Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
…«
Olivia zog amüsiert eine Braue hoch. »Ja?«
»Vielleicht sollte ich es erklären«, sagte Gabriella rasch.
Nathanial nickte sichtlich erleichtert.
»Lady Rathbourne … Olivia«, begann Gabriella. »Mein Bruder war ein Archäologe, der ein seltenes antikes Siegel entdeckte. Ein Siegel, das sich auf die verschwundene Stadt Ambropia bezog, der erste Hinweis auf die Stadt, der jemals gefunden wurde. Leider wurde ihm das Siegel gestohlen, und er starb noch während der Suche danach.«
»Ach, du meine Güte, das tut mir leid«, murmelte Olivia.
»Danke«, sagte Gabriella und fuhr fort. »Nun ist es an mir, das Siegel zu finden und zu beweisen, dass es seine Entdeckung war. Ich beabsichtige, es der Antikengesellschaft zu stiften, daher wurden wir von der Gesellschaft autorisiert, ihren Namen bei unseren Nachforschungen zu benutzen.«
»Die Antikengesellschaft? Eine angesehene Institution, fürwahr.«
Gabriella wurde etwas mulmig, denn »autorisiert« war wohl nicht ganz der richtige Ausdruck.
»Und wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Olivia.
»Einer der Männer, die mein Bruder verdächtigte, ihm das Siegel entwendet zu haben, war ein gewisser Javier Gutierrez.« Gabriella überlegte. Wie beschuldigte man den Ehemann einer Dame des Diebstahls und möglicherweise Schlimmerem? »Anscheinend sammelt er häufiger im Auftrag von Lord Rathbourne Antikes.«
»Ah, ich verstehe«, sagte Olivia, die abrupt sehr unterkühlt wirkte.
Ein Dienstmädchen kam mit einem Tablett mit Tee und Keksen herein. Olivia wartete, bis das Mädchen wieder gegangen war, ehe sie sagte: »So gern ich Ihnen auch helfen würde, fürchte ich, dass ich es nicht kann.« Sie schenkte Gabriella Tee ein, reichte ihr die Tasse, und goss dann Nathanial ein. »Ich weiß sehr wenig über die Aktivitäten meines Gemahls bezüglich seiner Sammlungen.«
»Olivia.« Nathanial lehnte sich vor. »Wir hatten gehofft, dass Sie eventuell wissen, ob er in den Besitz eines solchen Siegels gekommen ist. Oder ob er etwas erwähnte, das uns weiterhelfen könnte. Möglicherweise haben Sie etwas von Neuerwerbungen für seine Sammlungen bemerkt oder …«
»Mein lieber Nathanial«, unterbrach Olivia ihn in einem Tonfall, als wäre die Angelegenheit gänzlich bedeutungslos. Währenddessen schenkte sie sich selbst Tee ein. »Ich teile die Leidenschaft meines Ehemannes für derlei Dinge nicht. Folglich spricht er nie mit mir über seine Neuerwerbungen, und ein Siegel wie jenes, von dem Sie sprechen, würde ich nicht einmal erkennen, wenn ihm Beine wüchsen und es in den Salon gelaufen käme. Darüber hinaus …« Alles Warme und Freundliche war gewichen, und ihre Haltung war hart und resolut. »Mein Ehemann sammelt aus Freude am Besitz. Er genießt es besonders, andere Sammler oder, noch mehr, Museen oder Institutionen zu überbieten. Für ihn ist es eine Art Spiel, und sein Vermögen erlaubt ihm, stets das Beste zu fordern, ohne Rücksicht auf die Kosten. Was ich meine, ist, dass er ein Mann ist, mit dem man nicht spaßen sollte.«
Sie nippte an ihrem Tee. »Ich würde Ihnen erlauben, seine Sammlung anzusehen und sich selbst zu überzeugen, ob sich darunter das von Ihnen Gesuchte befindet, aber das ist nicht möglich. Er bewahrt sie in einem verschlossenen Raum auf, wo einzig er allein sich an dem Anblick erfreuen kann. Ich habe keinen Zugang zu jenem Zimmer und wünsche es auch nicht. Weder kenne ich seine Neuerwerbungen, noch interessiere ich mich für sie. Die Sammlung ist, wie gesagt, etwas, das wir nicht teilen.«
Bei aller Enttäuschung empfand Gabriella auch einen Anflug von Mitgefühl mit dieser wunderschönen Frau, die scheinbar alles besaß und zugleich nichts.
»Was diesen Mr Gutierrez betrifft, der Name ist mir nicht bekannt. Allerdings ist es nicht verwunderlich, denn ich lerne die Herren gemeinhin nicht kennen, mit denen Lord Rathbourne geschäftlich verkehrt.« Sie machte eine Pause. »Dennoch würde es mich gewiss nicht überraschen, sollten er und mein Ehemann in etwas verwickelt sein, das, nun, nicht ganz legal ist. Falls dieses Siegel so selten ist, wie Sie sagen, wäre es exakt die Art Gegenstand, die Lord Rathbournes Begehren weckt. Mithin wäre seine Beteiligung in dieser Angelegenheit nicht ungewöhnlich.«
»Was Sie jedoch nicht wissen«, sagte Nathanial.
»Nein, tut mir leid. Und ich würde ihn auch nicht danach fragen.« Olivia zögerte. »Lord Rathbourne und ich führen separate Leben. Hin und wieder erscheine ich mit ihm bei
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