob ich halb verhungert wäre.
    Als Maggie die anderen Mädchen weggeschickt hatte, ging ich in die Vorratskammer und zog meine alten Kleider an. Sie waren viel zu eng; ich hatte zugelegt, seit ich der Narr der Königin geworden war. Ich zog mir das Deckenstück vors Gesicht, Augen und Mund hinter den groben Löchern verborgen. Als ich aus der Speisekammer trat, gab Maggie ein ersticktes Geräusch irgendwo zwischen einem lachendem Schrei und einem verärgerten Grunzen von sich. Ich zog mir die Kapuze über den Kopf, sodass sie mir weit in die Stirn hing.
    » Hier entlang«, sagte sie und schüttelte dabei den Kopf. Ein weiterer kleiner Hof öffnete sich zum Himmel, in diesem stapelten sich leere Kisten und Krüge, und es roch nach altem Gemüse. Nach der warmen Küche war die Kühle sehr angenehm. Maggie sperrte eine Tür auf, die in die Mauer eingelassen war, und der Geruch des Flusses wehte herein. Das Wasser floss träge nur ein paar Fuß entfernt dahin, und Steinstufen führten hinab zu Pfählen, an denen die Lastkähne festgemacht wurden. Im Augenblick trieben dort keine Barken. Zwischen dem Fluss und der Palastmauer krümmte sich ein schmaler Weg in beide Richtungen.
    » Du kannst nach rechts oder links gehen«, sagte Maggie.
    » Wo entlang geht es zu Mutter Chilton?«
    Sie packte mich am Arm, riss mich zurück nach drinnen und knallte die Tür zu. » Weshalb gehst du zu Mutter Chilton?«
    » Das kann ich dir nicht sagen«, antwortete ich mit so viel Würde, wie ich aufbringen konnte, was nicht sehr viel war.
    » Die Königin würde niemals mit dieser Hexe Geschäfte machen!«
    » Sie ist eine Hexe?«
    » Ja. Nein. Nein, natürlich nicht, so etwas gibt es gar nicht. Mutter Chilton ist eine Heilerin. Aber Roger … was hast du nun angestellt?«
    » Ich habe nichts angestellt.«
    » Wer dann?«
    Ihre grauen Augen blickten mich starr an. Ich antwortete nicht. Schließlich sagte sie: » Geh nach links. Geh drei Gassen weiter und dann nach rechts. Halt nach dem Zelt mit der Abbildung von zwei Schwänen Ausschau, die ganz unten aufgemalt sind. Warte, du wirst eine Laterne brauchen.«
    Als sie sie mir gegeben hatte, sagte ich demütig: » Danke, Maggie. Ohne dich könnte ich das nicht schaffen.«
    » Ich vermute, du solltest es auch gar nicht schaffen. Ich werde hier warten, um dich wieder hereinzulassen. Bleib nicht zu lang!«
    » Das werde ich nicht.« Wie konnte ich das versprechen? Ich konnte gar nicht wissen, wie lange ich bleiben würde. Ich ging durch die offene Tür hinaus, die Laterne in der Hand.
    Im Herbst war die Stadt, wie mir Kit Beale erzählt hatte, abends meistens verlassen, weil sich die Leute, die hier ihre Stände hatten, nach Hause in die umgebenden Dörfer zurückzogen. In diesem kalten Frühling schien sie ganz verlassen zu sein. Zelte boten kaum Schutz vor der Kälte. Aber in einigen dieser Gebäude aus Stoff glühten Laternen, und ich hörte Gelächter aus etwas dringen, das wie ein Bierzelt aussah. Trotzdem hätte ich nicht spät in der Nacht hier sein wollen, in der Gesellschaft der Art von Leuten, die bis spät in die Nacht blieben. Meine Zähne klapperten, als ich weiterhuschte, und das nicht vor Kälte. In der dritten Gasse musste ich mich bücken, um die beiden schwarzen Schwäne zu entdecken, die ganz unten auf ein Zelt gemalt waren – eine grobe Zeichnung, die vorgab, eine Kinderschmiererei zu sein. Cecilia hatte selbstverständlich angenommen, dass ich ihren Wünschen mühelos gerecht werden konnte, weil sie an Leute gewöhnt war, die ihre Wünsche ausführten. Aber ohne Maggie hätte ich diesen Ort nie gefunden. Nie.
    Eine Glocke hing draußen, und ich zog daran. Nach ein paar Minuten in der Kälte, die mir bis ins Mark drang, wurde die Zeltklappe zurückgeschlagen und eine Stimme sagte: » Komm schon herein.«
    Ich ging hinein.
    Ein offenes Feuer brannte in einem Kohlebecken in der Mitte des Zeltes, der Rauch stieg zu einem Loch im Dach hoch, und das Licht flackerte auf den Zeltwänden. Dutzende Stangen standen an den Wänden, deren Enden in den nackten Boden gerammt waren, und von jeder Stange hingen Gegenstände, die mit Schnüren oder großen Nägeln dort befestigt waren. Flaschen, Pflanzen, Federn, Häute, Holzstücke, ausgebeulte Stoffbeutel in allen Größen, Dinge, für die ich keinen Namen hatte. Neben den Stangen war nur noch Platz für das Kohlebecken, eine Pritsche aus Stroh, Decken und einen Tisch mit nur einem Stuhl. Auf dem Stuhl saß nicht die Alte, die ich erwartet

Weitere Kostenlose Bücher