Pfand der Leidenschaft
noch so kleine, erregende Detail von ihm in sich auf, seine gestählte, maskuline Form, seinen frischen, natürlichen Duft nach Wald und Wiese, das sinnliche Verlangen seines Mundes. Und letztlich gab sie sich ihm widerstandslos hin. Sie hatte seinen Kuss schon tausendmal in ihren Träumen durchlebt, hatte bis jetzt jedoch nicht wahrhaben wollen, dass sie sich danach sehnte.
Sanfte Finger schlossen sich um ihre Wangen und drehten ihr Gesicht nach oben. Mit den Fingerspitzen berührte Rohan die zarte Haut hinter ihren Ohren, wo der Ansatz ihrer seidenweichen Haare begann. Und die ganze Zeit über schürte er ihr Feuer, bis ihr Mund zu brennen schien und ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten. Vorsichtig schob sich seine Zunge vor, erkundete genüsslich ihre Mundhöhle,
tauchte immer tiefer ein, während sich Amelia in verzückter Verwirrung an ihn klammerte.
Da löste sich sein Mund von ihrem, und sein Atem streifte ihre Lippen in einer warmen Liebkosung. Rohan drehte den Kopf und sprach denjenigen an, der gerade das Zimmer betreten hatte.
»Ich bitte vielmals um Verzeihung, Mylord. Wir wollten nur einen Moment ungestört sein.«
Amelia lief purpurrot an, als sie Rohans Augen zum Türrahmen folgte, an dem Lord Westcliff mit unergründlichem Gesichtsausdruck lehnte.
Ein spannungsgeladener Moment verstrich, während Westcliff seine Gedanken sortierte. Sein Blick wanderte zu Amelias Gesicht, dann zurück zu Rohan. Ein Lächeln funkelte in seinen dunklen Augen. »Ich gedenke, in ungefähr einer halben Stunde zurückzukehren. Es wäre schön, wenn mir mein Arbeitszimmer dann wieder zur Verfügung stünde.« Mit einem höflichen Nicken verschwand er.
Sobald die Tür hinter ihm geschlossen war, ließ Amelia die Stirn seufzend gegen Rohans Schulter sinken. Sie wollte sich von ihm wegdrücken, aber sie traute ihren Knien nicht. »Warum habt Ihr das getan?«
Er wirkte kein bisschen reumütig. »Ich musste mir eine Ausrede einfallen lassen, weshalb wir uns beide in diesem Zimmer aufhalten. Und das war der glaubwürdigste Grund.«
Amelia, deren Stirn immer noch an seiner Schulter lehnte, schüttelte langsam den Kopf. Sein betörend süßer Duft erinnerte sie an eine sonnenverwöhnte Wiese. »Denkt Ihr, er wird jemandem von uns erzählen?«
»Nein«, kam Rohans prompte Antwort, die Amelia
zutiefst beruhigte. »Westcliff tratscht nicht. Er wird mit niemandem darüber sprechen, abgesehen von …«
»Von wem?«
»Lady Westcliff. Vor ihr wird er es wahrscheinlich nicht verheimlichen.«
Amelia dachte kurz über seine Worte nach und entschied, dass dies womöglich nicht tragisch war. Lady Westcliff schien nicht die Sorte Frau zu sein, die einen Menschen wegen eines solchen Fehltritts verdammte.
»Wenn Lady Westcliff davon erfährt«, fuhr Rohan fort, »ist es jedoch gut möglich, dass sie Lady St. Vincent davon erzählt, die Ende nächster Woche mit Lord St. Vincent zu Besuch kommt. Und da Lady St. Vincent keine Geheimnisse vor ihrem Ehemann hat, wird er es ebenfalls erfahren. Abgesehen davon bleibt es unter uns. Außer …«
Ihr Kopf schoss wie bei einer Marionette ruckartig in die Höhe. »Außer?«
»Außer Lord St. Vincent erwähnt es Mr. Hunt gegenüber, der es zweifellos Mrs. Hunt weitertratscht, und dann … weiß es jeder.«
»O nein! Das könnte ich nicht ertragen!«
Rohan sah sie erschrocken an. »Weshalb? Weil Ihr ertappt wurdet, wie Ihr einen Zigeuner geküsst habt?«
»Nein, weil ich nicht die Frau bin, die dabei ertappt wird, irgendjemanden zu küssen. Ich habe keine heimlichen Verabredungen! Wenn es herauskommt, bin ich all meiner Würde beraubt. Mein unbescholtener Ruf ist dahin. Niemand … Warum lacht Ihr?«
»Euretwegen. Einen solch melodramatischen Auftritt hätte ich Euch niemals zugetraut.«
Diese Aussage ärgerte Amelia ungemein, da sie überzeugt war, eine vernünftige Frau zu sein, die sich nie theatralisch oder überzogen aufführte. Sie stemmte sich von Rohan weg. »Meine Reaktion ist vollkommen angemessen, wenn man bedenkt …«
»Ihr seid nicht einmal schlecht.«
Sie blinzelte verwirrt. »Mein melodramatischer Auftritt?«
»Nein, der Kuss. Mit ein bisschen Übung wärt Ihr außergewöhnlich. Aber Ihr solltet Euch mehr entspannen.«
»Ich will mich nicht entspannen. Ich will nicht … nein!« Er senkte den Kopf an ihre Kehle, suchte nach dem sichtbaren Pochen ihres Pulses. Ein zarter, heißer Schauer rieselte Amelia den Rücken hinab. »Hört auf«, hauchte sie schwach, kam jedoch
Weitere Kostenlose Bücher