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Pfade Ins Zwielicht

Pfade Ins Zwielicht

Titel: Pfade Ins Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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selbst das musste von dem unterdrückt worden sein, was sie alle wahrnahmen. Elayne war der festen Überzeugung, dass sie, wäre sie in die oberste Etage gestiegen, die Wellen dieses gewaltigen Fanals hätte sehen können, auch wenn sie Hunderte von Meilen entfernt waren. Sie kam sich wie eine Ameise vor, die sich zum ersten Mal der Berge bewusst geworden war, eine Ameise, die das Rückgrat der Welt mit dem Hügel verglich, der ihr immer Ehrfurcht eingeflößt hatte. Ja, angesichts dessen mussten selbst die Windsucherinnen die Köpfe einziehen.
    Der Stallhof der Königin, der sich am Ostflügel des Palasts befand und im Norden und Süden von jeweils einem zweistöckigen Stall aus weißem Stein abgegrenzt wurde, war traditionellerweise den Pferden und Kutschen der Königin vorbehalten, und sie hatte gezögert, ihn zu benutzen, bevor man ihr den Löwenthron zugesprochen hatte. Die Schritte, die zum Thron führten, waren so kompliziert wie bei einem Hoftanz, und auch wenn dieser Tanz manchmal Ähnlichkeit mit einer Tavernenschlägerei hatte, musste man dennoch seine Schritte mit Präzision und Anmut ausführen, wollte man sein Ziel erreichen. Die Beanspruchung von Sonderrechten vor der Amtseinführung hatte einige Anwärterinnen die Herrschaft gekostet. Am Ende hatte sie entschieden, dass das keine Überschreitung war, die sie übermäßig stolz erscheinen lassen würde. Außerdem war der Stallhof der Königin eher klein und wurde für nichts anderes benutzt. Hier musste man weniger Leute als anderswo fern halten, wenn man ein Wegetor öffnen wollte. Tatsächlich war der gepflasterte Hof abgesehen von einem mit einem roten Mantel bekleideten Stallburschen menschenleer, als sie ihn betrat; er stand vor einer der bogenförmigen Stalltore und drehte sich um, um hineinzurufen, und ein Dutzend weiterer Stallburschen strömte heraus, während sie Feuerherz von dem abgesperrten Rechteck ritt.
    Schließlich wäre es durchaus möglich gewesen, dass sie in Begleitung mächtiger Lords und Ladys zurückkam; vielleicht hofften sie es auch nur.
    Caseille brachte die Gardistinnen durch das Tor und befahl den meisten abzusteigen und sich um ihre Tiere zu kümmern. Sie selbst und ein halbes Dutzend Frauen blieben im Sattel sitzen und hielten über den Köpfen der zu Fuß gehenden Menschen Wache. Nicht einmal hier ließen sie Elayne unbewacht. Vor allem hier, wo mehr Gefahren auf sie lauerten als in jedem der von ihr besuchten Herrenhäuser. Die Männer von Matherin gingen hierhin und dorthin und standen Stallburschen und Gardistinnen im Weg, während sie die weißen Steinbalkone und Säulengänge anstarrten, die auf den Hof hinausschauten, und die dahinter befindlichen Türme und goldenen Kuppeln. Die Kälte schien hier weniger ausgeprägt zu sein als in den Bergen - die Weigerung, sich von ihr berühren zu lassen, jedenfalls so weit sie das im Augenblick konnte, bedeutete nicht gleichzeitig, dass sie sie nicht länger wahrnehmen konnte -, aber Männer, Frauen und Pferde stießen noch immer Atemwölkchen hervor. Nach der klaren Bergluft erschien der Gestank von Pferdemist ebenfalls übermäßig stark. Ein heißes Bad vor einem lodernden Kaminfeuer wäre ihr jetzt sehr willkommen gewesen. Danach würde sie sich wieder der Aufgabe zuwenden, sich den Thron zu sichern, aber im Augenblick wäre ein langes Eintauchen in heißes Wasser genau das Richtige.
    Zwei Stallburschen kamen angerannt. Einer nahm nach einer flüchtigen Verbeugung Feuerherz' Zaumzeug - er war mehr darauf bedacht, dass der große Wallach keinen Ärger machte, während Elayne abstieg -, während der andere nach seiner tiefen Verbeugung gebückt stehen blieb und mit den Händen für Elayne einen Steigbügel bildete. Sie hatten für den Anblick der schneebedeckten Bergwiese, die sich dort erstreckte, wo sonst eine Mauer zu sehen war, kaum mehr als einen flüchtigen Blick übrig. Mittlerweile hatte sich das Stallpersonal an die Wegetore gewöhnt. Elayne war zu Ohren gekommen, dass sie sich in den Tavernen freihalten ließen, indem sie damit prahlten, wie oft sie den Gebrauch der Macht erlebten und von welchen angeblichen Taten sie Zeugen geworden waren. Elayne konnte sich lebhaft vorstellen, wie diese Geschichten klingen würden, wenn sie bis zu Arymilla gedrungen waren. Ihr gefiel die Vorstellung, dass Arymilla an den Nägeln kaute.
    Sie hatte den Fuß noch nicht auf das Steinpflaster gesetzt, als eine Horde Gardistinnen sie auch schon umringte; sie trugen blutrote Hüte mit

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