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Pfad der Seelen

Pfad der Seelen

Titel: Pfad der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Such-die-Münze, und Ihr könnt es mit Leichtigkeit wiederfinden. Trinkt alles auf einmal, esst einen Tag lang nichts und geht …« Meine Stimme brach. » … geht eine Woche lange mit niemandem ins Bett.«
    » Oh, ich danke dir so …«
    » Ist es Prinz Rupert gewesen?«
    Sie erstarrte neben mir, dann stand sie auf und eilte fort, ihre Satinröcke raschelten. Aber einen Augenblick später war sie wieder da; ihre Lippen so nahe an meinem Ohr, dass ich die duftende Seife in ihrem feuchten Haar riechen konnte, flüsterte sie: » Schätze mich deswegen nicht gering, das könnte ich nicht ertragen«, und war wieder fort.
    Mein Brustkorb zog sich fest zusammen und blieb so, und ich musste mich zum Weiteratmen zwingen. Weshalb sollte es Lady Cecilia kümmern, was ich, der Narr der Königin, von ihr hielt?
    Ich beobachtete, wie sie die langsamen, ruhigen Figuren des höfischen Tanzes absolvierte, ihr ruheloser Liebreiz sich auf einen Schritt vor, zwei zurück und ein leichtes Neigen des Kopfes beschränken musste. Falsch, ganz falsch. Der falsche Tanz für sie, der falsche Mann, genauso falsch wie die Fröhlichkeit der Höflinge.
    Als es gerade dunkel wurde, öffnete sich die Tür zu den Privatgemächern, und die Königin trat heraus. Sofort verbeugten sich die Tänzer und Musikanten tief. Die Königin blickte sie freudlos an. Sie trug ein Kleid von so tiefem Grün, dass es beinahe schwarz wirkte, und die dunkle Farbe ließ ihre Haut kalkweiß erscheinen. Sie sah dadurch älter aus, ganz anders als die Frau, die mich bei Mitternacht befragt hatte, und erst recht anders als diejenige, die mit ihrem Hofstaat an dem Tag, an dem sie mich dort gefunden hatte, lärmend durch die Küche gezogen war. Jetzt fiel mir auf, dass sie sich seit damals nie mehr ihren Höflingen mit derselben Selbstvergessenheit angeschlossen hatte.
    War sie in jener Nacht nur um meinetwillen in die Küche gekommen?
    » Roger?«, fragte sie jetzt. » Komm, Narr.«
    Ich erhob mich und ging zwischen den knienden Höflingen hindurch zu den Privatgemächern.
    » Dann tanzt weiter«, sagte Königin Caroline, lächelte sie alle an und schloss die Tür. Sie wandte sich mir zu. » Es ist mir aufgefallen, dass du seit gestern nichts gegessen haben kannst, Roger. Setz dich und iss.«
    Hier war sie wieder: die Freundlichkeit einer Frau, die mir mit Folter gedroht hatte, ihre Achtsamkeit gegenüber Kleinigkeiten inmitten all der großen Sorgen, die sie verzehrten. Lord Robert saß am anderen Ende des Tisches, der nun mit einer grün bestickten Tischdecke gedeckt war, die bis zum Boden hing, sein Gesicht war so trostlos wie ihres. Seine Finger lagen locker um den Stiel eines Weinkelches. Als er den Kelch zum Mund hob, blitzten die grünen Steine seiner Ringe im Feuerlicht.
    Ich belud mir einen Teller – es war immerhin ein königlicher Befehl – mit Fleisch und Früchten und Brot und Käse und schlang alles hinunter. Ich trank zwei Kelche Wein. Die Königin und Lord Robert unterhielten sich nur über unbedeutende Dinge: wie sich das Wetter geändert hatte, das Hufeisen, das sein Pferd verloren hatte, Lady Margarets Erkältung, eine Lieblingsjagdhündin, die werfen würde. Das Feuer brannte herunter, und der Raum wurde in Schatten getaucht. Nach meinem schweren Essen und noch schwerwiegenderen Gedanken fühlte ich mich schläfrig. Als ich tief in meinen Sessel auf der anderen Seite des Tisches sank, sagte die Königin: » Roger, du darfst jetzt gehen und …«
    Die Tür wurde mit der Macht eines Sturmes aufgestoßen, und Soldaten platzten herein.
    Blaue Soldaten, nicht die grüne Garde der Königin. Die Ärmel über der Rüstung waren blau, die Bänder an ihren Helmen blau, die Wappen auf ihren Schilden … ihre Kurzschwerter waren gezogen. Ehe mir bewusst wurde, dass ich mich bewegte, war ich im Stuhl nach unten geglitten und unter den Tisch gekrochen, wo das lange Tischtuch mich verbarg.
    Lord Robert sprang auf, seine Hand am Schwert. Aber dann drang eine Frauenstimme heran.
    » Caroline.«
    Ich kannte diese eisige Stimme, obwohl ich sie erst einmal gehört hatte. Die alte Königin. Die Tür wurde zugeworfen. Unter der Kante des Tischtuchs konnte ich den Saum ihres blauen Kleides erkennen, die schweren Stiefel der Soldaten. Ich spürte, wie Lord Robert zögerte. Dann ging er um den Tisch, zwischen die beiden Königinnen, und kniete sich hin. » Eure Hoheit«, sagte er, womit er ihr nicht den Titel der herrschenden Monarchin gewährte, sondern den eines Mitglieds

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