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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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auf.

    »Also schön«, sagte sie in sachlichem Ton, nachdem sie die Tür erreicht hatte. »Ich werde jemanden zu dir schicken.«
    Merripen glitt mit der Hand zu der Stelle auf der Matratze, wo sie gesessen hatte, und spreizte die Finger. Mit aller Gewalt versuchte er, sein Herz zu verschließen, das zu viele Geheimnisse barg.
     
    Während Win vorsichtig die breite Treppe hinabstieg, sah sie Cam Rohan auf sich zukommen. Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Win hatte sich stets ein wenig unwohl in der Gegenwart fremder Männer gefühlt, und sie war sich nicht sicher, was sie von diesem halten sollte. Rohan hatte in kürzester Zeit eine einflussreiche Position in ihrer Familie eingenommen. Er hatte das Herz ihrer älteren Schwester so geschickt gestohlen, dass sie selbst es noch nicht einmal bemerkt hatte.
    Ähnlich wie Merripen war Rohan ein großer, starker Mann. Und wie Merripen war er ein Roma, ging mit seinem Schicksal jedoch gelassener um und schien sich unendlich viel wohler in seiner Haut zu fühlen. Rohan war charmant und einnehmend, wohingegen Merripen geheimniskrämerisch und grüblerisch war. Aber trotz Rohans gewinnendem Wesen ging ein Hauch von Gefahr von ihm aus, und es war nicht zu übersehen, dass er mit einer dunklen Seite des Lebens vertraut war, die die behüteten Hathaways nicht kannten.
    Er war ein Mann, der Geheimnisse zu hüten wusste … wie Merripen. Die identischen Tätowierungen hatten in Win die Frage aufkommen lassen, welche Verbindung zwischen den beiden Männern bestand.
Und sie glaubte, das Rätsel gelöst zu haben, selbst wenn die beiden es noch nicht wussten.
    Sie blieb mit einem zaghaften Lächeln stehen, als sie sich in der Mitte der Treppe trafen. »Mr. Rohan.«
    »Miss Winnifred.« Rohans beunruhigender goldener Blick huschte über ihr fahles Gesicht. Win war immer noch aufgebracht von ihrem Streitgespräch mit Merripen. Sie spürte, wie ihre Wangen brannten.
    »Er ist wohl wach«, sagte Rohan und las in ihrem Gesichtsausdruck wie in einem offenen Buch.
    »Er ist wütend auf mich, weil ich ihn mit einer Lüge dazu gebracht habe, dass er den Tee mit dem Morphium trinkt.«
    »Ich denke, er würde Euch alles verzeihen«, erwiderte Rohan.
    Win stützte sich mit der Hand auf das Treppengeländer und blickte gedankenvoll in die Ferne. Sie hatte den sonderbaren Wunsch, mit diesem freundlichen Fremden zu sprechen, regelrecht das Verlangen, sich ihm anzuvertrauen, ohne jedoch den blassesten Schimmer zu haben, was sie ihm sagen wollte.
    Rohan wartete geduldig und in wohltuender Stille. Win mochte seine Gesellschaft. Da sie seit langem nur an Merripens schroffe Umgangsformen und Leos selbstzerstörerische Art gewöhnt war, fand sie es sehr angenehm, sich mit einem ruhigen Mann zu unterhalten.
    »Ihr habt Merripen das Leben gerettet«, sagte sie schließlich. »Er wird durchkommen.«
    Rohan sah sie eindringlich an. »Ihr empfindet etwas für ihn.«
    »O ja, das tun wir alle«, sagte Win eine Spur zu hastig und hielt inne. Wörter ballten sich zusammen und
schwirrten in ihrem Innern umher, als hätten sie Flügel. Die Mühe, sie zurückzuhalten, war zermürbend. Auf einmal wurden ihre Augen wässrig vor verzweifelter Wut, als sie an den Mann im oberen Stockwerk und die unüberwindbare Distanz dachte, die immer zwischen ihnen liegen würde. »Ich möchte auch gesund werden«, platzte es aus ihr heraus. »Ich will … ich will …« Sie schloss den Mund und dachte: Gütiger Himmel, was muss er nur von mir halten? Verärgert, ihre stoische Selbstkontrolle verloren zu haben, strich sie mit der Hand über ihr Gesicht und rieb sich die Schläfen.
    Aber Rohan schien sie zu verstehen, und in seinen Augen lag weder Mitleid noch Herablassung. Der aufrichtige Ton seiner Stimme tröstete Win ungemein. »Ich denke, das werdet Ihr, kleine Schwester.«
    Kopfschüttelnd gestand sie: »Ich will es so sehr, dass ich Angst habe, überhaupt Hoffnung zu schöpfen.«
    »Gebt die Hoffnung niemals auf«, erwiderte Rohan sanft. »Sie ist der einzige Weg, um neu zu beginnen.«

Einundzwanzigstes Kapitel
    Amelia wollte einfach nicht glauben, wie lange sie geschlafen hatte. Es war schon später Mittag! Es musste an Cam liegen, dessen Anwesenheit im Haus ihr ein Gefühl der Sicherheit gab. Es war, als übertrüge ihr Bewusstsein all ihre Nöte und Probleme auf ihn, wodurch sie sorglos wie ein kleines Kind schlummern konnte.
    Und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Sie hasste es, sich von ihm abhängig zu fühlen,

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