Pfefferbeißer - Harz Krimi
hatte,
beschlich ihn ein ungutes Gefühl, wenn er daran dachte, dass dessen Mitarbeiter
in Kürze ihre Nasen überall hineinstecken würden, wenn sie nicht schon Fährte
aufgenommen hatten.
Im Gegensatz zu manchem, der aus reinem Pflichtgefühl am
Grab des verstorbenen Ratsherrn erschienen war und nur zum Schein trauerte,
trauerte Ernst-August Klawitter wirklich. Aber nicht weil Hauke tot, sondern
weil seine Ehe unrettbar am Ende war.
Klawitter vermisste Miriam, aber die alte Miriam, nicht die, die er jetzt erlebte, die um sich biss wie eine Wildkatze.
Er hielt es für verantwortungslos, einfach alles hinzuschmeißen. Das hatte er
ihr gesagt in den kurzen Gesprächen zwischen Büro und Gericht. Er fände ihr
Verhalten kindisch, es sei nahezu lächerlich, wie sie sich aufführte.
»Dann bin ich eben kindisch«, hatte Miriam geantwortet. »Nenne es,
wie du willst. Ich habe mitgespielt, jetzt will ich frei sein.«
»Von welcher Freiheit redest du?«, hatte er gefragt. »Wenn du einen
anderen Mann hast, dann sag es doch offen heraus!«
In Wahrheit hätte es ihn wie ein Blitzschlag getroffen.
»Typisch männliches Besitzdenken. Vielleicht habe ich ja einen …?«
Immer spielte sie gleich verrückt. Er konnte einfach nicht mehr mit
ihr reden.
Das Thema Kanzlei hatte er noch nicht angesprochen. So hysterisch,
wie Miriam augenblicklich reagierte, hielt er Verhandlungen über die
finanzielle Zukunft für unkalkulierbar. Aber wenn es hart auf hart ginge, hatte
er nicht vor, als Verlierer dazustehen.
Geert Sandrock war natürlich auch da, mit Rita. Geert hatte eine Frau
an seiner Seite. Das war etwas wert, das war sogar viel wert. Eine Frau kann
die ganze Stärke eines Mannes ausmachen, dachte er.
Sein eigenes Verhältnis zu Sandrock war unterdessen in der Eiszeit
angekommen. Sie waren jetzt Widersacher. Und wahrscheinlich hätte sich Sandrock
seiner längst entledigt, wenn nicht mehr als die Hälfte des Rats gegen Sandrock
gewesen wäre und er gut daran tat, den Frieden nach außen hin
aufrechtzuerhalten.
Einen Widersacher war Sandrock heute
losgeworden: Helmut Hauke, der soeben in der Erde versenkt wurde. Noch kurz vor
seinem Tod hatte er sich Klawitter angebiedert und ihm die IIT , die im Zusammenhang mit der Finanzierung der
Passage in der Fußgängerzone stand, wiederholt ans Herz gelegt. Eines hatte Klawitter
allerdings nicht verstanden: warum sich Hauke so unbedingt für diese Firma einsetzte. Außerdem hatte ihm Hauke von der letzten Wahl
erzählt, dass Sandrock nur mit illegalen Spenden über die Runden gekommen sei.
Es sei seine, Klawitters Sache, das an richtiger Stelle an die Öffentlichkeit
zu bringen, um Sandrock in beiderseitigem Interesse zum Rücktritt zu zwingen.
Aber bevor ihm Hauke noch Namen und Zahlen nennen konnte, hatte er tot auf der
Parkbank gelegen.
***
Von der Okerstraße aus gesehen lag das Büro von Fred de
Groot direkt über den fetten Leuchtlettern des Firmenlogos der De Groot Pharma
GmbH in der obersten Etage eines achtstöckigen Gebäudes aus den Siebzigern.
Hinter der getönten Fensterfront wippte Fred ungeduldig in seinem
Schreibtischsessel vor und zurück, während er der beunruhigt klingenden Stimme
folgte, die sich durch den Hörer in sein linkes Ohr schraubte.
Sie nannten sich Freunde. Freunde, weil man sich vertraute, vertrauen musste , obwohl man sich persönlich nur wenig zu sagen
hatte, lediglich berufliche Schnittmengen hatte. Gab es etwas zu besprechen,
telefonierten sie meistens, weil sie es für klüger hielten, nur zusammen
gesehen zu werden, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Fred de Groot war bemüht,
seinen Einfluss auf die Politik zu verschleiern, und für Geert Sandrock war er
der unsichtbare Trumpf im Ärmel, der nur ausgespielt wurde, wenn alles andere versagte.
Hin und wieder brauchte Sandrock Geld von De Groot Pharma. Das hatte
Fred und ihn zusammengeführt, und das hielt sie zusammen. Noch vor Sandrocks
Wahl zum OB waren sie sich auf irgendeiner
Veranstaltung begegnet, und die Chemie zwischen ihnen hatte gestimmt. Fred
hatte sich nicht aufgedrängt, die Stadt war immer klamm. Sandrock wollte
signalisieren, wenn er ihn brauchte.
Anfangs ging es bloß um Kleinigkeiten. Für soziale Projekte wurden
Sponsoren gesucht: Ausbau von Kinderspielplätzen, Renovierung einer maroden
Grundschule und so weiter. Am Ende rechnete Sandrock fest mit seiner
Unterstützung bei den meisten Projekten, die er anvisierte, mit dem Ziel, OB der Stadt zu werden.
Auch als
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