Pfand der Leidenschaft
sich, wurde rauer, seine Küsse härter und unbeherrschter.
Er nahm, was sie ihm anbot – und dann noch mehr -, tauchte die Zunge tiefer in ihre Mundhöhle, entlockte Amelia berauschende Sinnesfreuden. Und sie erwiderte seine Begierde, bis ihre Seele in Flammen stand und ihre Gedanken wie Funken bei einem Lagerfeuer emporstoben.
Unvermittelt riss Rohan den Mund von ihrem und drückte sie fest, zu fest, gegen seinen schlanken Körper. Sie spürte, wie sie sich unwillkürlich versteifte und einem Pendel gleich hin- und hertaumelte, wollte sich an ihm reiben, an ihn pressen, Erlösung in ihm finden. Er hielt sie weiterhin umschlungen, während sie sich zitternd nach ihm verzehrte.
Da gab Rohan sie allmählich frei, löste die Umarmung, bis er Amelia schließlich von sich wegdrückte.
»Entschuldigt«, keuchte er, und ihr entging die benommene Hitze in seinen Augen nicht. »Normalerweise fällt es mir nicht so schwer, einen Kuss zu unterbrechen.«
Amelia nickte blind und schlang sich die Arme um den Körper. Sie erkannte erst, dass ihr Fuß wieder nervös auf den Boden klopfte, als Rohan seinen Fuß unter ihre Unterröcke schob und die trommelnden Zehen beruhigte.
»Kleiner Kolibri«, flüsterte er. »Ihr solltet nun gehen. Denn wenn Ihr es nicht tut, würde ich Euch auf eine Art kompromittieren, die Ihr nie für möglich gehalten hättet.«
Im Nachhinein war es Amelia schleierhaft, wie sie zurück in den Salon gekommen war, ohne sich zu verirren. Einer Schlafwandlerin gleich war sie durch ein traumartiges Labyrinth aus Gängen und Türen gehuscht.
Als Amelia das Sofa erreichte, auf dem Poppy saß, nahm sie dankbar eine Tasse Tee entgegen, lächelte der kleinen Merritt zu, die in ihrer eigenen Tasse nach einem eingetunkten Keks fischte, und gab eine unverbindliche Antwort, als Lillian ein gemeinsames Picknick am Wochenende vorschlug.
»Ich wünschte nur, wir hätten ihre Einladung annehmen können«, klagte Poppy wehmütig auf dem Heimweg. »Aber das würde wohl in einem Fiasko enden, da Leo höchstwahrscheinlich unausstehlich wäre und Beatrix etwas stehlen würde.«
»Und außerdem wartet zu Hause viel zu viel Arbeit auf uns«, fügte Amelia hinzu, die abgelenkt und nicht bei der Sache war.
Ein einziger Gedanke war nunmehr von Belang. Cam Rohan würde bald nach London zurückkehren. Zu ihrer eigenen Sicherheit – und womöglich auch um seinetwillen – müsste sie einen weiten Bogen um Stony Cross Park machen, bis er endlich abgereist war.
Vielleicht lag es daran, dass sie es alle leid waren, immer nur zu putzen, zu reparieren und zu organisieren, aber an jenem Abend war die Stimmung im Hause düsterer denn je. Alle außer Leo hatten sich um den Kamin in einem der Räume im Erdgeschoss gedrängt, während Win aus einem Roman von Dickens vorlas. Merripen saß in der hintersten Ecke des Zimmers, war zwar in der Nähe der Familie, jedoch nicht wirklich ein Teil von ihr, und lauschte gebannt. Zweifellos hätte Win belanglose Namenslisten vorlesen können, und er wäre dennoch gefesselt gewesen.
Poppy war mit einer Handarbeit beschäftigt und verzierte ein Paar Männer-Hausschuhe mit grell leuchtenden Wollfäden, während Beatrix neben dem Feuer eine Patience legte. Als Amelia bemerkte, wie ihre jüngste Schwester die Karten durchblätterte, musste sie lachen. »Beatrix«, sagte sie, nachdem Win ein Kapitel beendet hatte, »warum in Gottes Namen schummelst du bei einer Patience? Du spielst doch gegen dich selbst.«
»Dann gibt es auch niemanden, der Einwände erheben könnte, wenn ich mogle.«
»Es ist nicht wichtig, ob du gewinnst, sondern nur, wie du gewinnst«, erklärte Amelia.
»Das habe ich schon sehr oft gehört, doch dem kann ich nicht zustimmen. Es macht viel mehr Spaß, wenn man gewinnt.«
Poppy schüttelte den Kopf über ihrer Stickerei. »Beatrix, du bist schrecklich!«
»Aber ich gewinne «, setzte ihr Beatrix zufrieden entgegen und legte genau die Karte aus, die ihr gefehlt hatte.
»Was haben wir nur falsch gemacht?«, fragte Amelia in die Runde.
Win lächelte. »Ihre Freuden im Leben sind spärlich gesät. Ein kreatives Patience-Spiel wird niemandem schaden.«
»Wahrscheinlich nicht.« Amelia wollte noch etwas hinzufügen, wurde jedoch von einem kalten Luftschwall abgelenkt, der sich um ihre Fußknöchel legte und ihre Zehen taub werden ließ. Sie zitterte und zog sich ihren blauen Häkelschal enger um die Schultern. »Du meine Güte, hier drinnen ist es eisig!«
»Du sitzt
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