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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Kissen zurück. Im selben Moment war sie auch schon wieder
eingeschlafen und rührte sich erst, als Cam zurückkehrte und sie in die Arme nahm. »Geht es ihm besser?«, hauchte sie.
    »Noch nicht. Aber auch nicht schlechter. Das ist ein gutes Zeichen. Und nun, schließ die Augen …« Und mit seiner ruhigen Stimme wiegte er sie in den Schlaf.
     
    Merripen erwachte in einem verdunkelten Schlafzimmer. Das einzige Licht stammte von einem winzigen Spalt zwischen den geschlossenen Vorhängen – ein strahlender Streifen Silber, das hell leuchtende Weiß des Mittags.
    Sein Kopf pochte unerträglich. Seine Zunge schien doppelt so groß wie gewöhnlich zu sein, lag trocken und geschwollen in seinem Mund. Seine Knochen schmerzten, ebenso wie seine Haut. Selbst seine Wimpern taten weh. Merripens Welt hatte sich auf sonderbare Weise umgekehrt, und auf einmal schmerzte alles bis auf seine Schulter, die angenehm warm pulsierte.
    Er versuchte, sich zu bewegen. Augenblicklich trat jemand zu ihm.
    Win. Kühl, zerbrechlich, köstlich duftend, ein liebreizender Geist in der Dunkelheit. Ohne ein Wort zu sagen, setzte sie sich an den Bettrand, stützte seinen Kopf und gab Merripen winzige Schlucke Wasser zu trinken, bis sein Mund feucht genug war, um zu sprechen.
    Also war er nicht gestorben. Und wenn ihn der Tod bis jetzt nicht heimgesucht hatte, würde er es wahrscheinlich auch nicht mehr tun. Merripen wusste nicht, wie er reagieren sollte. Seine frühere Lebenslust war einer trostlosen Melancholie gewichen. Womöglich
waren das die Nebenwirkungen des Morphiums, dachte er.
    Win hielt Merripens Kopf und strich mit den Fingern durch sein mattes, ungewaschenes Haar. Das leichte Kratzen ihrer Fingernägel auf seiner Kopfhaut war wie Balsam für seinen schmerzenden Körper. Aber er schämte sich für seinen schmutzigen Zustand und schob die zarte Hand wütend weg.
    »Ich muss in der Hölle sein«, murmelte er.
    Win lächelte ihn so liebevoll an, dass ihre Gegenwart geradezu unerträglich war. »Denkst du etwa, ich könnte in der Hölle sein?«
    »In meiner Vorstellung … ja.«
    Ihr Lächeln wurde fragend, verschwand dann völlig, und schließlich legte sie seinen Kopf vorsichtig zurück aufs Bett.
    Win wäre die Hauptperson in Merripens Hölle. Den stechendsten, alles verzehrendsten Schmerz, dem er je ausgesetzt gewesen war, hatte er ihr zu verdanken – die unerträgliche Qual, etwas von Herzen zu begehren und nie zu bekommen, zu lieben, ohne je geliebt zu werden. Und jetzt schien es so, als wäre diesem Leiden kein Ende gesetzt. Eigentlich hätte er sie hassen müssen, hätte er sie nicht so verehrt.
    Win beugte sich über ihn und berührte den Verband an seiner Schulter, um ihn zu lösen.
    »Nein!«, fauchte Merripen und wich vor ihr zurück.
    Unter der Bettdecke war er nackt, stank nach Schweiß und Medizin. War ein riesiges, schwerfälliges Ungetüm. Und was noch schlimmer war, gefährlich verwundbar. Wenn sie ihn weiterhin liebkoste, ihn umsorgte, würde ihn seine mühsam zurückgehaltene
Leidenschaft übermannen, und er würde irgendetwas Schreckliches sagen oder tun. Er musste eine schützende Distanz zwischen Win und sich bringen.
    »Kev«, sagte sie, und ihr übertrieben fürsorglicher Ton machte ihn nur noch rasender, »ich möchte mir die Wunde ansehen. Es ist an der Zeit, den Verband zu wechseln. Wenn du dich einfach flach hinlegen würdest und mich …«
    »Nicht du!«
    Flach hinlegen . Als wäre das überhaupt möglich, mit der pochenden Erektion, die augenblicklich zum Leben erweckt worden war, als sie ihn berührt hatte. Er war nichts weiter als ein Tier, das von ihr Besitz ergreifen wollte, obwohl er krank und schmutzig und immer noch mit Morphium vollgepumpt war … obwohl er wusste, dass er ihr Todesurteil unterzeichnen würde, falls er mit ihr schliefe. Wäre er ein gläubiger Mann, hätte er den herzlosen Himmel angefleht, damit Win nie von seinen Gefühlen und lüsternen Gedanken erfuhr.
    Ein langer Moment verstrich, bevor Win mit ausdrucksloser Stimme fragte: »Und wer soll dir dann den Verband wechseln?«
    »Das ist mir egal.« Merripen behielt die Augen geschlossen. »Solange du es nicht bist.«
    Er wusste beim besten Willen nicht, was Win durch den Kopf schoss, während sich das Schweigen schier unendlich auszudehnen schien. Er spitzte die Ohren, als er das Rascheln von Röcken hörte. Bei der Vorstellung, wie sich der weiche Stoff um ihre schlanken Beine kräuselte, stellten sich ihm alle Haare am Körper

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